14. Verwirrung

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Danke für deinen Text MrsssMALFOY

Hi, ich bin weiblich, 15 und total verwirrt. Das ist wohl alles was man über mich wissen sollte.
Ich sollte wohl damit anfangen zu sagen, dass meine Familie fast komplett aus homophoben Menschen besteht. Die Väterliche Seite, weil sie streng gläubig sind, die Mütterliche, weil sie Menschen gegenüber nicht aufgeschlossen sind und sehr veraltete Ansichten haben. Daher kam das Thema bei uns nie auf (WENN dann negativ) und ich habe mich bis ich 12 war nie damit auseinander gesetzt.
Doch ich habe schon immer viel gelesen und irgendwann viel mir ein Buch in die Hände, in dem ein schwuler Junge vorkam. Ich weiß ehrlichgesagt nicht mal mehr wie es hieß.
Irgendwie war es total ok für mich, es war halt ein schwuler Junge, was war schon dabei? Zu dem Zeitpunkt hatte ich glaube ich nicht richtig realisiert, dass so gut wie mein ganzes Umfeld gegen diesen „Normenverstoß" war.
Mit der Zeit begann ich, mich immer mehr für Homosexualität zu interessieren, ich fing an meiner Mutter zu widersprechen, wenn sie etwas dagegen sagte.
Irgendwann als ich 13 war übernachtete eine Freundin bei mir. Sie wusste nichts von meiner „Familiensituation" und auch nicht von meiner eigenen Einstellung zu dem Thema. Plötzlich mitten in der Nacht, in einem eher ruhigeren Moment meinte sie: „Ehm (meinen Namen einfügen) ich bin bi..." Ich reagierte daraufhin so, als hätte sie mir gesagt, dass Schmetterlinge Flügel haben: „Ah ok". Wenn ich jetzt darüber nachdenke hätte ich etwas mehr Begeisterung zeigen können und nicht so eine „mir herzlich egal" Reaktion... Jedenfalls hat sie mich nach ungefähr fünf Minuten des (eher unangenehmen Schweigens) gefragt ob das ok für mich sei und ob ich deswegen anders mit ihr umgehen werde. Ich (komplett am innerlichen ausrasten, weil ich so blöd war): „Ja omg das ist total normal, ist doch nichts schlimmes. Danke das du's mir gesagt hast!"
Damals war ich wirklich dankbar dafür, dass sie mir so ein Geheimnis anvertraut, (ich war wohlgemerkt die erste, die das erfahren hat) jetzt bin ich noch viel dankbarer, weil dieses Geständnis mir indirekt etwas über mich offenbart hat.
Nach dieser Übernachtung habe ich mir plötzlich alle Videos zum Thema Homo-/Bisexualität angeschaut die ich finden konnte und bin auf die Lgbtq+ Community gestoßen. Ich habe erfahren dass es mehr als Bi, Homo und Hetero gibt und das war die totale Erweiterung meines Horizonts. Ungefähr 3-4 Monate habe ich Videos und Filme dazu angeschaut und Bücher gelesen. Es hat mich sozusagen total in seinen Bann gezogen und ich wusste nicht wirklich warum...
Etwas später, war diese Freundin wieder bei mir (wieder zum übernachten). Ich war damals in einer Phase wo ich die ganze Zeit Sachen gesagt habe wie: „Hah ist mir egal wenn ich keinen Jungen abkriege, ich heirate einfach (Namen meiner besten Freundin einfügen)" und sowas in der Richtung. Tja und diese Freundin hat mich tatsächlich darauf angesprochen. Sie meinte nach einem dieser Sprüche: „Hey, bist du eigentlich wirklich Lesbisch? Oder bi?" Meine Antwort darauf kam einfach ohne zu überlegen: „Jap ich bin bi!"
Ein Jahr danach (ich war nun 14) habe ich die Schule gewechselt. Dort habe ich mich direkt mit einem Mädchen angefreundet, das mir irgendwann, ungefähr nach einer Woche,(nachdem sie morgens weinend in die Schule kam und ich sie darauf angesprochen habe) erzählt hat, dass sie sich bei ihrer Mutter geoutet hat „weil also ich bin bi..." Ich darauf hin wieder ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden: „Check!" So also mein zweites Outing.
Nun zum eigentlichen „Problem", der Verwirrung von der ich am Anfang sprach:
Ich weiß nicht ob ich bi bin. Ich bin nicht Hetero und auch nicht homosexuell, das weiß ich!, aber es gibt so vieles „dazwischen". Vielleicht bin ich Pan oder Polysexuell oder irgendetwas anderes von dessen Existenz ich vielleicht nicht mal weiß. Ich gebe zu, das ist etwas überdramatisiert, das „Problem" bleibt jedoch bestehen.
Ich will mich eigentlich nicht wirklich festlegen, ich will sehen was auf mich zukommt (ich bin 15 da kann noch viel passieren), ich will Menschen als Menschen kennen- und liebenlernen und nicht als Geschlechter.
Es gibt zwei Leute die offiziell wissen, dass ich bi bin, mit einer davon habe ich keinen Kontakt mehr, mit der anderen will ich nicht darüber reden. Ich habe nicht vor mich je vor meiner Familie zu outen, das Problem der „Formulierung" bliebe also aus. Doch ich will es für mich selbst wissen. Diese dumme und jedoch berechtigte Frage: „Was" bin ich?
Ich bin 15, weiblich, ich wurde in der Hinsicht auf Homosexualität definitiv falsch erzogen und bin eventuell auch deshalb total verwirrt.

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