- 7 -

5 1 0
                                    

„Ihr seid furchtbar", lässt Ryan uns zum fünften Mal an diesem Nachmittag wissen und blickt Abigail finster an, als diese ihm nur ein breites Grinsen schenkt. Ich muss kurz lachen, ehe ich mich weiter mit Aisha unterhalte.
Wir sind seit zwei Stunden in der Mall zum Shoppen (mit wir meine ich Abigail, Bailee, Jenny, Aisha und mich) und davor zeigte ich meinen zwei Freunden, die ja zu Besuch da waren, ein wenig die Stadt. Eigentlich führten die anderen uns drei herum, da ich bisher selbst kaum etwas von der Stadt gesehen hatte. Seit dem Schulfest sind bereits sieben Tage vergangen und ich habe die ganze Zeit versucht nicht an Darren zu denken. Stattdessen habe ich mich mit Abigail und Ryan abgelenkt und die Ferien versucht irgendwie zu genießen, auch wenn ich ihn seltsamer- und idiotischer weise vermisse.
Auf jeden Fall meckert Ryan die ganze Zeit herum, anstatt selbst ein wenig zu shoppen und meint, als einziges männliches Mitglied, es besonders schwer zu haben. Zwar hatten wir meinen Bruder auch eingeladen, doch der hat ein Date mit seine Freundin, weswegen er dem ach-so-armen Ryan nicht Beistand leisten kann.
Aisha war gerade dabei angeregt von Youtuberin mit tollen Buchrezensionen zu berichten, als Abigail mich plötzlich am Arm zieht und „Tris!", zischt. Erschrocken sehe ich sie an.
„Was denn?"
„Ist das nicht dein Mr. Hot Butt?"
„Wer?"
Nun liegt auch die Aufmerksamkeit der gesamten Gruppe auf Abby, welche grinsend an mir vorbei sieht. Normalerweise würde ich schmunzeln, aufgrund des Spitznamen, den wir für Darren ausgedacht hatten, doch mir wird klar, dass er hier ist.
Wir folgen ihrem Blick und ich entdecke ihn. Er steht auf der anderen Seite der Mall, ist an die Wand gelehnt unterhält sich mit zwei Typen. Mein Herz setzt aus und ich merke wie mir ohne Grund unglaublich warm wird. Verdammter Darren.
Er sieht so gut aus, obwohl er nur eine einfache schwarze Jeans und ein schwarzes Shirt trägt. Er wirkt so unbefangen und lässig. Ich kann mich einfach nicht sattsehen.
„Mr. Hot Butt?", mischt sich nun Ryan ein und sieht in dieselbe Richtung. „Bist du nun mit dem zusammen?"
Das hat er mich die letzten Tage dauernd gefragt. Energisch schüttle ich den Kopf.
„Nein, natürlich nicht", antworte ich, mein Blick liegt immer noch auf dem schönen Mann. Doch ich wünschte es, geht es mir instinktiv durch den Kopf und ich seufze leise.
Ryan schnaubt spöttisch.
„Wäre auch lächerlich", meint er und wendet den Blick von Darren. Nun sehe ich ihn fragend an.
„Wie meinst du das?" Ich kann nichts gegen den säuerlichen Unterton in meiner Stimme tun.
Ryan zieht eine Augenbraue in die Höhe und ich rolle fast die Augen, wegen dem nervigen Blick den er draufhat. Denselben mit dem mein Dad immer herumläuft. Der Ich-bin-besser-als-dieser-Kerl-Blick. Bah.
„Sieh ihn dir an, Bea", sagt er nur, als wäre es offensichtlich.
Ich sehe zu Darren und genau in diesem Moment muss jemand von den Typen etwas Witziges gesagt haben, denn er fängt an zu lachen und es verschlägt mir die Sprache. Sein Kopf liegt im Nacken und ich kann sein Lachen bis hierher hören. Mein Herz geht förmlich auf.
„Das tue ich", antworte ich und beobachte Darren weiter. Himmel, er sieht aber auch so niedlich aus, wenn er glücklich ist.
„Bea, er sieht aus wie ein Krimineller. Hast du seine Tattoo's gesehen? Der ist bestimmt ein Gangmitglied irgendeiner Drogenmafia."
Meine Augen schellen zurück zu Ryan, welcher angewidert zu Darren schaut und Wut beginnt in mir zu brodeln.
„Da spricht doch nur die Eifersucht aus dir, Ryan", meint Abby nun, da sie merkt, dass ich kurz davor stehe, Ryan die Meinung zu geigen.
