Kapitel 43

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nur zur info: ab jetzt ist wieder alles aus lizzys sicht :)

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Die ersten drei Wochen nach Harrys Abreise verliefen relativ alltäglich. Wir alle hatten viel zu tun, überlebten unsere ersten Prüfungen jedoch ohne große Probleme. Allerdings war dies die Ruhe vor dem Sturm. Zwei Wochen bevor die Semesterferien begannen und wir die Weihnachtszeit bei unseren Familie verbringen würden, geschah das, was ich seit über einem halben Jahr am meisten fürchtete.

Es war ein recht kühler, winterlicher Sonntagmorgen, an dem ich mich dazu entschloss, im Coffeeshop etwas Frühstück für Beth und mich zu besorgen. Ich hatte erst die Hälfte des Weges über den Campus zurückgelegt, als mich eine Stimme zum Stehen brachte.

"Eliza."

Mir gefror das Blut buchstäblich in den Adern, während ein eiskalter Schauer meinen Rücken hinunter lief. Niemand sonst war bereits draußen unterwegs, ich war komplett alleine. Alleine mit der Person, vor der ich panische Angst hatte. In jedem meiner Träume, in denen diese Person die Hauptrolle gespielt hatte, war ich gelaufen. So schnell ich konnte, so weit ich konnte. Doch kein einziges Mal konnte ich entkommen. Immer hatte er mich eingeholt. Weshalb sollte es in der Realität so viel anders sein?

Ganz langsam drehte ich mich um. Und dann sah ich ihn. Noch immer hatte er genau den gleichen Haarschnitt wie vor einem halben Jahr. Auch sein Kleidungsstil schien sich nicht geändert zu haben. 

"Eliza, du bist es wirklich!", stellte mein Vater fest, sobald unsere Blicke sich trafen. Mein Herz hämmerte gegen meine Brust, Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Sobald er einen Schritt auf mich zu trat, ging ich rückwärts zwei Schritte in die entgegen gesetzte Richtung. Es war schwer genug seinen Anblick zu ertragen. Ich konnte ihn nicht auch noch näher an mich heran lassen. "Ich will nur reden.", versicherte er mir mit flehender Stimme. Es klang nicht so, als sei er betrunken. Trotzdem traute ich ihm nicht. Sicherheitshalber trat ich einen weiteren Schritt zurück. "Ich tu dir nichts, versprochen!" Meine Kehle war wie zugeschnürt. Alles was ich zustande brachte, war ein panisches Kopfschütteln. "Es tut mir so leid.", flüsterte er, gerade so laut, dass ich ihn verstehen konnte. 

Was fiel ihm ein nach all dieser Zeit hier aufzutauchen? Mich einfach so anzusprechen als sei nie etwas passiert? Sich zu entschuldigen, als sei das was er getan hatte verzeihbar? Er hatte meine Jugend, mein Leben zerstört. Um ein Haar wäre ich wegen ihm gestorben. Wie konnte er denken, dass ich ihn sehen, oder gar mit ihm sprechen wollte?

"Bitte Eliza. Ich habe mich geändert."

Diese Worte waren es, die aus meiner Panik schiere Wut machten. Ich war bereits, ihm entgegen zu treten. Ihm endlich zu sagen, was er eigentlich getan hatte. Und wie sehr ich ihn verabscheute. Doch bevor ich mich ihm nähern konnte, kam mir jemand zuvor. 

"Verschwinden Sie." 

Sowohl mein Vater, als auch ich, drehten unsere Köpfe gleichzeitig in die Richtung, aus der die Stimme kam. Eine Stimme, die mir nur allzu bekannt war. Eine Stimme, die ich lieben gelernt hatte. Eine Stimme, die ich nie wieder hatte hören wollen. 

Harry würdigte mich keines Blickes. Stattdessen funkelte er meinen Vater mit zusammengekniffenen Augen an. Für eine Weile geschah überhaupt nichts. Dann sah mein Vater wieder zu mir. "Gib mir zwei Minuten, in denen ich dir alles erkläre. Mehr will ich doch überhaupt nicht." - "Ich sagte, verschwinden Sie.", wiederholte Harry. Sein Tonfall machte selbst mir Angst, obwohl seine Worte nicht an mich gerichtet waren. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass mein Vater sich gegen ihn wehren würde. Doch genau das tat er. 

"Ich weiß nicht wer Sie sind, junger Mann, aber Sie können mir nicht verbieten mit meiner Tochter zu reden."

Nun trat Harry einen Schritt auf ihn zu. "Nach allem was Sie ihr angetan haben, besitzen Sie keinerlei Recht mit Eliza zu reden. Und jetzt verschwinden Sie endlich." Mein Vater sah ich nur stumm an. Dann drehte er sich zu meiner Überraschung tatsächlich um und ging schnellen Schrittes davon. Wie in Trance sah ich ihm hinterher. Selbst als er schon lange verschwunden war, starrte ich noch immer auf die Stelle, an der ich ihn zuletzt gesehen hatte. 

