31 || Hanna In Horrorland

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31 || HANNA IN HORRORLAND

Down on the street where the faces shine
Floatin' around, I'm a real low mind
See a pretty thing
Ain't no wall
See a pretty thing
Ain't no wall
 - The Stooges, Down On The Street

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Es war Weihnachten, aber meine Stimmung war im Keller. Ich wusste, dass am Fuße meines Bettes ein kleiner Haufen Geschenke aus Hogwarts lag, aber ich konnte nicht die Energie finden, aus meinem Bett aufzustehen.

Meine Familie hatte mir die Geschenke auch heute gegeben, obwohl man das in Belgien normalerweise in der Nikolausnacht tat. „Als Ausnahme", weil ich ja jetzt in England lebte, würde es die Geschenke nun aber doch am 25. Dezember geben.

Ich wusste nicht genau, wie lange ich in den letzten Tagen darüber nachgedacht hatte, abzuhauen. Hatte ich jetzt tatsächlich nur noch ein paar Monate Zeit, bis ich eine Todesserin sein musste? Würde mir, sobald ich siebzehn wurde, ein Mal in den Arm eingebrannt werden?

Mein Geburtstag war am 30. April. Nach den Osterferien. Ich hätte also noch Zeit bis zum Sommer. Nur noch bis zum Sommer. In mir zog sich alles zusammen. Ich wollte nicht wie mein Vater werden, nicht wie Aart. Ich war keine Todesserin.

Als ich die Bettdecke beiseite streifte, fiel mir auf, dass ich seit meiner Rückkehr von den Koemans nach Belgien kaum das Bett verlassen hatte. Ich konnte mich auch nicht erinnern, irgendetwas zu mir genommen zu haben, außer das Wasser aus der Flasche neben meinem Bett. Nicht, dass es meine Eltern oder Großmutter Michaela interessiert hätte.

Ich stand aus dem Bett auf und wurde direkt von einem Schwindelanfall übermannt. Ich stand vorsichtig auf und hockte mich neben die kleinen Geschenke aus Hogwarts.

Vorsichtig zog ich das erste aus dem Stapel, das zudem das größte war. Es kam von Alexia, Dorcas und Marlene und enthielt einen riesigen Haufen an Süßkram und einer Karte, die mir alles gute mit meiner Familie wünschte – ja, von wegen.

Lynn und Lily hatten zusammengelegt für ein Buch über Quidditch, in dem viele nützliche kleine Tricks standen, die ich noch nicht kannte und trotz der Umstände konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Ich riss das Papier vom nächsten Geschenk auf, das zu meiner Überraschung von Lucy stammte. Es war ein dickes Buch mit allerlei Verteidigungs- und Angriffszaubern und in ihrer Karte schrieb sie dazu: Es kam mir so vor, als würdest du gerne besser im Duellieren werden.

Auch die Rumtreiber hatten mir ein Geschenk geschickt – die Karte hatte Peter verfasst und er schrieb mir, dass die vier für alle ihre Freunde selber Kekse gebacken hatte. Bei der Vorstellung, wie die vier Jungs in Kochschürze in der Küche Teig kneteten, musste ich dann doch ziemlich schmunzeln.

Mein Magen knurrte, also probierte ich eins von den Plätzchen. Sie schmeckten echt nicht schlecht und ich bewunderte die Jungs für ihr Talent. Außerdem wurde mir dadurch bewusst, wie hungrig ich war und ich nahm mir vor, wenigstens das Mittagessen mit meiner Familie zu mir zu nehmen.

Apropos meine Familie; auch meine Eltern hatten mir etwas geschenkt und zwar einen neuen Festumhang, der aus Seide war und wirklich hübsch aussah. Ich nahm mir jedoch fest vor, mir niemals wieder etwas schönes anzuziehen, wenn ich auf eine Reinblüter-Familienfeier ging.

Ganz unter den Geschenken lag da jedoch noch eine Karte. Einfach nur eine Karte, nicht mehr. Vorsichtig faltete ich sie auf und begann, die unordentliche Schrift zu entziffern.

Liebe Hanna,

es tut mir Leid, dass ich kein Geschenk für dich habe, aber das alles kam etwas kurzfristig. Bitte entschuldige, dass ich nachdem ich dich vom See geholt habe, nicht mehr besucht habe, aber ich hätte nicht gewusst, was ich zu dir sagen soll. Diese ganze Geschichte mit Aart scheint ziemlich ernst zu sein und was immer es ist, es tut mir Leid. Ich kann mir gut vorstellen, dass das ziemlich schwer für dich ist.