„Darren ist superheiß. Stimmt's Mädels?" Grinsend blickt sie in die Runde und die anderen stimmen zu.
„Er ist wirklich heiß", stimmt selbst Jenny zu, die ebenfalls fasziniert in Darren's Richtung guckt, obwohl sie immer so unbeeindruckt von allem zu sein scheint.
„Beatrice", sagt nun Bailee und ein leicht panischer Unterton schwingt in ihrer Stimme mit. „Er kommt auf uns zu."
Meine Augen weiten sich und ich denke, sie nimmt mich auf den Arm, doch sobald ich mich umdrehe, erblicke ich Darren mit finsterer Miene, welcher mit großen Schritten auf uns zu kommt. Sein Blick liegt fest auf mir.
Ich habe kaum Zeit mich irgendwie auf eine Konfrontation mit ihm vorzubereiten, denn er steht bereits vor mir und ich halte den Atem an. Seine blauen Augen wirken dunkler als sonst und ich frage mich, was ihn so verärgert hat.
„Wir müssen reden", sagt er und sieht mich todernst an, doch ich bekomme bereits weiche Knie, weil ich ihn solange nicht mehr reden gehört habe. Wie kann ich jemand Fremdes so sehr vermissen?
„Was?", ist das Einzige, das über meine Lippen kommt und ich klinge viel unsicherer, als ich es eigentlich will. Ich räuspere mich. „Warum?", frage ich, meine Stimme nun etwas fester. Gut so.
„Darum", erwidert er und greift nach meinem Handgelenk. Sofort beginnt diese Stelle zu kribbeln und auch die Schmetterlinge in meinem Bauch erwachen aus ihrem Schlaf und geben sich zu erkennen.
Ich versuche mich aus dem Griff zu befreien. Vergeblich.
„Was willst du Darren?", frage ich und beginne trotz der tobenden Glücksgefühle in mir, sauer zu werden.
„Reden", wiederholt er und erwidert meinen festen Blick und ich verfluche mein Herz, welches trotz der Kühle seiner Stimme, schneller zu schlagen beginnt.
„Du kannst mich nicht zwingen", meine ich, doch meine Stimme verliert ihre Glaubwürdigkeit, da mein Inneres bereits zu schmolzen begonnen hat, seit er nur mein Handgelenk berührt hat.
„Und ob", sagt er und zieht mich an sich, bevor ich es verhindern kann. Unsere Körper prallen aneinander und ich glaube für einen Moment, er umarmt mich.
„Jetzt komm mit", sagt er, seine Stimme leiser und auch weicher, und ich nicke wie ein Idiot unter seinem Bann in dieser absurden und seltsamen Situation.
Er dreht sich um, zieht mich mit sich und ich erwache aus der Starre.
Ernsthaft? Musste, dass mit der fast-Umarmung sein? Konnte er mich nicht gleich mit sich ziehen? Moment – er darf mich doch nicht zu einer Unterhaltung nötigen! Hilflos sehe ich zu meinen Freunden, die fassungslos Zeuge des Geschehens sind, doch sie unternehmen gar nichts. Allerdings scheint Ryan sich und seine Wut zurück zu halten, denn er sieht ziemlich aufgebracht zu Darren, welcher mich unbeirrt weg von meinen Freunden führt. Hinter der Rolltreppe, wo sie uns nicht mehr sehen können, bleibt er stehen.
„Was soll das?", zische ich, denn nun habe ich genug. Ich bin doch nicht sein Spielzeug! Erst sagt er, ich solle mich von ihm fern halten und jetzt veranstaltet er eine Szene um mit mir zu reden.
„Beruhig dich, ich will dich nur etwas fragen", fährt er mich an und ich werde wütender.
„Dann hättest du mich direkt Fragen sollen, anstatt sowas abzuziehen!", erwidere ich sauer und gehe einen Schritt nach hinten, da er mir gefährlich nahe ist und ich mich nicht auf meine Wut konzentrieren kann.
„Du und Ryan", bellt er und sieht mir wütend in die Augen. Ich warte, dass er weiterredet, doch er funkelt mich nur stumm an, als würde er eine Antwort erwarten.
„Wovon redest du?"
„Was läuft zwischen euch?", bringt er mühsam raus und geht einen Schritt auf mich zu. Ich gehe wieder einen zurück. Und er wieder einen auf mich zu. Bis ich mit dem Rücken an die Wand stoße – er beugt sich über mich. Meine Wut verpufft.
