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Es klingelt zur ersten großen Pause und ich atme erleichtert aus. Ich schaue auf den Stundenplan, den Darren und ich von Mr Miller bekommen haben, und sehe, dass wir jetzt Sozialkunde im selben Raum haben. Also stehe ich auf und nehme nur meine Jacke um den Raum zu verlassen. Irgendwie enttäuscht, weil Darren ohne mich in die Pause gegangen ist, laufe ich alleine durch den Gang. Schließlich kennt er, soweit ich weiß, niemanden hier und wir könnten einander Gesellschaft leisten. Diesen Gedanken verwerfe ich sofort, da ich es niemals schaffen würde, ihn anzusprechen, geschweige denn anzusehen ohne rot zu werden. Das ist mir so gar nicht ähnlich. Normalerweise bin ich ziemlich locker im Umgang mit hübschen Typen. Weswegen es mich umso mehr verwirrt, dass Darren mir unter die Haut geht.
Seufzend gehe ich in die Cafeteria und halte Ausschau nach bekannten Gesichtern, doch hier sind so viele Menschen, sodass ich niemanden aus meiner Klasse erkennen kann. Wer hätte gedacht, dass ich in Sanville, eine so viel kleinere Stadt als Miami, so einsam fühlen würde. Ich vermisse Abigail.
Ich entdecke einen freien Tisch, wo noch niemand sitzt und laufe schnell auf ihn zu, doch noch bevor ich ihn erreichen kann, setzt sich eine Gruppe von Menschen dahin. Ich bleibe stehen und entdecke Bailee, Jenny und Aisha. Kurz überlege ich, zu ihnen zu gehen, doch entscheide mich dagegen. So viel Selbstvertrauen kann ich heute nicht von mir abverlangen.
„Hey Neue!", ruft Bailee auf einmal, gerade als ich einen anderen Platz suchen wollte und joggt auf mich zu. Ihre blonde Mähne wippt hin und her. „Setz' dich doch zu uns."
Sofort bin ich überfordert mit der Situation, weshalb ich mich räuspere und ein Lächeln aufsetze.
„Klar, danke."
Während wir auf die kleine Menschengruppe zu gehen und uns hinsetzen, ermahne ich mich innerlich, mich gefälligst zusammen zu reißen. Ich muss selbstbewusst wirken. Was ist heute nur los mit mir?
„Hey", lächelt Aisha mich an, als ich neben ihr Platz nehme. „Wie hießt du nochmal?"
„Bea", antworte ich und blicke einmal in die Runde. Ich kenne nur die drei Mädchen aus meiner Klasse, die restlichen vier sind mir fremd. Dann stellen sie sich vor. Der Typ, der neben mir sitzt beginnt.
„Ich bin Malik, Aisha's Bruder", sagt er und reicht mir die Hand. „Freut mich dich kennenzulernen, Bea." Er lächelt mich an und seine schwarzen Augen funkeln.
„Mich auch", murmle ich und ziehe meine Hand wieder zurück. Jenny rollt die Augen.
„So ist Malik immer, er muss jedes hübsche Mädchen anmachen, ignorier ihn einfach."
Ich nicke nur irritiert und werde leicht rot, wegen dem indirekten Kompliment.
„Das dauert mir zu lang", meint sie dann und fährt fort die anderen vorzustellen. „Das ist Camila", sie zeigt auf das blonde Mädchen, welche mir kurz zu lächelt und sich dann wieder ihrem Handy widmet. „Und das ist Blake." Auch der Typ neben Camila nickt mir kurz zu. Den Typen neben Aisha lässt sie aus, woraufhin er seufzt.
„Ich bin Liam, Jennys Ex, weshalb sie so tut, als würde ich hier nicht sitzen." Er schenkt mir ein Lächeln, welches ich erwidere.
Jenny ignoriert ihn und sieht zu Bailee. „Wie war dein Wochenende Bay", fragt sie Bailee, die daraufhin lacht.
„Woher kommst du denn?", fragt Malik und sieht interessiert zu mir.
„Aus Miami, hat sie doch in der Klasse gerade eben gesagt", meint Aisha und rollt die Augen, bevor ich antworten kann.
„Ich habe geschlafen", meint er nur und zuckt mit den Schultern. Während Aisha mit ihm streitet warum man im Unterricht aufpassen solle, statt zu schlafen, lasse ich meinen Blick durch die Cafeteria schweifen. Diese High-School hat scheinbar nichts Klischeehaftes an sich. Jeder sitzt mit wem er will, ruhig und normal. Keine Ober-Bitches oder Footballspieler, die sich aufspielen. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt und sitzt in seiner Clique.
Mein Blick fällt auf Darren. Er sitzt an einem Tisch mit ein paar Jungs und Mädchen, die angeregt miteinander reden. Doch er starrt auf den Boden, sein Gesicht ausdruckslos. Ich frage mich, woran er denkt. Jeglicher Versuch ihn einzuschätzen scheitert. Keine einzige Emotion ist aus seinem Gesicht zu lesen. Seine Lippen bewegen sich nicht, als würde er nicht einmal Atmen. Er sieht aus wie eine makellose Puppe, die ihre Schönheit präsentiert. Gott, wie kann jemand so schön sein?
Seine Statur wirkt charismatisch aber auch abschreckend. Er wirkt einladend und einschüchternd zugleich. Seine Haltung ist so edel, so schön. Man bekommt gar nicht genug davon, ihn anzusehen.
Plötzlich blicken seine blauen Augen direkt in meine. Ich versuche den Blick zu wenden, doch ich schaffe es nicht. Als wäre ich in einem Bann, sehe ich ihn an ohne zu blinzeln. Bis mich Malik antippt und ich aus der Starre erwache. Augenblicklich werde ich rot.
„Dein Freund?", fragt er und nickt in Darren's Richtung. Mein Herz macht einen Satz.
„Nein!", sage ich schnell und blicke auf mein Handy, das vor mir auf dem Tisch liegt. Keine Ahnung wie Malik darauf kommt und keine Ahnung weshalb es mir so gefällt, dass er denkt, ich sei seine Freundin.
„Ach komm, sei nicht so schüchtern", er grinst und rutscht näher an mich heran. Mir wird plötzlich unglaublich heiß und ich fühle mich unwohl. „Guck doch mal, wie er hierher starrt."
Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut und bekomme ein seltsames Gefühl. Reflexartig möchte ihn von mir schubsen, doch dann flüstert er mir ins Ohr: „Schau wie er aufgesprungen ist, weil ich mich dir genähert habe."
„Was?", frage ich verwirrt und vollkommen überfordert von seiner Geste und schaue zu Darren, der tatsächlich nicht mehr auf der Bank sitzt. Ich sehe wieder zu Malik, dann zu ihm. O Gott! Sofort schubse ich Malik von mir und höre ihn Lachen. Als ich wieder zu Darren gucke, wendet er den Blick. Und dieses Mal erkenne ich eine Emotion in seinem Ausdruck, die seine makellose Fassade zerstört; Wut.

the burden - Die Bürde unserer LiebeWhere stories live. Discover now