6. Kapitel - Broken

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Unentschlossen mustere ich mein Aussehen im Spiegel. Ich mache das hier zwar nur für Julien, trotzdem möchte ich einen guten Eindruck hinterlassen. Noch einmal richte ich einige unordentliche Strähnen, dann drehe ich mich um, um das Zimmer zu verlassen. Doch Julien kommt mir zuvor und bleibt mitten im Türrahmen stehen. Seine Augen betrachten mich für einige Sekunden,dann bleibt sein Blick in meinem Gesicht hängen. Ein Lächeln schleicht sich auf sein Gesicht und seine Augen glänzen. Er erinnert mich etwas an eine Mutter, dessen Sohn zum ersten Mal auf ein Date geht. Nur leider bin ich mittlerweile fast 30... Trotzdem ist es süß, wie er mich anschaut. Einziges Problem:
Er steht mitten in der Tür. Die Tür, durch die ich muss, um überhaupt zu meiner Verabredung kommen.

"Äh Julien?", frage ich deshalb vorsichtig.
"Was?" Er scheint aus einer Art Trance zu erwachen.
"Du stehst im Weg.", lache ich und schiebe ihn ein Stück zur Seite, sodass ich ich an ihm vorbeiquetschen kann. Kurz spüre ich seinen warmen Atem auf meiner Haut, dann ist auch schon wieder Abstand zwischen uns. Okay... Das war komisch.

Nachdenklich gehe ich zu meinem Auto und starte den Motor. Vermutlich waren wir einfach beide müde. Jedenfalls will ich da jetzt nicht drüber nachdenken. Schon fast aus Reflex starte ich die CD in meinem Auto und drehe die Musik laut.

Nach 15 Minuten Fahrt bin ich dann bei dem Restaurant angekommen, wo wir uns treffen. Als ich die Fahrertür zuknalle, merke ich, dass ich tatsächlich etwas nervös bin. Dabei habe ich keine Ahnung, wie die Frau ist. Julien wollte mir nichts verraten, nur dass sie mir gefallen wird.
Hoffe ich für dich, Julien.

Unsicher sehe ich mich im Restaurant um. Was, wenn sie schon da ist?
Obwohl... Es sind nur einige Familien, eine Gruppe Männer und Frauen in meinem Alter und zwei Pärchen da. Also setze ich mich an einen Tisch etwas abseits, aber so, dass sie mich sehen wird und warte. Doch schon nach wenigen Minuten betritt eine Frau das Restaurant. Unwillkürlich musste ich grinsen. Lange Beine, die in einer schwarzen Jeans steckten, blonde Haare, Sonnenbrille und Lederjacke – genau mein Typ.
Ich wusste, dass man sich was das anging auf Julien verlassen konnte. Die Unbekannte kommt zielstrebig auf mich zu, also muss mein bester Freund mich ziemlich gut beschrieben haben.
Da ich natürlich ein Gentleman bin, stehe ich auf um sie zu begrüßen und ihr den Stuhl zurückzuschieben.

"Hi, ich bin Dimitri. Aber nenn mich ruhig Sunny."
"Lara, freut mich."
Wir setzen uns und ich beginne gleich das Gespräch:
"Bevor du jetzt irgendwas denkst, normalerweise besorgt mein bester Freund mir keine Dates. Er hat das einfach so abgemacht."
Sie lächelt leicht. "Alles gut, er war ganz nett und hat mich auch nicht überredet oder so."
Das ist schon mal eine Erleichterung. Nachdem wir das geklärt hatten, begannen wir ein lockeres Gespräch. Auch, wenn es um belanglose Themen ging, hatte ich Spaß. Teilweise schien sie etwas arrogant, aber auch nur minimal.

Schließlich hatten wir aufgegessen und sie erzählte gerade von ihrer Arbeit als Journalistin.
"Was machst du eigentlich so?" Kam schließlich die verhasste Frage.
Ich hatte natürlich schon erwartet, dass so etwas früher oder später kommt, aber es war mir halt etwas unangenehm, zuzugeben, dass ich theoretisch arbeitslos war.

"Gar nichts... Um ehrlich zu sein."
Der Blick, den sie mir jetzt zuwarf war schon ziemlich abschätzig. Genau so etwas hasste ich.
"Naja ich mache Musik. Aber nach meinem Autounfall kann ich keine regelmäßige Arbeit mehr machen. Ich hab jeden Tag Schmerzen.", versuchte ich zu erklären. Ich wollte kein Mitleid von ihr. Ich wollte nur einfach nicht von ihr angesehen werden wie ein Hartzer.

"Also bist du verkrüppelt?"
Unter dem Tisch ballte sich meine Hand zur Faust und ich musste mich bemühen, ruhig zu bleiben. "Nein. Mit mir ist alles in Ordnung. Ich kann laufen und so. Ich habe nur dauerhafte Knieschmerzen!"
Ihr Blick war kalt.
"Sorry, aber ich habe keine Lust, deine Krankenschwester zu spielen." Mit diesen Worten nahm sie einen Geldschein aus ihrer Handtasche und legte ihn auf den Tisch. Dann stand sie auf und verließ das Restaurant. Ich konnte nicht anders, als ihr mit offenem Mund hinterherzustarren.
Wie konnte man sich so in einem Menschen täuschen?

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Armer Sunny🙁 Vielleicht kann Julien ihn ja etwas aufheitern😏😂

P.A.I.N. (Sun Diego FF)Where stories live. Discover now