19. Interview mit @Feenfreundin

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Welchem Teil von LGBTQ+ ordnest du dich zu?:
Geoutet bin ich bei den meisten als Bi, aber ich finde eher Mädchen interessant als Jungs.

Und wie alt warst du, als du gemerkt hast, dass du nicht hetero bist?:
Also das erste Mal darüber nachgedacht habe ich mit Ende 13, Anfang 14. Wirklich sicher war ich mir mit 14 einhalb.

Also sicher in dem Sinne, dass du dich das erste Mal in das selbe Geschlecht verliebt hast?:
Ja und vor allem so sicher, dass ich das klar benennen konnte.

Wie gingst du am Anfang denn damit um, vor allem da du sagst, du hättest schon darüber nachgedacht, bevor es vollkommen klar war?:
Ja, ich hatte im Sommer ein Video über ein bisexuelles Mädchen gesehen und konnte einige der Dinge, die sie sagte, nachvollziehen. Das Ganze ging mir nicht aus dem Kopf und Anfang November löste sich irgendwie ein Knoten in meinem Kopf. Plötzlich war ich mir total sicher. Ich hab mir dann in unserer Bibliothek ein Buch über LGBTQI+ Jugendliche ausgeliehen. Während ich das Buch gelesen habe, wurde ich mir immer sicherer und schon ein paar Tage später habe ich es meinen besten Freundinnen erzählt.

Auf Wattpad gehst du ja offen damit um. Hast du dich denn von deinen Freundinnen abgesehen auch in deinem persönlichen Umfeld geoutet? Wenn ja, wie bzw wann hast du es getan?:
Ja, die meisten in meinem Umfeld wissen es. Meinen Klassenkameradinnen habe ich es in einer Klassenlehrerstunde gesagt, ein, zwei Monate nachdem ich mich bei meinen Freundinnen geoutet habe. Und dann hat sich das im Jahrgang rumgesprochen. Ich sage es meistens auch, wenn ich mit neuen Gruppen Jugendlicher zusammen bin, wenn es um Beziehung und so geht. Aber da kommt es immer darauf an, wie wohl ich mich in der Gruppe fühle.

Gab es auch negative Reaktionen?:
In einer Jugendgruppe hat mal ein Junge gesehen, dass ich "Nur drei Worte" von Becki Albertelli gelesen habe. Er sagte dann zu mir: "Bäh, du unterstützt die Rechte von Homosexuellen, das ist voll ekelig. Aber na gut, kann ich nichts machen. Du musst nur aufpassen, dass du ihnen nicht zu nah kommst, sonst wirst du auch noch so."
Aber in meinem engeren Umfeld habe ich nie wirklich schlechte Erfahrungen gemacht. Gab halt viele Fragen, aber das ist, glaube ich, normal.

Gab es auch Reaktionen, die dich besonders gerührt oder gefreut haben?:
Ja, drei Stück. Die erste rührt mich vor allem im Nachhinein besonders, auch wenn ich mich damals ein bisschen darüber aufgeregt habe. Das war bei einer meiner besten Freundinnen, sie war die zweite, der ich das erzählt habe. Wir laufen immer gemeinsam zur Schule und Mittags wieder zurück. Ich habe ihr schon am Vorabend geschrieben, dass ich ihr etwas sagen muss, und sie hat aber morgens und die Hälfte vom Rückweg die ganze Zeit geredet. Irgendwann habe ich sie unterbrochen und habe ihr gesagt, dass ich bi bin. Sie hat gefragt, ob das das ist, wenn man auf Jungs und Mädchen steht. Als ich das bejaht habe, hat sie okay gesagt und weiter geredet.
Die zweite Situation war, als ich mich bei zwei Klassenkameradinnen geoutet habe. Sie waren die ersten, die nicht in meinem Freundeskreis waren. Da sie beide ziemlich gut reagiert haben, hat mich das stark gemacht, auch wenn sie bis heute sagen, das wäre selbstverständlich.
Die letzte Situation war mit meiner Schwester, ich hab ihr geschrieben, da sie nicht mehr bei uns wohnt, und sie hat dann zurückgerufen. Sie hat gesagt, wie stolz sie auf mich sei und dass ich gerne jederzeit mit ihr drohen kann, wenn mich jemand ärgert. Sie hat die ganze Zeit geweint und gesagt, wie groß ich denn geworden bin.

