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Wir nehmen im Wohnzimmer Platz und mittlerweile haben sich hier aufgrund meiner Anwesenheit alle Geschwister versammelt und er hat ganze fünf davon. Vier sind Mädchen, alle jünger als fünfzehn und das einjährige Baby ist ein Junge, wie ich erfahren habe. Die siebenjährige mit der wilden Lockenmähne sitzt dicht neben Darren und beobachtet mich verstohlen. Ihr Name ist Auburn. Summer sitzt mir gegenüber auf einem Stuhl und neben ihr, ihre Zwillingsschwester Winter. Sie sehen aus wie ein und dieselbe Person. Beide leichte, dunkelbraune Locken, braune Knopfaugen und tiefe Grübchen, die erscheinen, sobald sie lächeln.
Die älteste der Mädchen ist Emma, sie ist fünfzehn und sitzt neben Auburn. Sie hat lange braune Haare, die ihr wie Wasser den Rücken hinunterfließen. Sie ist unglaublich hübsch, mit blauen Augen, hohe Wangenknochen und niedlichen Sommersprossen. Alle sehen mich schüchtern an.
Darren allerdings blickt Summer finster an.
„Wie oft habe ich dir gesagt, jage Auburn keine Angst ein, Summer!", fährt er seine Schimpfparade fort. Diese sieht zu Boden.
„Tut mir leid", murmelt sie und erweckt mein Mitgefühl, weswegen ich eine Hand auf Darren's Oberschenkel lege, ehe er weiter schimpft. Seine Augen werden augenblicklich weich, sowie mein gesamtes Inneres.
Das Wohnzimmer ist erstaunlich klein für eine so große Familie, sowie die Couch, der Couchtisch und der Fernseher auch. Alles ist viel kleiner als bei mir Zuhause oder bei Abigail und Ryan. Ich bin es nicht gewohnt. Dennoch sprüht sie nur vor Liebe und Vertrautheit.
Tausend Fragen liegen auf meiner Zunge, doch ich traue mich nicht sie vor seinen ganzen Schwestern zu stellen, weswegen ich versuche, meine Neugier im Zaun zu halten.
„Mädels, wo sind eure Manieren?", fragt Darren nun und sieht seine Schwestern tadelnd an. „Hast du Hunger, Tris? Durst?", fragend sieht er mich an und ich lächle.
„Nein Danke, Darren."
„Ich bringe dir etwas zu trinken", sagt er trotzdem, schenkt mir ein leichtes Lächeln, steht auf und verlässt das Wohnzimmer.
„Also", beginnt Summer und ein vielsagendes Grinsen liegt auf ihren Lippen. „Bist du Darren's Freundin?"
Überrascht weiten sich meine Augen. Von wegen Schüchtern! Ich muss lächeln.
„Summer!", tadelt Emma sie. Dann sieht sie mich an. „Bist du's?"
„Nein, bin ich nicht", antworte ich grinsend.
„Und was machst du dann hier?", fragt Winter. „Das meinte ich nicht gemein, reine Neugier", erklärt sie dann.
„Darren bringt nie Mädchen mit", sagt nun Auburn und sieht mich aus großen Augen an.
„Ich, äh-"
„Schon okay, du bist hübsch. Ich mag dich", sagt sie dann und ein breites Grinsen liegt auf ihrem süßen Gesicht.
„Danke, ich mag dich auch", erwidere ich lächelnd.
„Seid ihr in derselben Klasse?", fragt nun Winter und ich nicke.
„Wir sind beide neu in der Klasse, witzig was?", ich lache kurz. „Dabei wechselt kaum jemand zu dieser Zeit im Jahr", überlege ich laut. Das fällt mir erst jetzt auf.
„Ja, wir sind sehr froh, dass er endlich auch hierher zu uns gezogen ist", sagt Emma dankbar und sieht gedankenverloren zu Boden.
„Ihr wart schon vorher hier?", frage ich überrascht.
