Endlich die Wahrheit (Teil 1)

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 „Da legst du einen unheimlich atemberaubenden Auftritt hin und fällst gleich danach in Ohnmacht.‟

Das Erste, was sie sah, als sie wieder aufwachte, war Intef, wie er sich lächelnd über sie beugte und den Kopf schüttelte.

Langsam sammelte ihr Verstand alle Bruchstücke des Kampfes wieder zusammen. Hatte sie wirklich versucht, sich auf eine Attentäterin zu stürzen?

Als sie versuchte, sich aufzusetzen, spürte sie einen stechenden Schmerz im Schädel. Stöhnend ließ sie sich wieder auf ihr Bett zurücksinken. Ihre Glieder fühlten sich an, als hätte jemand sie mit einem Hammer bearbeitet.

Obwohl sie sich fühlte, wie ein geknickter Halm, brachte sie ein Lächeln zustande. „Du warst aber auch nicht schlecht.‟ Sie dachte daran, wie Intef die Attentäterin umgeworfen und mit ihr gerangelt hatte. „Hättest du eine Rüstung getragen, wärst du wirklich furchteinflößend gewesen.‟

Grinsend kuschelte er sich zu ihr unter die Decke.

„Wie lange war ich ohnmächtig?‟

„Nur ein paar Stunden.‟ Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter. „Ramose dachte im ersten Moment, du wärst tot.‟ Sein leises Lachen kitzelte an ihrem Hals.

...Ramose! „Wie geht es ihm?‟, fragte Kira betreten.

„Er hat ziemlich viel Blut verloren, aber seine Ärzte kümmern sich um ihn. Der Kerl ist so reich, dass er sich die besten des Landes leisten kann.‟ Als er Kiras besorgten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: „Keine Sorge, es wird ihm bald besser gehen.‟

Erleichtert atmete Kira aus. Sie glaubte, den Schock ihres Lebens bekommen zu haben, als sie Ramose blutend vor der schwarzen Frau liegen sehen hatte. Wenn ihm etwas schlimmes passiert wäre...Sie hätte es sich nie verziehen.

Für einen Moment herrschte Schweigen, dann ergriff Kira wieder das Wort.

„Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn du nicht zurückgekommen wärst.‟

„Als ich gesehen hab, das Ramose nicht im Thronsaal ist, bin ich sofort zurück gelaufen. Dass du dir aber gerade deine Zeit damit vertreibst, eine versuchte Mörderin zu entwaffnen, konnte ich ja nicht wissen.‟ Ein freches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Unwillkürlich musste Kira an den Moment, bevor sie der Frau die Waffe entrissen hatte, zurückdenken. Wie Ramose sie still angewiesen hatte, wegzulaufen und wie er sich bei der Frau entschuldigt hatte. Oder hatte sie sich die Worte „Es tut mir leid‟ nur eingebildet?

Sie spürte, wie sich allmählich immer mehr Geheimnisse um Ramose woben und ein undurchdringliches Netz aus Fragen in ihrem Kopf bildeten. Warum leugnete er, den dritten Zeitreisenden zu kennen? Woher kannte er die Zeitmaschine und ihren Erbauer? Worum ging es in dem Gespräch mit Intef, das sie belauscht hatte? Warum entschuldigte er sich bei einer Frau, die versucht hatte, ihn umzubringen?

Stück für Stück gelangte sie zu der Erkenntnis, das Ramose nicht der war, der er zu sein schien.

Um endlich einem der vielen Geheimnisse auf den Grund zu gehen, wandte sie sich ihrem Freund zu. „Ich habe heute morgen euer Gespräch mitangehört. Worum ging es da?‟

Überrascht riss Intef wie Augen auf. „Du hast uns belauscht?‟

Vorsichtig nickte sie. „Aber nicht absichtlich. Ich hab euch durch Zufall gefunden und euch reden hören. Also?‟

Auf ihr Drängen hin gab Intef schließlich nach. „Er wollte wissen, ob wir gestern Nacht unser Zimmer verlassen haben... und andere Dinge.‟ Er wurde rot.

„Was für andere Dinge?‟, hakte sie neugierig nach.

„Nichts wichtiges.‟ Kira bemerkte, wie seine Ohren rot wurden. „Er wollte hauptsächlich wissen, ob wir in unserem Zimmer gewesen sind, so wie er uns die ganze Zeit angewiesen hat.‟

„Jetzt wissen wir ja, warum.‟, bemerkte Kira trocken.

„Du meinst, er hat geahnt, dass jemand in den Palast einbrechen und versuchen würde, ihn umzubringen?‟

„Hast du eine andere Erklärung dafür?‟

„...Nein.‟

Wieder verfielen sie in Schweigen.

„Ich wünschte einfach, Ramose würde einmal ehrlich sein...‟ Mittlerweile hatte Kira kaum mehr das Gefühl, den Mann, der ihr so ans Herz gewachsen war, wirklich zu kennen.

„Geht mir genauso. Wozu seine Geheimniskrämerei letztendlich führt, haben wir ja gesehen.‟ Er legte seinen Arm um sie und schnupperte leicht an ihren Haaren. „Eigentlich ist Ramose ja so oder so eine Sackgasse für uns.‟ Seiner Stimme war zu entnehmen, dass er von dem Wesir mindestens genauso enttäuscht war wie sie. „Immerhin brauchen wir den dritten Zeitreisenden, um dich nach Hause zu bringen, richtig? Was hilft es uns dann, hier mit einem alten Lügner herumzusitzen? Ich mach dir einen Vorschlag: Wir quetschen ihn ein letztes Mal aus, wo wir den anderen Zeitreisenden finden und dann verschwinden wir von hier. Wie klingt das für dich?‟

Perplex starrte Kira an die Decke. „Ist das nicht ein bisschen heftig? Einfach so abzuhauen?‟

„Warum sollten wir bei einem Lügner bleiben, der uns obendrein auch noch nicht weiterhelfen kann?‟, entgegnete er heftig. „Außerdem sind wir hier seit gestern nicht mehr sicher. Mir ist am Wichtigsten, dass du in Sicherheit bist.‟

Kira konnte ihm förmlich ansehen, dass er an ihre Gefangenschaft im Medjai-Gefängnis von Memphis dachte.

„Das ist süß.‟ Sie verpasste ihm einen leichten Kuss auf den Scheitel. „Aber glaubst du nicht, wir sollten uns vorerst mit unseren Problemen auseinandersetzen? Vielleicht lässt sich ja alles in einem ganz normalen Gespräch klären. Und wenn nicht, dann können wir uns immer noch vom Acker machen.‟

Er gab ein nicht überzeugtes Brummen von sich, erwiderte jedoch auch nichts.

„Außerdem ist das Essen hier lecker‟, lockte sie ihn.

„Das ist ein schlagendes Argument.‟

Time Traveler - Durch den heißen WüstensandМесто, где живут истории. Откройте их для себя