46 || ▶ Adomania

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46 || ▶ ADOMANIA

That's why I gotta get some changes made
Honey want to rearrange some day
C'mon little baby, my mind is sick enough of today.
- The Saints, One Way Street

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27. April 1977, Richmond, London

„Was wollen Sie denn schon dagegen tun?" Der Mann kratzte sich an den Bartstoppeln und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

Die Frau gegenüber von ihm lehnte sich über den Holztisch vor und sah dem Kerl direkt in die Augen. „Ich will nichts dagegen tun. Ich will etwas dafür tun. Dafür, dass wir sie endlich soweit haben."

Der Mann lehnte sich ebenfalls ein Stück vor und nun sahen die beiden sich direkt in die Augen. „Das wird nicht passieren", sagte er entschlossen, wich wieder zurück und verschränkte die Arme.

Die Frau kniff die Augen zusammen. „Wird es. Wir arbeiten daran. Ich habe Hilfe. Eine direkte Bezugsperson in ihrer Nähe. Sie wird sie bald soweit haben."

Der Mann schüttelte seufzend den Kopf. „Ich denke nicht, dass das sinnvoll ist. Sie versteifen sich zu sehr auf das Mädchen. Was ist mit dem Kind aus dem Institut? Ihre Kräfte sind doch viel wichtiger, viel bedeutender für den Dunklen Lord."

Die Frau lächelte matt. „Ja, das ist wahr. Aber Hanna Derveld ist die, die dem Lord gefährlich werden kann, wenn sie nicht auf seiner Seite steht."

Der Mann sah nun genervt aus. „Töten Sie sie."

Die Frau grinste noch ein bisschen breiter. „Oh, das werden wir. Aber erst dann wenn wir ihren Nutzen ausgeschöpft haben. Wir brauchen das Mädchen nur kurz. Aber wir brauchen sie dringend."

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„Things don't stay the way they are", said Finnerty. „It's too entertaining to try to change them."
- Kurt Vonnegut, Player Piano (1952)

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5. Mai 1960, Antwerpen, Belgien

Als er seinen alten Freund Emiel in der Tür stehen sah, ließ Xander Derveld seine Frau und seine Tochter zum ersten Mal alleine. Emiel schenkte ihm ein mildes Lächeln und schloss dann die Tür des Schlafzimmers hinter sich.

„Was gibt es?", fragte Xander und sah Emiel ernst an.

Der verschränkte die Arme. „Man hat gewisse Gerüchte gehört", sagte er, „ist es wahr, dass Hanna - dass sie das alles geerbt hat?"

Xander nickte stolz. „Sie ist eine wahre Derveld mit Slytherin-Blut. Sie wird einmal eine große Hexe werden."

Emiel seufzte. „Ihr müsst gut auf sie aufpassen. Wenn sie tatsächlich all das geerbt hat - dann könnte ihr Leben schon bald in Gefahr sein."

Xander kniff die Augen zusammen. „Was soll das heißen? Was meinst du?"

„Ich weiß es nicht", antwortete Emiel. „Wie gesagt, man hat nur Gerüchte gehört. Aber wenn die Gerüchte stimmen, dann ist eine solche Fähigkeit mehr Fluch als Segen."

Xander schüttelte den Kopf. „Unmöglich", sagte er, „sie hat Slytherin-Blut. Und die Erbkrankheiten kamen in Hannas direktem Stammbaum kaum vor. Sie wird nicht von Dingen wie diesen betroffen sein."

Emiel atmete hörbar aus. „Das ist das Problem. Es ist die Mischung. Sie sagen schon seit Jahren, wenn das Blut einer bedeutenden Blutlinie mit der einer anderen zusammentrifft ... dann kann Schlimmes passieren."

„Nicht unserer Hanna", protestierte Xander. „Dafür werde ich persönlich sorgen."

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Adomania (noun): The feeling that what you thought was the future is coming too fast.

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28. April 1977, Hogwarts, Schottland

Chère Hanna,

Ich wünschte, ich könnte dir in diesem Brief alles schreiben, was du wissen musst. Es gibt aber leider nicht viel, das ich dir sagen könnte. In zwei Tagen wirst du volljährig. Und du weißt natürlich, was das für dich bedeutet.