„Äh", Emma sieht mich panisch an, als hätte sie ein Geheimnis ausgeplaudert. In diesem Moment kommt Darren rein, mit einer Cola-Dose in der einen Hand und ein Teller mit Auflauf in der anderen. Sein Anblick lenkt mich ab, doch ich bin dennoch verwirrt.
„Hier", er stellt es vor mir auf dem niedrigen Tisch ab.
„Danke, das wäre nicht nötig gewesen", murmle ich, doch lächle ihn dankend an.
„Keine Ursache. Mom kommt erst in einer Stunde, wir wollen ja nicht, dass du verhungerst", sagt er und lächelt mich an. Gott, diese Schönheit bringt mich noch um und ich vergesse augenblicklich die seltsame Situation von gerade eben.
„Mädels wollt ihr ihr etwa beim Essen zuschauen?"
Die Schwestern schütteln natürlich den Kopf und stehen eine nach der anderen auf, um das Wohnzimmer zu verlassen.
„Du hättest sie nicht verscheuchen müssen", sage ich und blicke auf den Nudelauflauf herab. Ich habe eigentlich gar keinen Appetit, dennoch nehme ich einen Bissen und seufze. Es schmeckt wirklich gut.
„Himmlisch", stöhne ich mit vollem Mund und Darren grinst.
„Meine Mutter ist die beste Köchin", meint er stolz und ich nicke zustimmend. „Besser als alles was mein Dad bisher gekocht hat, ist es auf jeden Fall."

Nachdem Essen helfe ich Darren beim Abwasch und danach gehen wir in sein Zimmer. Endlich, denn ich platze vor Neugier, endlich sein Zimmer sehen zu können. Schließlich sagt das Schlafzimmer viel aus über eine Person und ich kann es nicht erwarten mehr über Darren herauszufinden.
Wir betreten das Flur und ich stöhne fast vor Enttäuschung. Denn sein Zimmer ist unpersönlicher als ein Hotelzimmer. Es ist sehr klein, ein Bett ist auf der linken Seite und ein Schrank auf der rechten. Kein Schreibtisch, kein Fernseher oder Laptop. Kein einziges Bild hängt an der Wand und ich merke sogar, dass seine Bettdecke ziemlich dünn ist, als wir uns darauf setzen.
„Ich weiß, du bist besseres gewohnt...", beginnt er, doch ich unterbreche ihn sofort.
„Ich mag es hier", sage ich und sehe ihm in die Augen. Er soll wissen, dass ich es ernst meine.
„Wirklich?"
„Ja. Es ist nur..." Ich überlege. „So unpersönlich. Keine Bilder oder Bücher. Nicht einmal ein Kuscheltier?"
Er schmunzelt.
„Ich bin groß genug um ohne mein geliebtes Kuscheltier zu schlafen, keine Sorge." Seine Mundwinkel zucken nach oben. Ich rolle die Augen, muss aber auch grinsen.
„Und wieso hängen nirgends Bilder?"
Sein Lächeln verschwindet wieder und er wendet den Blick. Mist, was habe ich jetzt wieder gesagt?
Gerade will ich mich entschuldigen, da steht er auf und kniet sich auf den Boden. Verwirrt verfolge ich, wie er unter dem Bett eine Schachtel hervorzieht. Dann setzt er sich mit der Box in der Hand wieder neben mich. Seine Oberschenkel berührt meine, doch ich versuche das Kribbeln zu ignorieren, da es nun wirklich nicht passt. Ich sehe ihn an.
„Hier sind ein paar Bilder." Er blickt auf seinen Schoß, wo die weiße Schachtel liegt. „Willst du sie sehen?"
Natürlich nicke ich sofort und bin sprachlos, da er Momente aus seinem Leben mit mir teilen möchte. Mir wird warm wegen seinem Vertrauen.
Ich öffne vorsichtig die Box und lege den Deckel weg, sehe zu Darren, doch dieser blickt zu Boden. Ich nehme das erste Bild heraus und erkenne zwei Babys.

the burden - Die Bürde unserer LiebeWhere stories live. Discover now