Kapitel 41

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Harry blieb noch eine Woche lang in London. Während dieser Woche wechselten wir kein einziges Wort. Ich ging ihm aus dem Weg, genau wie ich es vor seinem ersten Verschwinden getan hatte. Doch dieses Mal gab es einen anderen Grund. Denn er war derjenige, der offensichtlich nichts mehr mit mir zutun haben wollte. Nach Freitagabend stellte er keinen weiteren Versuch an, mit mir zu reden. Mittlerweile war ich es so sehr gewohnt, ihn immer in der Nähe zu haben und mit ihm reden zu können, dass es mir schwer fiel, nicht doch von mir aus auf ihn zuzugehen. Doch immer wenn ich kurz davor war nachzugeben, redete ich stattdessen mit Beth oder Louis, denen es glücklicherweise immer wieder gelang, mich auf andere Gedanken zu bringen. 

Wohin Harry überhaupt wollte, wusste ich noch immer nicht. Natürlich hätte ich einfach Zayn fragen können, der ja offensichtlich bestens Bescheid wusste, doch wo Zayn war, war meistens auch Harry nicht weit entfernt. Erst am darauffolgenden Samstagabend sollte ich meine Antwort erhalten.

Beth war mit einigen anderen Studenten feiern gegangen, während ich lieber in der Uni blieb. Die ersten Prüfungen standen bald an, und wie immer hatte ich das Gefühl, bis jetzt viel zu wenig gelernt zu haben. Als es schließlich an der Tür klopfte, erwartete ich wie selbstverständlich Louis und bat ihn somit ohne zu zögern herein. Dies bereute ich jedoch, sobald ich aufsah. Es war nicht Louis, der soeben mein Zimmer betreten hatte.

"Was willst du?", fragte ich, so unfreundlich wie möglich. Harry seufzte und ließ sich auf Beths Bett nieder. "Reden." Ich wusste, dass es albern war, ihm zu widersprechen. Irgendwann mussten wir reden. "Ich hör dir zu." Offensichtlich hatte Harry mit dieser Antwort nicht gerechnet, denn es dauerte eine Weile bis er wieder sprach. "Du bist sauer auf mich." Ungläubig sah ich ihn an. "Ist das so überraschend?" Er schüttelte den Kopf. "Nein. Ich hätte es dir direkt sagen müssen." - "Was sagen? Ich weiß noch immer nicht, was du eigentlich vor hast." Wieder seufzte Harry und wich meinem Blick aus. Dann sagte er nur ein Wort: "Amerika." 

Ich schwieg. Mein Blick wanderte zu dem Segenschifftattoo auf seinem linken Oberarm. Die Bedeutung dieses Tattoos war mir gut bekannt. "Du segelst nach Amerika?" Nach kurzem Zögern nickte er. "Liams Onkel hat ihn auf einen Segeltrip nach New York eingeladen. Und Liam hat mir angeboten mitzukommen." - "Wann?", war alles was ich herausbrachte. Harry fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und biss sich auf die Unterlippe. Schließlich antwortete er: "Morgen."

Alle Hoffnung die ich noch hatte, brach in diesem Augenblick zusammen. Er würde nicht hier bleiben. Meine Meinung, meine Gefühle waren ihm komplett egal. 

"Geh bitte. Jetzt.", flüsterte ich, ohne ihn anzusehen. Doch Harry blieb sitzen. "Ich muss weg hier. Das ist nicht das Leben, das ich führen möchte.", rechtfertigte er sich. Als ich nicht antwortete, stand er schließlich doch auf. "Es tut mir leid, Eliza. Ich kann nicht anders." Er war bereits an der Tür, als ich sagte: "Du hast es versprochen." Aus dem Augenwinkel sah ich wie er sich umdrehte. "Was habe ich versprochen?" Nicht einmal daran erinnerte er sich. Anscheinend war ich wirklich die Einzige, der etwas an unserer Beziehung lag. Wie sehr man sich doch in einer Person täuschen konnte.

"Du hast versprochen, dass du nicht wieder verschwindest. Dass du hier bleibst." 

Noch immer stand er mit dem Rücken zur Tür. "Ich habe es versucht. Aber ich kann nicht so tun, als wäre ich hier glücklich." Auch wenn er es anders formunliert hatte, wusste ich, was seine Worte bedeuteten: Ich machte ihn nicht glücklich. Ich hatte versagt. 

"Ich möchte dich nie wieder sehen, Harry." 

Für ein paar Sekunden sagte und bewegte sich niemand. Dann drehte Harry sich ohne ein weiteres Wort um und verließ das Zimmer. 