Falls du irgendwann einmal jemanden aus deinem eigenen Haus zum Reden brauchst, dann kannst du mit meinem Bruder sprechen. Ich weiß, er wirkt manchmal nicht so wie eine vertrauenswürdige Person, aber obwohl wir so tun, als könnten wir uns nicht leiden, kann ich dir versichern, dass er das ist. Denk drüber nach.

Gute Besserung und mit freundlichen Grüßen,

Regulus

Ich lächelte ein wenig, als ich die Karte wieder zusammenfaltete und zu den restlichen Geschenken legte. Dann schwirrte mir wieder das Wort Todesser im Kopf herum und ich versuchte zwanghaft, den Gedanken zu verdrängen. Das war jedoch ziemlich unmöglich. Vermutlich war er wirklich selbst einer von Voldemorts Gefolgsleuten und egal wie nett er auch schien, er würde einer bleiben.

Seufzend richtete mich auf und schlüpfte zum ersten Mal seit Tagen aus meinem Pyjama. Ich zog mir eine Hose und einen Rollkragenpullover an und betrachtete mich im Spiegel. Ich sah ehrlich gesagt fürchterlich aus mit meinen zerzausten Haaren und den tiefen Augenringen. Ich versuchte noch kurz, etwas dagegen zu tun, ließ es dann aber lieber sein. Es zu versuchen hatte ja eh keinen Sinn.

Als ich gerade das Zimmer verlassen wollte, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Ich hob meinen Umhang vom Boden auf und zog das kleine Visitenkärtchen heraus. Plötzlich ergab die Notiz einen Sinn.

Hanna Derveld, entweder das Institut oder Er, dessen Name nicht genannt werden darf. Das ist deine Entscheidung.

Voldemort wollte mich. Das Institut wollte mich. Und das alles nur, weil sich in mir die Blutlinien der Dervelds und der Drosts kreuzten. Weil ich genau das war, was Voldemort fürchtete, wenn es sich gegen ihn richtete, doch brauchte, wenn es auf seiner Seite war.

Seufzend legte ich die Karte auf meine Kommode und drückte die Türklinke herunter. Ich musste irgendetwas tun, um mich abzulenken. Auch wenn es nur Mittagessen war.

Aber ganz so gut lief es dann auch nicht. Meine Eltern sahen mich komisch an, als ich in den Speisesaal kam und mich zu ihnen an den Tisch setzte.

„Wir haben dich lange nicht mehr gesehen, Hanna", stellte mein Vater fest, während er ein paar Spaghetti auf seine Gabel drehte.

„Natürlich nicht", antwortete ich und tat mir eine Portion auf. „Ich hab mein Zimmer ja auch seitdem nicht mehr verlassen."

Ich sah aus dem Augenwinkel, dass die beiden sich bedeutende Blicke zuwarfen. Ich sah auf und fixierte meinen Vater, der plötzlich besonders auf sein Essen konzentriert war. Sein weiter Umhangärmel rutschte ein Stück hinunter und dann hatte ich es auch schon gesehen. Es war tatsächlich da. Ich seufzte und sah wieder auf meinen Teller.

„Ist Pierre auch einer?", murmelte ich vorsichtig.

Meine Mutter verschluckte sich beinahe an ihren Nudeln. „Ein was?" Ihre Stimme klang angespannt.

„Na ein Todesser", antwortete ich trocken und trank einen Schluck Wasser.

„Hanna", hauchte meine Mutter, aber mein Vater unterbrach sie.

„Das ist alles, was dich noch beschäftigt, richtig?" Er sah wieder verärgert aus.

Ich grinste trocken. „Natürlich, Vater. Wenn ich bald auf Voldemorts Seite stehen muss, dann will ich wenigstens wissen welche meiner Familienmitglieder noch so gestört sind."

„Name!", presste mein Vater zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.

„Bitte?", fragte ich und grinste wieder.

Er atmete hörbar aus. „Du nennst diesen Namen nicht mehr, Hanna, und wenn du aufgegessen hast, dann kannst du gleich wieder auf dein Zimmer gehen."

„Na danke", sagte ich und schob meinen Teller beiseite. Ich erhob mich vom Tisch und war schon auf dem halben Weg zur Tür, da murmelte ich leise: „So hab ich mir Weihnachten nicht vorgestellt."

Dark (1) - Schwarze Magie |Sirius Black|Where stories live. Discover now