Kapitel 17

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Sobald ich den Schlüssel im Schloss drehte, sprang die Tür auf. Eilig betrat ich das Haus und schloss die Tür wieder, um möglichst wenig Kälte mit hinein zu bringen. Meine Mutter war wie immer noch bei der Arbeit und auch mein Vater war nicht zuhause. Demnach war ich komplett allein, was mich allerdings absolut nicht störte. Ich zog meine gemütlichste Kleidung an, schob eine Pizza in den Ofen und schaltete den Fernseher an. Endlich hatte ich mal Zeit, mich richtig zu entspannen. Bald war die Pizza fertig, weshalb ich dazu gezwungen war aufzustehen, doch nur wenige Minuten später ließ ich mich erneut auf das Sofa fallen. Meine Mutter würde vermutlich erst sehr spät nach Hause kommen, soweit ich mich erinnert hatte sie heute sogar Nachtschicht. Schon bald wurde es draußen dunkel, die Lichter schaltete ich trotzdem nicht an. Stattdessen legte ich mich auf das Sofa und schloss meine Augen. Um nach oben in mein Zimmer zu gehen, war ich viel zu müde und auch zu faul.

Wie die Tür sich öffnete, bekam ich nicht mit. Erst als jemand das grelle Licht im Wohnzimmer anschaltete, wachte ich auf. "Na wen haben wir denn da?", fragte mein Vater und ich konnte schon an seiner Stimme hören, dass er mal wieder viel zu viel getrunken hatte. "Dad..", murmete ich und richtete mich auf. Mit wenigen, torkelnden Schritten war er bei mir angekommen. "Is' deine Mama gar nicht sssuhause?", lallte er und ließ sich neben mir nieder. Ich schüttelte den Kopf und rückte ein paar Zentimeter von ihm weg. Er stinkte fürchterlich. Nach Rauch und Alkohol. "Die hat Nachtschicht, das weißt du doch." - "Dann sind's wohl nur wir sswei heut' Nacht." Wenn mein Vater getrunken hatte, fühlte ich mich nie wohl in seiner Anwesenheit. "Du solltest schlafen gehen.", schlug ich vor und stand auf. Doch er griff nach meinem Handgelenk und zog mich zurück auf das Sofa. "Was soll das?", fragte ich überrascht und auch etwas wütend. "Du kannsss' mich doch nicht allein lassen." Nervös rückte ich soweit von ihm weg wie möglich. Innerhalb einer Sekunde hatte er den Abstand wieder gut gemacht. Er sah mir direkt in die Augen, ein Grinsen auf seinem Gesicht, das mir Angst einjagte. "Komm schon Eliza, sei lieb ssu deinem Papa.", flüsterte er und griff mit zittrigen Fingern nach dem Reisverschluss meiner Jacke. Leicht panisch schlug ich seine Hände weg. "Lass das!" Wieder wollte ich aufstehen, doch auch dieses Mal zog er mich zurück. So brutal, dass ich direkt auf seinem Schoß landete. "Jetz' sei doch nicht so." Erneut griff er nach dem Reißverschluss. So schnell, dass ich es nicht verhindern konnte, hatte er ihn schon herunter gezogen. "Du.. du bissst so groß geword'n.", murmelte er und im nächsten Moment lagen seine Hände auf meinen Brüsten. Ich wollte ihn von mir schlagen, wollte aufstehen und weglaufen, doch er ließ mir keine Chance. "Lass mich los, bitte!", flehte ich, worauf er nur mit einem Grinsen reagierte. "Lass deinen Papa doch auch mal Spaß haben." Seine Hände wanderten zu meiner Hose. Verzweifelt versuchte ich, sie von dort wegzuziehen, doch mein Vater war stärker. Aber meine Panikattacke sorgte für einen derart heftigen Adrenalinschub, dass ich es schaffte aufzustehen und mich von ihm loszureißen. Weit kam ich jedoch nicht. Er hielt mich von hinten fest, zerrte an meiner Hose. Ich war chancenlos. Halbnackt stand ich jetzt vor ihm, machtlos und entblößt. "Lass mich los!", schrie ich, doch mein Vater grinste nur. Ich begann um mich zu schlagen, in der Hoffnung in zu treffen. Aber seine Hände schlossen dich um meine Arm und hielten sie fest. "Lizzy!", rief er, während ich weiter versuchte, auf ihn einzuschlagen. "Lizzy, beruhig dich!" Oh nein. Ich würde mich nicht beruhigen. "Bitte, ich will dir doch nichts tun!" Und ob er das wollte. Schreiend ballte ich meine Hände zu Fäusten und kämpfte gegen seine Griffe um meine Handgelenke an. Ich begann wie wild um mich zu treten, doch ich traf nur bloße Luft. "Fass mich nicht an!", schrie ich, während Tränen meine Wangen hinunter strömten. "Dann hör auf mich zu schlagen, verdammt nochmal!", erwiderte er. Das hätte er wohl gerne. Mir fehle die Kraft, um mich weiter zu wehren. Schluchzend und mit geschlossenen Augen stand ich still und wartete widerstandslos auf das, was kommen würde. Doch nichts passierte.

