Ohrfeige

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Zwei Tage darauf war der Tag des von Ahmose geplanten Festessens gekommen.

Nachdem sich Kira Intef anvertraut hatte, hatten beide ihre gemeinsame freie Zeit damit zugebracht, sich in ihrem oder seinem Zimmer zu verschanzen und sich endlos Geschichten aus ihrer eigenen Welt zu erzählen.

Intef löcherte sie jedes Mal mit Fragen darüber, wie die Welt in der Zukunft aussah, was die Leute dort taten und wie ihr Leben dort bis jetzt ausgesehen hatte.

Kira erzählte bereitwillig alles, was sie und ihr Leben ausmachte und zusammen überlegten sie sich Theorien, wie sie in der Zeit habe reisen können und wie die unbekannte Person sowie die seltsame Bronzescheibe damit zusammen hingen.

Gerade kümmerte sie sich um das Mittagessen und versuchte außerdem, Kija bei Laune zu halten, die sich etliche Male darüber beschwert hatte, dass Kira nun mehr Zeit mit ihrem großen Bruder als mit ihr verbrachte, als mit dem unüberhörbarem Knallen der Haustür die Ahmoses Ankunft angekündigt wurde.

„Geh doch schon mal und begrüß deinen Vater." schlug Kira dem kleinen Mädchen vor, welches sie quängelnd vom Kochen abgehalten hatte. Als diese daraufhin flink wie der Wind aus der Küche lief, schmunzelte Kira in sich hinein. Je mehr Zeit sie im alten Ägypten verbrachte, desto mehr wuchsen ihr die Geschwister ans Herz.

Das Mittagessen verlief wie schon dutzende Mal zuvor – Kira konnte kaum glauben, wie schnell sie sich an ihre neue Umgebung gewöhnt hatte – die jüngeren Geschwister schwatzten laut miteinander, Ahmose starrte vertieft in seinen Wein.

Kira konnte nicht umhin, als sich zu fragen, wie er wohl vor dem Tod seiner Frau gewesen sein mochte. Sie stellte sich vor, wie er das komplette Gegenteil von dem schweigsamen mürrischen Mann, der er jetzt war, gewesen sein könnte, malte sich aus, wie er mit seinen Kindern am Tisch saß, sich danach erkundigte, wie sie den Tag verbracht hatten und lauthals mit ihnen lachte.

Ein rascher Blick auf den mehrfachen Familienvater ließ ihre Seifenblase jedoch platzen: das Einzige, was jetzt nur noch seine Aufmerksamkeit erregte, war sein Weinglas.

Ihre abgewiesenen Versuche, Konversation mit ihm zu machen, bestätigten den ernüchternden Gedanken, dass er wohl nie anders gewesen ist, nur noch mehr.

Schlussendlich war aus ihm nicht mehr als die Anweisungen für das Abendessen herauszubekommen, als die Mahlzeit beendet war und alle sich erhoben.

Mit einer für sein Alter ungewöhnlichen Schwerfälligkeit verließ Ahmose den Raum, gefolgt von seinen, im Gegensatz zu ihm, fröhlich dreinblickenden Kindern.

Kira machte sich gerade daran, das Geschirr abzuräumen, als sie bemerkte, dass Intef geblieben war und half, es zusammenzuräumen.

Einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen, während sie alles in die Küche trugen.

„Nimm dir sein Verhalten nicht zu Herzen." ergriff Intef schließlich als erster das Wort.

Offensichtlich hatte er die verzweifelten Konversationsversuche Kiras mit seinem Vater bemerkt.

„Nur weil er etwas schweigsam ist, heißt das nicht, dass er dich nicht leiden kann."

„Alles gut." versicherte sie ihm. „Ich frage mich nur, wie ich mich fühlen würde, wenn mein eigener Vater zu abweisend zu mir wäre..." seufzte sie.

„Er meint es zwar nicht böse, aber einfach ist es nicht, das kann ich dir versichern." erwiderte Intef mit niedergeschlagenen Augen. Hinter diesen Worten schien Kira eine Art unterdrückten Kummer wahrzunehmen, jedoch erwiderte sie nichts.

Time Traveler - Durch den heißen WüstensandWhere stories live. Discover now