„Was läuft zwischen euch, habe ich gefragt, Tris", wiederholt er, seine Stimme tief und leise, kochend vor Wut.
„Das geht dich nichts an", antworte ich und versuche eine resignierte Miene aufzulegen, doch mein Herz schwillt vor Genugtuung an, dass er eifersüchtig ist. „Und jetzt, lass mich sofort los."
„Nein", sagt er und sieht mir herausfordernd in die Augen. Ich versuche seinem Blick mit derselben Wut und Ernsthaftigkeit, die in seinem liegt, Stand zu halten, dabei verwirrt mich diese Auseinandersetzung und mein Herz schlägt unkontrollierbar schnell.
„Was soll das, Darren?", frage ich nach einer Weile. Ich spüre seinen Duft in meiner Nase, so nah ist er mir. Seine Augen funkeln noch immer.
„Erst willst du, dass ich mich fern halte und jetzt ziehst du eine Eifersuchtsnummer ab." Meine Stimme klingt so selbstsicher und stark, dass ich mir innerlich auf die Schulter klopfe.
„Alles was ich will, ist es zu wissen, was zwischen dir und diesem Kerl läuft, Tris", er schließt für einen Moment die Augen und atmet erschöpft aus. „Mehr nicht. Bitte antworte doch einfach." Seine Stimme klingt nun etwas sanfter, doch seine blauen Augen, sind immer noch dunkel. Ich liebe es wenn er mich Tris nennt. Außer ihm und Abby tut es sonst keiner.
„Und ich", beginne ich, „Möchte wissen, was es dich angeht, Darren." Trotzig sehe ich ihn an. Dieses Spiel spielt man zu Zweit.
„Tris", sagt er gepresst und packt meinen Kopf. Plötzlich ist sein Gesicht direkt vor meinem und sein Atem prallt auf meine Lippen. Die Anspannung zwischen uns ist fast schon greifbar und ich halte unbewusst den Atem an. Mein Herz klopft so wild gegen meine Brust, dass er es einfach hören muss. Wenige Zentimeter trennen unsere Gesichter voneinander.
„Antworte doch einfach", flüstert er gequält und sieht mir erst in die Augen, dann auf die Lippen. „Bitte."
Ich erleide beinahe einen Herzinfarkt.
„Wir sind nur Freunde."
Ich schließe wohlig die Augen, als er eine Hand auf meine Wange legt und schmiege mich unwillkürlich an sie. Als ich die Augen öffne sind die dunkeln Wolken in seinen verschwunden. Sein Blick wird weicher, wandert immer wieder zu meinen Lippen. Ich bilde mir ein, ihn erleichtert aufatmen zu hören.
Die Lücke zwischen unseren Lippen wird immer kleiner, und kleiner und kleiner. Bis Ryan's Stimme uns aus dem magischen Moment reißt und in die Realität schleudert. Darren zieht seinen Kopf zurück, bleibt dennoch direkt vor mir stehen, unsere Körper berühren sich fast. Sein Blick liegt auf mir, doch ich sehe, dass er wieder wütend wird.
Als ich den Blick zu Ryan wende (den ich übrigens später umbringen werde), stelle ich erstaunt fest, dass auch er vor Wut kocht und Darren anstarrt.
„Ist etwas, Ryan?", frage ich völlig unbeeindruckt von ihm, da er kein Recht hat, sich so zu verhalten. Eine hinterhältige Stimme in meinem Kopf flüstert mir leise zu, dass Darren ebenso wenig Recht darauf hatte und es mir trotzdem gefallen hat.
„Ich wollte nur nachsehen, ob alles in Ordnung ist."
„Alles bestens, Ryan."
Ich spüre Darren's Atem, der stoßweise geht. Er wird sauer.
„Ist noch was?", frage ich und werde ungeduldig. Ryan sieht mich getroffen an und Schuldgefühle melden sich in meinem Hinterkopf, doch ich versuche es zu verdrängen, schließlich hat Ryan Darren ohne Grund als Gangster beleidigt.
„Wir sollten langsam aufbrechen", antwortet Ryan nun etwas leiser und ich nicke.
„Ich komme gleich."
Ein letztes Mal blickt er zwischen uns hin und her, ehe er dann endlich geht.
Ich sehe wieder zu Darren. Sein Blick liegt fest auf mir, nicht deutbar. Dann legt er die Hände wieder an meine Wange und drückt seine Lippen auf meine Stirn.
Und ich zerschmelze innerlich wie Wachs.

the burden - Die Bürde unserer LiebeWhere stories live. Discover now