Held

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Es war totenstill im Saal. Niemand traute sich ein Wort zu sagen oder sich auch nur zu bewegen. Sie tauschten nur neugierige Blicke aus.
In der Mitte des Raumes stand er, der Held, der schon soviel für ihre Stadt und ihr Land getan hatte. Banditen vertreiben und Hungersnöte beseitigen waren dabei nur kleine Taten auf der langen Liste von Heldentaten, die er geleistet hatte. Und nun war er dabei, diese Liste zu erweitern, denn genau vor ihm saß der König und schaute ihn hilfesuchend an.
„Oh junger Held!" begann er so laut, dass auch die letzte Person im Saal ihn klar und deutlich hören konnte. „Du hast schon so viel für unser Volk getan. Hast Dinge geleistet, die vor dir Niemand hätte für möglich gehalten. Doch nun wird dein Wissen und dein Können vor eine große Probe gestellt werden."
Ein leises Flüstern begann im Raum aufzukommen. Die Blicke der Versammelten Bürger wanderten zwischen dem König und dem Helden hin und her. Was könnte nur passiert sein, dass der König so etwas sagte? Der Held hingegen schien von den Worten vollkommen ungerührt zu sein.
„Meine geliebte Tochter, die Prinzessin, wurde in der Nacht aus ihren Gemächern entführt!"
Ein aufgeregtes Tuscheln brach unter den Leuten aus. Der Raum war plötzlich voller Stimmen, die laut anfingen Fragen zu stellen.
„Wie kann so etwas passieren?"
„Wie konnten die Wachen so etwas zulassen?"
„Die arme Prinzessin!"
„Wer hat das nur getan?"
Tausend Fragen wurden in den Raum geworfen, doch keiner konnte eine Antwort darauf geben. Der König starrte weiterhin den Helden an, in der Hoffnung, dass dieser etwas sagen würde. Aber er blieb weiterhin still. Fast hätte man meinen können, dass ihn das Schicksal der Prinzessin überhaupt nicht interessierte. Dennoch erhob der König ein drittes Mal seine Stimme.
„Laut der Schlosswachen, handelt es sich bei dem Entführer um einen bösartigen Drachen. Sie konnten ihn sehen, als er mit der Prinzessin in seinen Klauen davon geflogen ist. Bitte, oh großer Held, hilf meiner Tochter!"
„Nein."
Plötzlich war es Still im Raum.
Der Held stand mit verschränkten Armen vor der Brust da, sein Blick auf den König vor ihm geheftet. Mit dieser Antwort hatte keiner der Anwesend gerechnet. War er denn nicht ein Held und somit dazu verpflichtet denn Menschen zu helfen, wo er nur konnte?
„Ich bin kein Held!" verkündete er und seufzte dabei laut. „Wer auch immer euch diesen Unsinn erzählt hat, lügt wie gedruckt!"
Die Leute im Saal waren Sprachlos. Keiner traut sich auch nur ein Wort zu sagen. Schon viele Helden hatten sie gesehen und von ihnen gehört, aber keiner von ihnen hatte je bestritten ein Held zu sein. Was war da nur los?
„Weder habe ich Banditen erschlagen noch sonst irgendwas der gleichen getan. Ich habe nichts anderes getan, als ein paar Leuten zu helfen, die in Nöten waren. Wissen um Farmarbeit zu teilen ist glaube ich keine Heldentat oder irre ich mich da?"
Ein zweiter Seufzer entwich ihm.
„Also sucht euch lieber einen Drachentöter, der eure Tochter rettet, da hat sie eindeutig bessere Chancen zu überleben."
Damit verließ er den Saal und lies die Leute vollkommen verwirrt und erschrocken zurück. Solch einen Helden hatten sie noch nie erlebt.

Scherben im LichtWhere stories live. Discover now