2. Kapitel - Reality

560 22 3
                                    

Nachdem weitere 2 Stunden vergangen sind, krieche ich dann auch mal aus dem Bett. Ich schlurfe langsam ins Bad, die Schmerzen in meinen Knien so gut wie es geht ignorierend.
Das Wissen von Juliens Blick in meinem Rücken gibt mir Kraft und so kämpfte ich wie jeden Tag- Schritt für Schritt.

Im Badezimmer angekommen schließe ich die Tür bewusst nicht ab, falls doch nochmal was passiert. Mit der Angst muss ich vermutlich mein Leben lang leben.
Schließlich steige ich in die Dusche und lasse den warmen Wasserstrahl meinen Körper runter laufen. Entspannt schließe ich die Augen und blende die Welt für einen Moment aus. Doch nur für einen Moment, ich will Julien nicht unnötig warten lassen.
Meine nasse Hand greift nach der Duschgelflasche, dessen Inhalt ich nun auf meiner Haut verteile. Beim Knie angekommen halte ich erneut inne.

Wie kann etwas, das so harmlos und unverletzt aussieht, mein Leben von innen so zerstören?

Behutsam fahre ich mit meinen Fingern über die kleinere der beiden Narben. Es sieht aus, als wäre ich als Kind einfach hingefallen...
Wer würde auch bei dem kleinen Riss auf so etwas wie einen Autounfall kommen?
Meine Finger gleiten weiter zu der langen Narbe, die sich zur Mitte meines Oberschenkels zieht. Vor meinem Inneren Auge ziehen tausende Bilder vorbei, je weiter ich nach oben fahre und plötzlich verschlimmert sich der Schmerz um ein vielfaches, bis es sich anfühlt, als würde ich erneut die Sekunde des Zusammenstoß erleben. Als würden meine Knie erneut eingequetscht zwischen Metall. Schmerzvoll kneife ich die Augen zusammen und versuche meinen Atem unter Kontrolle zu kriegen.
Ich bin mir bewusst, dass es nur Einbildung ist, aber es fühlt sich so real an.

Auf einmal höre ich ein Klopfen- wie aus einer anderen, fernen Welt. Doch es holt mich zurück in die Realität und der Schmerz verschwindet wieder.
"Ey Sunny? Alles okay?", höre ich die Stimme meines besten Freundes gedämpft durch die Tür.
"Ja, ich komme gleich!", rufe ich zurück und beeile mich, fertig zu duschen.

Als ich schließlich angezogen aus dem Bad komme, liegt Julien auf dem Sofa und wartet auf mich. "Was hast du denn solange da drin gemacht? Ich hatte schon Angst, man.", lacht er.
"Nichts, alles gut...", versuche ich ähnlich gelassen rüber zu bringen, doch mein Grinsen fühlt sich steif und fremd an, als würde es nicht zu meinem Gesicht gehören.
Das entgeht Julien natürlich nicht, er seufzt jedoch lediglich und klopft neben sich auf das Sofa. Erschöpft lasse ich mich fallen. Gegen das gerade in der Dusche sind meine momentanen Schmerzen wirklich geradezu entspannend.
"Ganz ehrlich, mit dir ist heute ja gar nichts anzufangen...", lacht Julien leise neben mir.
"Sorry. Ich...", ich stockte. Wie sollte ich das erklären?
"Es geht einfach nicht heute. Aber du musst nicht hier bleiben."
"Laber keinen scheiß natürlich bleib ich hier. Gerade wenn es dir scheiße geht!"

"Aber..."

"Nein! Ich will nicht, dass du jetzt alleine bist. Und wenn ich den ganzen Tag hier bleiben muss - Ist mir egal! Dafür hast du mich doch."
"Danke"
Womit hatte ich so einen guten Freund verdient?

Ich höre das bekannte Geräusch eines Feuerzeuges und Sekunden später rieche ich den Geruch von Tabak. Jetzt reicht Julien auch mir eine Zigarette und das schwarze Deamon- Feuerzeug.
Dankbar greife ich danach und zünde die Kippe an. Genüsslich sauge ich das Gift in meine Lungen.
Und für ein paar Minuten lindert es tatsächlich den Schmerz.

Wir liegen noch den ganzen Nachmittag zusammen auf dem Sofa, rauchen und reden über alles mögliche. Immer nach solchen Tagen mit Julien fühlte ich mich wie ein lebender Schornstein, aber es war einfach zu entspannend. Und ganz ehrlich, ich kann nichts mehr kaputt machen mit den scheiß Kippen. Was habe ich denn zu verlieren?
Meine Gesundheit?
Habe ich schon längst.

Mein Leben?
Es ist eh nichts mehr wert.

Irgendwann verabschiedet sich Julien schließlich und ich mache mich fertig, um ins Bett zu gehen.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Ich bin momentan einfach so motiviert, zu schreiben...😂

P.A.I.N. (Sun Diego FF)Where stories live. Discover now