Gefangen

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Das Knirschen der Schritte des Soldaten hörte sich in ihren Ohren unnatürlich laut an. Ihre Panik wuchs mit jedem Schritt, den er näher kam.

Immer noch nicht drehte sie sich zu dem fluchenden Mann hinter ihr um, doch sie spürte, wie ihr Herz wie wild zu klopfen begann, als er fast schon direkt hinter ihr war.

Zu allem Überfluss hörte sie auch noch das leichte Zischen eines Schwertes, das gezogen wurde.

In diesem Moment fühlte sich Kira, als sei endgültig etwas in ihr durchgebrannt.

Rennen oder sterben!, dachte sie noch, ehe sie anfing, zu rennen.

Hinter sich hörte sie, wie der Soldat, vollkommen überrumpelt von ihrem plötzlichen Sprint, ihr „Im Namen der Seth-Division! STEHENBLEIBEN!" hinterher rief.

Aber Kira achtete nicht auf ihn. Wie eine Wahnsinnige rannte sie die Straße entlang, hinter sich eine Menge Staub aufwirbelnd.

Ehe sie nach rechts in eine Seitenstraße einbog, sah sie sich nach dem Soldaten um, nur um festzustellen, dass er die Verfolgung aufgenommen hatte.

Aus reinem Überlebensinstinkt legte sie noch einen Zahn zu. Sie rannte so schnell, wie noch nie zuvor, ihr rasendes Herz war Beweis genug dafür, dass ihr Körper jetzt mit Adrenalin nur so um sich warf.

Sie achtete kaum darauf, wohin sie rannte, alles was sie erkennen konnte, waren in ihrem Blickfeld verschwimmende Häuserfassaden und das unscharfe Grün der Palmen, an denen sie vorbei sprintete.

An der nächsten Häuserecke bog sie wiederum links ab, wie sie feststellte, in eine Gasse in der sich unzählige Trauben von Menschen tummelten.

Obwohl ihr bereits die Füße schmerzten und sich ihre Lunge anfühlte, als wäre sie in Brand gesetzt worden, hechtete sie vorbei an all den in ihrem Weg stehenden Menschen, von denen sich einige nach ihr umdrehten, viele angesichts des entstandenen Tumults Verwünschungen riefen.

Wieder drehte sie sich nach ihrem Verfolger um. Mit einem Schrecken sah sie, dass er schon ein ganzes Stück aufgeholt hatte und sich anscheinend kaum von den Leuten in seinem Weg aufhalten ließ, so schubste er einen Bürger nach dem nächsten aus dem Weg, ohne seine Adleraugen auch nur eine Sekunde von ihr abzuwenden.

Als sie seinem Blick begegnete, kam sie sich vor, als würde sie in die Augen eines Löwen starren, der von Hunger getrieben seiner Beute nachjagte. Schnell hastete sie weiter, obwohl sie merkte, dass sie diese Hetzjagd nicht mehr lange würde durchhalten können; ihr Mund fühlte sich jetzt schon vollkommen ausgetrocknet an, ihre Beine spürte sie nach all der Strecke, die sie schon zurück gelegt hatte, überhaupt nicht mehr.

Doch sie musste weiter. Die Angst, von dem Soldaten geschnappt zu werden, war größer als die, vor Erschöpfung umzukippen.

Wie eine gejagte Gazelle unternahm sie den verzweifelten Versuch, ihren Verfolger durch das Labyrinth der Gassen abzuhängen und bog in einer scharfen Kurve in einen engen Durchgang zwischen den Häuserblocks ein.

Im nächsten Moment blieb ihr fast das Herz stehen. Direkt vor ihr stand eine Gruppe Männer – bis an die Zähne bewaffnet. Vor lauter Entsetzen blieb ihr der Mund offen stehen, als sie realisierte, dass sie mitten in eine Soldatenpatrouillie gerannt war.

Leicht überrumpelt warfen die Soldaten ihr neugierige Blicke zu, doch Kira reagierte schneller.

Rasch machte sie auf dem Absatz kehrt – nur um sich von Angesicht zu Angesicht mit ihrem ursprünglichen Verfolger wiederzufinden.

Mit einem wölfischen Grinsen lächelte er sie an, dann rief er seinen Kollegen hinter ihr irgendetwas zu. Kira hörte es nicht. Das Einzige, was sie wahrnahm, war das Rauschen in ihren Ohren, und der Drang, zu fliehen.

In einem letzten erbärmlichen Versuch wagte sie es, seitlich an dem Soldaten vorbeizuhuschen, nur um einen sich Augenschlag später in der gewaltsamen Umklammerung ihres Verfolgers wiederzufinden, der sie in den Schwitzkasten genommen hatte und nun auf den Boden drückte.

Er rief ihr irgendetwas zu, aber sie hörte es immer noch nicht. Als ihr Gesicht den Boden berührte, Staub und Sand in ihre Augen gelangten, fragte sie sich, ob dies nicht genau der Moment sei, in dem Helden sich immer in einem letzten Aufbäumen wehrten, um mit einem erneuten Adrenalinstoß ihre Gegner zu bezwingen und die Zuschauer zu beeindrucken.

Doch alles was sie fühlte, war eine erschöpfte Benommenheit, die ihr tief in den Knochen saß, und Angst. Unheimliche Angst, die ihr die Kehle zuschnürte und auch nicht von ihr abließ, als die Soldaten sie mit irgendetwas fesselten und auf die Füße zogen.

Der warme Wüstensand in ihrem Gesicht vermengte sich mit Tränen. Vielleicht war sie ja doch keine Heldin.

Time Traveler - Durch den heißen WüstensandWhere stories live. Discover now