Wenn Glas zu nichts wird #22 (§)

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Wo ist er? Wo ist Pandora?

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Kaitos Sicht

Noch immer saß ich hier. Kein Stück hatte ich mich von meinem Platz wegbewegt. Noch immer saß ich gekniet auf dem harten und kalten Betonboden, Shinichis Kopf auf meinen Oberschenkeln abgelehnt.

Ich wusste nicht wie lange ich schon in dieser Position verweilte. Meine schmerzenden Beine und eingeschlafenen Füße deuteten auf eine lange Zeit hin.
Paar mal hatte ich mir vorgenommen meine Position zu ändern. Als ich jedoch das friedlich schlafende Gesicht Meines Detektiven sah, fiel mein Vorhaben schlagartig ins Wasser.

Ich hatte in der Zeit meine Gedanken ein wenig geordnet. Was am Schluss übrig geblieben war, war Trauer. Wenn nicht, dann auch Sehnsucht. Ich wollte ihn wieder Lächeln sehen und ‚ich liebe dich' sagen hören.
Mit meiner linken Hand fuhr ich ihm durch die Haare, während die andere stets auf seiner Wange ruhte.

„Wie spät ist es?"
Meine Stimme hörte sich rau an. Wie eine typische Morgenstimme. Ich erwartete nicht wirklich eine Antwort. Ich wusste nicht mal ob sich jemand noch hier befand.
„23:50 Uhr."
Cognac? Er war noch da?
„Danke."
Mehr als zwei Stunden saß ich schon hier?

Ich wusste nicht ob es daran lag dass wir etwas gesagt hatten oder an irgendeinem anderen, mir unbekannten Grund, doch Shinichi fing an sich zu bewegen. Es war seine Hand, welche er auf meine legte. Auf die, mit welcher ich seine Wange streichelte.

Meine Augen weiteten sich und ich konnte spüren wie Freude in mir hochstieg.
„Shinichi? Bist du wach? Hörst du mich?"
Er runzelte seine Stirn, dann, ganz langsam, öffnete er seine Augen.

Ich war kurz davor ihn zu umarmen, beließ es jedoch bei dieser Situation. Es waren seine Augen welche mich davon abhielten. Sie sahen so leer aus. Das eine, Himmelblaue sah mich an, tat es aber wiederum doch nicht. Es blickte durch mich hindurch. Ganz so, als wenn ich eine Glasstatue währe. Vom anderen, linken Auge wollte ich erst gar nicht anfangen. Es trug ein sattes rot in sich. Es wurde vollkommen ausgefüllt. Mit anderen Worten Pandora.

„Wo ist er?"
Es war ein leises, schwaches flüstern welches seine trockenen Lippen verließ.
„Wo ist wa-„
Ich unterbrach mich selbst. Ich erinnerte mich an das Gedicht zurück.
„Es hat begonnen."
Es war Cognac. Er trat an uns heran. Ich hob meinen Kopf und sah ihn an.
„Also passiert es wirklich genau so wie es im Gedicht stand?"
Es war eine Frage welche ich mehr an mich selbst anstatt an andere gestellt hatte.

Cognac verstand es, denn er musterte bloß interessiert den blutdurchtränkten Rubin Shinichis.
„Wo ist er?"
Wieder ein schwaches flüstern.
Ich drehte meinen Kopf zu der Quelle der Stimme und flüsterte meinem Schatz beruhigende Worte wie, ‚alles wird gut' oder ‚mach dir keine Sorgen. Ich bin hier', zu. Aus der Sicht einer anderen Person würde es so aussehen wie wenn diese Worte an ihn gerichtet waren, doch das waren sie nur teilweise. Sie waren wie eine Versicherung für mich, welche mir garantierte das es so geschehen wird wie ich sagte.

Das tückische an ihr jedoch war, das diese Versicherung auf Sand geschrieben wurde. Entweder sie blieb und alles wird gut oder sie wurde entweder auf natürlichem Wege bis aufs unerkenntliche vom Wasser weggespült oder eben auf dem unnatürlichen Weg, indem Tiere oder Menschen die säuberlich in den Sand hineingeschriebenen Sätze zertrampelten. Die Tiere, sie würden es nicht mit Absicht tun. Doch der Mensch, dieser würde es höchstwahrscheinlich aus Eigennutz oder Spott tun. Leider haben viele Menschen das Bedürfnis anderen Steine auf ihren Weg zu werfen. Es machte mich auf eine Art traurig. Es gibt nur noch wenige, welche aufrichtig und ehrlich waren. Ich war ja nicht mal besser. Schließlich führte ich die Polizisten auch immer um die Nase herum. Ich hatte aber einen Grund dazu. Froh sowas zu tun war ich auch nie gewesen.