Verwirrt riss ich meine Augen auf. Mir fiel auf, dass ich überhaupt nicht mehr stand. Stattdessen lag ich. War ich hingefallen? Dafür war der Untergrund zu weich. Als nächstes fiel mir auf, dass tatsächlich jemand meine Handgelenke festhielt, sie sogar fest auf die Matratze unter mich drückte. Ganz so als sei ich die Person, vor der man sich schützen, gegen die man sich wehren musste. Langsam drehte ich meinen Kopf um zu sehen, wer es war, der versuchte sich vor mir zu schützen. Sobald ich Harry erkannte, wurde mir alles klar. Ich hatte nur geträumt. Mein Vater war nicht hier.  Ich war in Sicherheit. Bei Harry. Welcher mich panisch, wenn nicht sogar ängstlich anstarrte. "Lizzy?", fragte er flüsternd. "Was... was ist passiert?", entgegnete ich mit zitternder Stimme. Langsam schüttelte Harry den Kopf. "Ich hab keine Ahnung. Als ich ins Zimmer kam, lagst du hier schweißüberströmt, hast um dich geschlagen und geschrien." Im Gegensatz zu ihm wusste ich genau, was passiert war. Bis vor einigen Wochen waren Albträume dieser Art fast alltäglich gewesen. Bis jetzt hatte ich gedacht, dass ich diese Phase entgültig überwunden hatte. Doch anscheinend lag ich damit gründlich falsch. Mein Blick wanderte zu meinen Handgelenken, die er noch immer fest umklammert hielt. Sobald er meinem Blick folgte, ließ er sie los. Ich begann meine Narben zu reiben, um so das Brennen zu stoppen. Harry beobachtete mich, bis seine Augen sich auf einmal weiteten. "Nein.", hauchte er und sah mich entsetzt an. "Bitte sag mir nicht, dass diese Narben etwas mit deinem... Traum und mit deinem... Zusammenbruch vorhin zutun haben. Und demnach mit deinem...." Er beendete den Satz nicht, fuhr jedoch mit seiner Hand über sein Gesicht und durch seine Haare. "Lizzy... bitte sag mir nicht, dass dein Vater schuld daran ist, dass du versucht hast dir dein Leben zu nehmen." Ich drehte mich von ihm weg und starrte die Wand an. Nicht um ihn zu ignorieren, sondern viel mehr um meine Tränen vor ihm zu verbergen. "Was hat er dir angetan?" Seine Stimme war nur ein Flüstern, trotzdem verstand ich seine Frage ohne Probleme. "Bitte sieh mich an.", bat er. Langsam drehte ich mich wieder um und richtete mich auf. Kopfschüttelnd hob er die Hand und wischt mit seinem Daumen über meine Wange. "Rede mit mir. Bitte." - "Ich... ich ka-kann nicht.", widersprach ich schluchzend. "Du musst. Ich lasse es nicht zu, dass du mir jede Woche in Tränen ausbrichst und dich irgendwelche Albträume plagen. Sag mir endlich, was geschehen ist. Ich verspreche dir, dass ich mit niemandem darüber reden werde." Ich bezweifelte keineswegs, dass er das nicht ernst meinte. Trotzdem konnte ich nicht darüber sprechen. Schon gar nicht in meinem jetztigen Zustand. Doch es war offensichtlich, dass Harry keine Ruhe geben würde. "Morgen?", murmelte ich fragend. Er runzelte die Stirn. "Versprochen?" Ich nickte. Irgendwann musste ich es ihm sagen. Nach allem was er mir heute anvertraut hatte, verdiente er die Wahrheit. "In Ordnung. Brauchst du jetzt noch irgendwas? Was zu trinken, Schlaftabletten oder so?" Er sah sich hilflos im Zimmer um. Schnell schüttelte ich den Kopf. "Nein, ich komm schon klar." Harry nickte und stand auf. Sobald sich der Abstand zwischen und vergrößerte spürte ich, wie ich panisch wurde. "Stopp!" Überrascht blieb er stehen und sah mich an. "Es... es gibt etwas, dass du tun könntest.", murmelte ich. "Okay... worum geht es?" Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe. "Könntest du... könntest du vielleicht hier schlafen? Also nicht auf dem Sofa, sondern... neben mir? Wenn du das nicht möchtest, ist es auch okay, aber ich... ich hab Angst. Ich hab Angst, dass die Träume wiederkommen. Wenn jemand neben mir lügen würde, wäre ich... in Sicherheit, weißt du?" Für eine Weile starrte er mich nur ausdruckslos an. Dann nickte er. "Klar, kein Problem." Er ging zum Sofa, holte die Decke, die er offensichtlich vorhin dort platzierte hatte und kam dann zurück zum Bett. Er zog seine Jacke aus und setzte sich neben mich. "Wenn nachts irgendetwas ist, weck mich ruhig auf.", sagte er, während er die Decke über sich ausbreitete. "Danke Harry.", murmelte ich. "Dafür nicht.", entgegnete er und legte sich so auf sein Kissen, dass sein Gesicht in meine Richtung zeigte. 

"Gute Nacht Lizzy", war das letzte was ich hörte, bevor ich erneut in den Schlaf glitt. 

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morgen ist letzter schultag in diesem jahr, ab donnerstag kommen also späestens sehr viele, sehr lange teile und das regelmäßig! :) denkt bitte an voten & kommentieren, dafür wäre ich seeehr dankbar :D

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now