Auch wenn das bei dir bisher alles ziemlich entspannt klang, stelle ich diese Frage trotzdem, da sie manchmal ziemlich erschreckend sein kann: Hattest du mal Phasen, in denen du lieber hetero gewesen wärst?:
Ja klar. Es würde viele Situationen leichter machen. Aber ich kann nichts daran ändern, also mache ich das Beste daraus. Inzwischen kann ich sogar ziemlich viele gute Seiten sehen.

Was würdest du denn als die guten Seiten ansehen?:
Mich persönlich hat es stärker gemacht. Dann habe ich das Gefühl, dass wenn man damit offen umgeht, dass man ganz viele tolle Menschen kennenlernt. Ich habe das Gefühl, dass viele quere Menschen offener und toleranter gegenüber Andersdenkenden sind.
Und dann sehe ich bei meinen Freundinnen, dass ganz viele Jungs sie in irgendeiner Weise verletzen. Ich glaube, dass das zwischen zwei Mädchen nicht so oft passiert. Generell habe ich das Gefühl, dass es einfacher ist, eine Beziehung mit einem Mädchen zu führen, als mit einem Jungen. Und es ist ein guter Weg, um schlechte Menschen aus seinem Leben zu werfen.

Traurig ist es da, dass Menschen, die auch einfach nur leben wollen, wegen Dingen wie ihrer Sexualität schlecht gemacht oder gar gemobbt werden. Was sagst du dazu?:
Ich hasse es. Es passiert immer wieder, dass ich bei Freundinnen anrufe, um mich auszuheulen, wenn ich wieder von Menschen höre, die teilweise Selbstmord begehen, weil sie das Mobbing aufgrund ihrer Sexualität nicht aushalten. Wie oft habe ich schon geheult, weil irgendwelche Politiker homofeindliche Bemerkungen gemacht haben. Es ist ganz sicher etwas, was wir mehr beachten sollten. Ich träume von einer Welt, in der Sexualität keine Rolle mehr spielt und ich hoffe, schon wir werden unsere Kinder in diesem Hoffen erziehen.

Und was denkst du hingegen von Leuten, die sich als Teil von LGBTQ+ bezeichnen, obwohl sie es nicht sind, weil sie es als Trend ansehen?:
Mir geht es generell auf die Nerven, wenn Menschen Dinge nur machen, weil sie im Trend sind. Außerdem verleugnen diese Menschen sich ja selbst, was das Gegenteil von dem ist, was wir erreichen wollen. Der einzige Vorteil ist, dass wir so mehr Aufmerksamkeit bekommen und wir so vielleicht schneller an eine Welt ohne Diskriminierung kommen.

Gibt es sonst noch etwas, das du gerne loswerden oder in die Welt hinausschreien möchtest? Denn LGBTQ+ ist auf jeden Fall ein Thema, das total zu Unrecht oft mit Stress und sogar Schmerz verbunden ist:
Egal, in wen ihr euch verknallt, es ist okay. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, es wird immer Menschen geben, die für euch da sind. Wenn ihr jemanden zum Reden braucht, bin ich auch gerne da. Und alle, die nicht LGBT+ sind, denkt daran, dass da nicht jeder so gerne drüber spricht. Und eine Bitte habe ich; Sobald ihr in irgendeiner Form von Homophobie bemerkt, schreitet ein. Ihr seid gut so, wie ihr seid.

Danke Feenfreundin für das Interview und auch Danke katinka-june fürs Interview führen

WeAgainst: HomophobieWhere stories live. Discover now