Memphis

822 64 0
                                    

Die nächsten Tage waren der Horror. Nie hätte Kira gedacht, dass eine Schifffahrt dermaßen langweilig sein konnte. Für sie gab es den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als auf das Wasser zu starren und so die Zeit verstreichen zu lassen.

Was den Proviant anging, so hatte sie das, was sie aus Ahmoses Küche mitgenommen hatte, schon längst verzehrt, allerdings wurden in regelmäßigen Abständen halt am Ufer gemacht, um neue Vorräte an Bord zu bringen.

Kira versuchte, den anderen Passagieren so weit es ging aus dem Weg zu gehen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Anfangs hatte sie noch versucht, sich mit ihrem Mitbringseln aus der Gegenwart zu beschäftigen, musste allerdings schnell feststellen, dass ihr Handyakku nach ein paar Liedern leer war und sie zu allem Überfluss auch noch ihre Kette nicht finden konnte.

„Verdammt...", murmelte sie während sie in ihrer Tasche herumwühlte. Doch es nutzte nichts: Sie schien ihre Kette wirklich nicht bei sich zu tragen, anscheinend musste sie sie bei Ahmose liegen gelassen haben. Super.

Am vierten und letzten Tag ihrer Reise dachte sie bereits, sie würde vor Langweile umkommen, als der „Kapitän" des Schiffes ankündigte, sie würden in einer Stunde in Memphis ankommen.

Kira spürte, wie die Aufregung in ihr wuchs. Endlich würde sie Memphis zu Gesicht bekommen! Sie fragte sich, wie die Stadt wohl im Gegensatz zu Theben aussah und ob sie sich dort zurecht finden würde. Allein in Theben unterwegs gewesen war sie erst einmal...aber das konnte sicher nicht so schwer sein.

Ehe sie sich versah, kam wieder Leben in die restlichen Passagiere, als das Schiff mit einem lauten Rumms! gegen die Anlegestelle krachte und der Schiffsführer verkündete, sie seien im Peru Nefer, dem Haupthafen Memphis, angekommen.

Kira konnte nicht schnell genug von dem elendigen Boot hinunterkommen. Sie bedankte sich noch einmal schnell bei dem Ehepaar, dass sie an Bord geschmuggelt hatte, ehe sie sich ihre Tasche krallte und von Bord sprang.

Das Erste, was sie von Memphis erblickte, waren Köpfe. Der Hafen war überfüllt von ankommenden und abreisenden Menschen, Beamte, die den Betrieb beobachteten und Bettlern, die am Rand gekauert um Almosen baten.

Entschlossen, sich nicht von den Menschenmassen aufhalten zu lassen, zwängte sie sich mit ausgestreckten Ellenbogen durch die Menge.

Als sie sich durch das größte Getümmel gekämpft hatte, lag der Hafen bereits weit hinter ihr.

Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass Memphis einen geordneteren Eindruck machte, als Theben. Auf den Straßen spielten weder Kinder im Dreck, noch bettelten Obdachlose um Spenden, der Hafen schien eine Ausnahme zu machen. Kira folgte der breitesten Straße, die vom Hafengelände ins Stadtinnere führte, und stellte erleichtert fest, dass am Rand aller Straßen und Gassen riesige schattenspendende Palmen gepflanzt waren, die die Mittagshitze ertragbarer gestalteten.

Beschwingt schlenderte sie auf der Suche nach einem Marktplatz, Tempel oder sonstigem Orientierungspunkt die Straße entlang, während ihr immer mal wieder Händler samt prall mit Früchten befüllten Eselskarren entgegenkamen, hin und wieder auch mal eine Soldatenpatrouille, meist bestehend aus fünf bis zehn Mann, die, ohne die Passanten auch nur eines Blickes zu würdigen, die Wege passierten.

Am nächsten Häuserblock bemerkte sie einen Soldaten, der auch in kompletter Rüstung und bis an die Zähne bewaffnet an einer Hauswand lehnte und die vorbeigehenden Leute mit Adleraugen musterte. Neben unzähligen an seiner Kleidung befestigten Dolchen und dem Speer in seiner Hand fiel ihr das seltsam geformte Schwert an seinem Gürtel auf. Mit seiner Form wie von einem Fragezeichen erinnerte es sie an den Krummsäbel eines Piraten, allerdings sah diese Waffe so scharf aus, als könnte sie mühelos Stein zerteilen.

Time Traveler - Durch den heißen WüstensandDonde viven las historias. Descúbrelo ahora