Ich wollte ihn aufhalten, ihm sagen, dass ich ihn brauchte. Doch stattdessen blieb ich schweigend auf meinem Bett sitzen. Es hatte keinen Sinn. Es interessierte ihn sowieso nicht. Er hatte seine Entscheidung getroffen und in dieser Entscheidung spielte ich keine Rolle. Dieses Mal würde ich ihm nicht hinterher reisen. Dieses Mal hatte ich ihn wirklich verloren. 

Gleichzeitig hatte ich Angst davor, alleine zu sein. Denn dann würde es nicht lange dauern, bis ich in Tränen ausbrechen würde. Soviel Wut und Verletztheit hatte sich in mir angestaut und es gelang mir nur mit Mühe, diese Gefühl nicht nach außen treten zu lassen. 

Etwa zehn Minuten nachdem Harry gegangen war, stand ich ebenfalls auf. Es war mein bester Freund den ich jetzt brauchte. Ich wusste, dass Louis heute Abend ebenfalls hier geblieben war. Was ich allerdings nicht bedacht hatte, war die Möglichkeit, dass sein Mitbewohner auch anwesend sein würde. Doch als ich kurz nach meinem Klopfen das Zimmer der beiden betrat, saßen Louis und Niall nebeneinander auf Louis' Bett und betrachteten etwas auf dessen Laptop. Gleichzeitig hoben sie ihre Köpfe und sahen mich an. "Kann... kann ich euch vielleicht Gesellschaft leisten?", fragte ich und tat mein bestes, Nialls Blick auszuweichen. Lächelnd nickte Louis und klopfte auf den freien Platz neben sich. "Klar, komm her." Schweigend ging ich zum Bett und setzte mich neben ihn. Nach kurzem Blick auf den Bildschirm des Laptops stellte ich fest, dass sie irgendeinen Film sahen, den ich nicht kannte. Weiterhin ohn ein Wort zu sagen, lehnte ich mich an Louis' Schulter. "Alles okay?", murmelte er, woraufhin ich nickte. Nein, es war nicht alles okay. Aber jetzt darüber zu reden, würde es auch nicht besser machen. Ganz im Gegenteil. 

Vom Rest des Filmes bekam ich nicht wirklich etwas mit, obwohl ich die ganze Zeit auf den Bildschirm sah. Zu viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf umher. Gedanken, mit denen ich mich eigentlich überhaupt nicht beschäftigen wollte.

Als der Abspann über den Bildschirm flimmerte, hörte ich, wie Niall Louis etwas zuflüsterte. Was genau er sagte, verstand ich jedoch nicht. Dann nickte Louis und erhob sich. "Ich bin gleich wieder da."

Sobald er den Raum verlassen hatte, sah ich Niall unsicher an. Er erwiderte meinen Blick. Zu meiner Überraschung erkannte ich die Anzeichen eines Lächelns auf seinem Gesicht. "Es tut mir leid.", murmelte ich. Es war nicht nötig zu erwähnen von was ich sprach. Er wusste es auch so. Doch seine Reaktion überraschte mich.

"Ich bin nicht sauer auf dich, Lizzy." Verwirrt sah ich ihn an. "Aber wieso nicht? Ich habe dich furchtbar behandelt." Niall zuckte seufzend mit den Schultern. "Mag sein. Aber seit dem ist eine Menge Zeit vergangen. Und ich würde einfach gerne von vorne anfangen." - "Darf ich mich trotzdem entschuldigen?" Jetzt lächelte er. "Ich verzeihe dir." - "Danke Niall." - "Jederzeit." Ebenfalls lächelnd hielt ich ihm meine rechte Hand entgegen. "Freunde?" Er nahm meine Hand und nickte. "Freunde."

Kur darauf kam Louis wieder, in seiner Hand zwei Pizzakartons. "Leider haben wir bestellt bevor du kamst, aber wenn du ganz lieb fragst, kriegst du vielleicht einen Bissen ab.", sagte er grinsend und setzte sich wieder zu uns. "Wie überaus großzügig von dir.", stellte ich fest, ebenfalls grinsend. Es tat gut, sich endlich einmal wieder richtig zu entspannen. "So bin ich eben. Dein wunderbarer, gut aussehender, charmanter bester Freund."

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nur als kleine vorwarnung: viele kapitel wird es nicht mehr geben! noch ist die geschichte natürlich nicht zuende, aber allzu lange dauert es auch nicht mehr... 

votes und kommentare wären wie immer seeehr reizend :)

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now