Der Dunkle Lord hat uns bereits davon wissen lassen. In den Ferien wird er dafür bereit sein, dich in seinen Reihen zum empfangen. Es hieß, er würde gegen Ende Juni kommen, zwei Wochen nach Ferienbeginn.

Hanna, ich kann dir nur raten, dich nicht dagegen zu wehren. Das heißt nichts Gutes, das weißt du natürlich. Gegen den Dunklen Lord hast du keine Chance. Das habe ich eingesehen, das musst auch du einsehen.

Und auch wenn ich niemals geplant hatte, aktiv in dieser Sache mitzuwirken, so weiß ich jetzt, dass es besser ist. Nichts wird sich ändern, wenn wir bloß herumsitzen. Der Dunkle Lord wird alles zum besseren wenden. Wenn er endlich das durchgesetzt hat, an dem er gerade arbeitet, dann können wir reinblütigen Zauberer endlich wieder in Frieden leben, ohne uns fürchten zu müssen.

Du, Hanna, hast wirklich die Chance, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Vor allem für uns Zauberer. Nach solch einer langen Zeit, die wir nicht wir selbst sein konnten, in der wir Angst hatten, da verdienen wir es doch, endlich frei zu sein, oder nicht?

Hanna, bitte tu einmal das Richtige. Es ist nicht richtig, Ideen hinterher zu rennen, die falsch sind. Alle deine Ideale, das sind die Gedanken eines Blutsverräters. Du bist keine Blutsverräterin. Bitte folge meinem Rat. Mach mich einmal stolz. Wenigstens ein Mal.

Tendrement, Maman

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They always say that time changes things, but you actually have to change them yourself.
- Andy Warhol (1975)

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25. Oktober 1969, Adinkerke, Belgien

Der Wind blies ihr ins Gesicht und peitschte ihr die blonden Locken gegen die Wangen. Lachend streckte Hanna ihre eiskalten Zehen in die Gischt des Meeres und schreckte vor den Fluten zurück. Sie lachte. Ihr Großvater lachte mit, streifte die Schuhe von den Füßen und folgte dem Beispiel seiner Enkelin.

„Opa", sagte Hanna irgendwann und ihre Stimme klang etwas nachdenklich. Sie starrte auf ihre Füße.

„Was ist denn, meine Liebe?", fragte er und legte eine große Hand auf ihre schmale Schulter.

„Opa, ich verstehe es nicht - meine Eltern." Sie seufzte. „Sie scheinen wütend auf mich zu sein. Ich hab mit einem Mädchen aus der Stadt gesprochen. Was hab ich falsch gemacht?"

Nathanael schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wer deinen Vater so erzogen hat", sagte er, „aber ich war es nicht. Weißt du, Hanna, manche Zauberer sind der Meinung, Menschen, die kein magisches Blut besitzen, sind weniger wert als wir."

„Aber sind sie nicht, oder?" Hanna grub ihre Füße in den kalten Sand.

„Nein", sagte Nathanael, „aber einige Zauberer denken das. Es wurden Kriege deswegen geführt. Ich möchte nur, Hanna, dass du weißt, dass du dir von niemandem etwas in den Kopf setzen lassen sollst. Menschen sind nicht einfach weniger wert als Andere. Menschen sind Menschen. Egal ob wir nun magisch sind oder nicht, ob wir helle Haut haben oder dunkle, welche Religion wir haben oder wen wir lieben - das macht alles nichts aus. Am Ende sind wir alle nur Menschen, nicht?"

Hanna lächelte ihrem Großvater zu und nickte. „Also soll ich nicht darauf hören, wenn Mama und Papa mir sagen, dass andere Kinder im Dorf schlechte Gesellschaft sind, hmm?"

Nathanael nickte.

„Menschen sind Menschen", wiederholte Hanna und starrte hinüber zum Horizont, wo sich dicke Wolken über den grauen Himmel zogen. „Du hast Recht. Wir sind alle nur Menschen."

Dark (1) - Schwarze Magie |Sirius Black|Where stories live. Discover now