"Alles okay?" 

Mein Kopf schnellte in Harrys Richtung. Endlich sah er mich an. Und in dem Moment, in dem sich unsere Blicke trafen, strömte alles über mich hinein. Trauer, Wut, Schmerz, Verzweiflung, Hass. Verwirrung. Es machte keinen Sinn. Was tat er hier? 

Nach drei Wochen tauchte er einfach aus dem Nichts wieder auf, ohne Vorwarnung. Und fragte mich ob alles okay sei? Nichts war okay. Ich hatte soeben meinen Vater wiedergesehen. Das erste Mal nach über einem halben Jahr. Den Mann, der Schuld an all meinen Problemen, all meinem Leid war. 

Und nun auch noch Harry. Der Junge, dem ich vertraut hatte. Auf den ich mich verlassen konnte. In den ich mich verliebt hatte. Der Junge, der es geschafft hatte, mein Herz in tausend Teile zu reißen. 

"Alles okay?", wiederholte ich seine Worte, rasend vor Wut. Er hob abwehrend die Hände. "Ich wollte dir nur helfen." - "Ich brauch deine Hilfe nicht.", fauchte ich ihn an, "Ich komm bestens ohne dich zurecht." Und dann rannte ich. Weg von Harry, einfach nur weg. Noch immer hoffte ich, dass es alles nur ein Albtraum war. Das Treffen mit meinem Vater und Harrys plötzliches, unerklärliches Auftauchen. Keinen von beiden hatte ich jemals wieder sehen wollen. Beide hatten mich mehr verletzt als sonst irgendjemand. 

Mit voller Wucht knallte ich unsere Zimmertür zu. Beth zuckte erschrocken zusammen, was mir in diesem Moment jedoch ziemlich egal war. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen. Kurze Zeit lang herrschte Schweigen. Dann hörte und spürte ich, wie Beth sich neben mich setzte. "Lizzy? Was ist passiert?" Bevor ich antworten konnte, klopfte es an der Tür. Ich konnte mir nur zu gut denken, wer das war. "Schick ihn einfach weg. Bitte." Beth blieb sitzen. "Wen soll ich wegschicken? Wer steht vor unserer Tür?" Nun stand sie doch auf und öffnete die Tür. Sobald sie sah wer davon stand, schnappte sie entgeistert nach Luft. "Du. Verdammtes. Arschloch." Also war meine Vermutung richtig gewesen. Die halb geöffnete Tür verhinderte, dass ich Harry sehen konnte. Doch hören konnte ich ihn. "Ist sie hier?" - "Hau ab. Sofort." Beth versuchte die Tür zu schließen, allerdings schien Harry sie daran zu hindern. "Ich muss mit ihr reden." - "Sie will aber nicht mit dir reden." Bevor das ganze damit endete, dass die beiden aufeinander los gingen, stand ich lieber auf und stellte mich neben Beth. "Ich regle das schon.", murmelte ich, ohne Harry anzusehen. "Sicher?", fragte Beth, woraufhin ich nickte und mich an ihr vorbei schob. Ich schloss die Tür hinter mir, bevor ich mich an Harry wandte. "Was willst du?" - "Dir sagen, dass ich ein feiger Idiot bin." Ich hob die Augenbrauen. "Möchtest du mir vielleicht auch noch irgendetwas sagen, das ich noch nicht weiß?" Auf seinem Gesicht zeigte sich der Hauch eines Lächelns. Dieses verschwand jedoch, sobald er meinen wütenden Blick sah. Seufzend schüttelte er den Kopf. "Ich habe dich vermisst." - "Du bist gegangen, Harry. Nicht ich." - "Ich bin zurück gekommen." Entgeistert trat ich einen Schritt zurück. "Ist das dein Ernst? Denkst du, du kannst einfach so kommen und gehen wie es dir passt und dann so tun als sei nie etwas passiert?" Er schüttelte den Kopf. "Nein. Aber das ist vorbei. Ich geh nicht wieder weg." - "Das habe ich schon einmal gehört.", entgegnete ich mit verschränkten Armen, "Du hattest deine Chance, Harry. Du hast sie weggeschmissen. Du hast mich weggeschmissen. Es ist mir egal, weshalb du wieder hier bist. Es ist mir egal, dass du wieder hier bist. Bitte halt dich einfach fern von mir. Mir geht es schon beschissen genug." Gerade als ich erneut nach der Türklinke griff, sagte er: "Das mit deinem Vater tut mir leid." Ich hielt inne, drehte mich jedoch nicht zu ihm um. Schließlich öffnete ich ohne ein weiteres Wort die Tür und ließ Harry draußen zurück. 

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ein paar kommentare würden mich sehr freuen & gleichzeitig das warten auf einen neuen teil verringern ;)

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now