„,Trifft Licht in das ewige nichts der Nacht, des Frühlingstots,
So schwindet das rote Lot geschwind, ohne Qualen und ohne Not.

Doch den Träger trifft's wie ein Schlag.
Fragt sich:"Wo 'st mein Stein? Der, den ich Tag ein, Tag aus in mir zu Tragen vermag?'
das besagt das Gedicht. Es geschieht alles genauso wie es beschrieben wurde. Ohne Zweifel."

Ich erschrak und sah zu ihm auf. Seine Stimme kam überraschend. Ich runzelte meine Stirn und eignete meine Aufmerksamkeit abermals diesem verzwickten Gedicht. Meine Augen weiteten sich.
Das kann doch nicht...

„Stand dort nicht etwas von wegen ich muss noch vor Mitternacht den Fluch brechen?"
„Ja. Und es stand nicht dort, sondern es steht dort."
Meine Zunge klebte an der oberen Seite meines Mundes. Ich probierte zu schlucken, doch mein Hals und meine Mundhöhle waren so trocken, dass ich selbst dies nicht mehr meisterte.

„W-wie... wie... spä..."
Ich hielt inne. Meine Stimme hörte sich wie die eines Raben an. Krächzig und rau. So konnte es nicht weiter gehen. Ich nahm tief Luft und fing von neuem an. Dieses Mal mit mehr Ton in meiner Stimme.
„Wie spät ist es?"
Immer noch lag mein Blick auf dem grünäugigen.
Im Bruch einer Sekunde konnte ich sehen wie sich seine Augen ein Stück weit öffneten, ehe sie in die normale Größe zurück kamen.
„23:58 Uhr.

Nein. Nein. Nein. VERDAMMT NEIN!

Zitternd und der Hektik verfallen sah ich mich um, in der Hoffnung irgendeinen Hinweis zu finden, welcher das schlimmste verhindern konnte. Doch vergebens. Was würde man auf einem Dach auch groß finden? Ich könnte die Dinge an meinen Händen aufzählen. Gegebenenfalls an meinen Füßen, was sehr unwahrscheinlich währe. Doch das brachte es nicht zur Sache. Punkt war, ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich wusste es einfach nicht.

„Das wird wohl nichts mehr."
Gab Cognac neben mir kühl von sich. Seine Gesellschaft benötigte ich momentan erst recht nicht.
„Sag einfach kein Wort. Ich muss überlegen was ich tun kann."
Gelogen.
Du hast doch selbst keinerlei Ahnung was du tun sollst."
Bin ich wiedermal so durchschaubar?

„Kaito?"
Schnell sah ich zu Shinichi. Mein Herz raste, während ich immer wieder über seine Wange strich. Ein Grund für mein Herzrasen war der Fakt das er mich nicht mehr als Glasstatue wahrnahm. Er sah mir in die Augen.
„Ja, was ist mein kleiner Detektiv?"
„Noch fünf Sekunden."
Cognacs Stimme drang nur schwach in mein Ohr. Meine völlige Aufmerksamkeit erlangte er. Er, der noch immer auf meinen Oberschenkeln lag.

„Vier"
„Kaito.."
Er sah mir in die Augen.
„Drei"
„Ich.."
So unendlich tief.
„Zwei"
„Liebe.."
So voller Trauer.
„eins"
„Dich"
Eine Träne lief ihm die Wange herunter.
„Null"

Ein weiterer Windzug traf mich. Er kündigte den Sommer an. Trotz der angenehmen Wärme, machte sich ein kalter Sturm in mir breit. Er brachte in mir alles zum erfrieren. Absolut alles.

Ein Blick in seine Augen:
Ich war kein Glas mehr. Ich war nichts.

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Wie hat's euch so gefallen?

Ach und obwohl ich in einem Kapitel davor meinte das wir dem Ende näher kommen, werden es wohl noch so einige Kapitel sein... ups... hehe...
Wollte es nur mal erwähnt haben XDDD

Eure _Tachi_banana_ <3

Du und ich, gegen den Rest der Welt { Kaishin / Shinkai } *in Überarbeitung*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt