Time Traveler - Durch den heißen Wüstensand

Alles umsonst

Je mehr Kira die umher eilenden Beamten betrachtete, desto nervöser wurde auch sie selbst.

Sie konnte sich immer noch keinen Reim auf die plötzliche Hysterie und Panik machen, die sich im Palast breitgemacht hatten.

Schließlich riss sie ihren Blick von den besorgten Gesichtern der Leute los und machte sich auf den Weg zurück in den Saal, in dem sie gefrühstückt hatten. Darauf bedacht, sich nicht im Labyrinth der Flure und Gänge sie verlaufen, befolgte sie genau Ramoses Wegbeschreibung. Zu ihrem Glück fand sie den Saal rasch wieder, doch als sie das schwere Portal öffnete, verflog ihr Triumph sogleich wieder. Als sie eintrat, sah sie, dass Ramose sich etwas abseits aufgeregt mit einem Beamten unterhielt. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien auch ihn die Welle der Panik ergriffen zu haben. Kira trat näher und warf Intef, welcher immer noch am Tisch saß und die beiden Männer beobachtete, einen fragenden Blick zu. Als er sie bemerkte, zuckte er jedoch nur mit den Schultern und zog besorgt die Augenbrauen; anscheinend verstand er die Lage ebenso wenig wie sie.

Als Ramoses hektische blaue Augen sie endlich bemerkten, sagte er irgendetwas, was sie nicht verstehen konnte, zu seinem Beamten, woraufhin dieser eilig aus dem Saal huschte.

„Da bist du ja wieder.‟ Mit einem krampfhaften Lächeln wandte Ramose sich Kira zu, doch diese spürte seine Nervosität, als wäre sie greifbar; war doch der Schweiß, der sich auf seiner Stirn bildete, Beweis genug.

„Was geht hier vor sich? Warum sind alle so panisch?‟ Ohne Umschweife sah sie ihm direkt in die flussblauen Augen.

„Macht euch keine Sorgen, das ist nur...der allmorgendliche Betrieb.‟ Sein Zögern verriet Kira, dass es ganz und gar nicht normal war, das die Leute im Palast so hektisch herumliefen.

Gerade wollte sie zu einer Erwiderung ansetzen, als Ramose ihr zuvor kam. „Warum verlagern wir unser Gespräch nicht in den Garten? Dann können wir in Ruhe über alles reden.‟ Sein Blick weilte für einen Moment auf der Bronzescheibe in Kiras Hand.

Mit einem weiterhin aufgesetzten Lächeln wandte er sich um und verließ den Saal. Kira folgte ihm, hinter ihr nahm Intef sich noch ein paar Trauben vom Tisch, ehe er sich ihnen anschloss.

Während Ramose sie durch die Gänge führte – durch die immer noch reichlich Menschen wuselten– wandte sich Kira Intef zu, der sich gierig eine Traube nach der anderen in den Mund stopfte.

„Wie kannst du denn jetzt noch essen?!‟, zischte sie ihm zu, ohne, dass Ramose sie hinter seinem Rücken hören konnte.

„Ich hab halt Hunger...‟ Ihr ein entschuldigendes Lächeln zuwerfend, zuckte er mit den Schultern.

„Auch wenn dein Essen natürlich viel besser schmeckt‟, fügte er rasch hinzu, als er Kiras düsteren Gesichtsausdruck sah.

Das war zwar ganz und gar nicht das, was Kira hören wollte, dennoch überging sie seinen Einwurf.

„Was ist passiert, während ich weg war?‟

„Eigentlich gar nichts. Aber plötzlich kamen seine Berater rein und haben angefangen, vollkommen ängstlich auf ihn einzureden‟, flüsterte er.

Ehe sie weiter darauf eingehen konnte, verhallten plötzlich Ramoses vorher so laute Schritte in dem Säulengang, durch den sie gelaufen waren.

Zu ihrer linken öffnete sich dieser, sodass man durch einen von Säulen gestützten Zugang zum Garten sah. Warmes Sonnenlicht flutete den Gang und zog lange Schatten hinter den Säulen.

Gemeinsam traten sie in die wohlige Wärme des Morgens hinaus. Endlich konnte Kira den Garten genauer in Augenschein nehmen. Die weißen Steine der Terrasse, auf die sie traten, leuchteten in der Morgensonne. Die restliche Fläche bestand aus penibel gestutztem Rasen, welcher in der Mitte von dem größten See, den Kira je in ihrem Leben erblickt hatte, durchbrochen wurde. Fasziniert starrte sie auf die glitzernde Wasseroberfläche und unterdrückte das Verlangen, sich mitsamt Klamotten ins kühle Nass zu werfen. Stattdessen führte der Wesir sie zu einem Tisch, der ebenso riesig war wie der, an dem sie gefrühstückt hatten. Das von großen Palmen beschattete Plätzchen gefiel Kira sogar fast noch mehr, als in den See zu springen.