Monster

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Monster

Wenn jemand zu Besuch kommt, schließe ich ihn weg. Sperre es dort ein, wo Niemand ihn sehen oder finden kann. Keiner soll ihn je zu Gesicht bekommen. Er soll unentdeckt in einer dunklen Ecke harren, wo ihn keiner bemerkt.
Nur leider wollte dieses kleine Monster nicht immer so, wie ich es wollte.
Genau dann, wenn ich es am wenigsten brauchte, brach er aus seinem Gefängnis aus und verbreitete Chaos wohin er auch kam. Warf alles so vorher schön aufgeräumt um und schlug Löcher in die Wände, die gerade erst frisch wieder aufgebaut worden waren.
An manchen Tagen jagte ich ihm nach, wenn er mal wieder ausgebüchst war. Verbrachte Stunden damit, ihn durch Haus und Garten zu jagen. Verfolgte ihn in jeden Raum, indem er sich zu verstecken versuchte. Wenn es gerade besonders schlimmer Tag war, wehrte sich dieses kleine Biest mit Klauen und Zähnen. Schnitt mit seinen Krallen tief in mein Fleisch und brachte mir mehr als nur einmal schwere Wunden zu. Dann gab ich meist auf, zog mich für den Moment zurück um meine Verletzungen zu behandeln, denn mit solchen Wunden war ein Kampf gegen dieses Ungetüm nur schwer zu gewinnen.
An anderen Tagen jedoch lies ich ihn einfach machen was auch immer er wollte. Wände einreißen, Möbel umwerfen, Fenster einschlagen. Ich lies ihn einfach machen, versuchte dieses Ungetüm nicht einmal aufzuhalten. Es war mir einfach vollkommen egal. Statt diesen aussichtslosen Kampf weiter zu fechten, saß ich einfach nur da und lauschte dem Grollen und Toben meines Monsters.
Oft bemerkte er nicht einmal, dass ich seiner Zerstörungswut freien lauf lies. Das ich mich nicht darüber aufregte und ihm nicht im Zorn hinterher rannte. Doch wenn er meine Gleichgültigkeit doch bemerkte, wurde er plötzlich ganz still. Dann verstummte der Lärm und mein vorher so laut vor sich hin zerstörendes Monster war auf einmal ganz klein. Mit großen Augen, voller Schuld, kam er dann angekrochen und versuchte um Vergebung zu bitten. Und ich konnte ihm nicht böse sein. So sehr ich auch auf ihn fluchte, ihn hasste und ihm manchmal sogar die Pest an den Hals wünschte, ich konnte ihn einfach nie wirklich hassen.
Er war mein Monster, meine Angst, alles was ich nicht wollte, das Andere es sahen. Er war hässlich, blutrünstig, achtete nie auf meine Gefühle und dennoch konnte ich ihn einfach nicht wirklich verabscheuen. Wie konnte ich ihn hassen, wenn es doch ein Teil von mir war?

Scherben im LichtWhere stories live. Discover now