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Müde lehne ich meinen Kopf gegen die Scheibe und versuche krampfhaft nicht einzuschlafen. Ich gähne erneut und wieder schließen sich meine Augenlider automatisch.
„Bea", ermahnt mich Bailee und deutet mit einem Nicken zu unserem Lehrer, der noch immer irgendeine Rede hält, doch ich kann mich nicht auf seine Worte konzentrieren. Ich gähne wieder.
Ich habe gestern die ganze Nacht mit Abigail telefoniert und bereue es jetzt schon. Doch ich habe jemanden zum Reden gebraucht, sonst wäre ich explodiert. Es ist nun drei Tage her, dass ich meine Jungfräulichkeit verloren habe und Darren verhält sich ziemlich distanziert. Er küsst mich nicht, hält nur meine Hand. Er hat sogar gemeint, ich solle auf der Rückfahrt nach Hause neben Bailee sitzen. Und deswegen sitze ich nun im Bus, unglaublich müde, neben Bailee, die gelangweilt unserem Lehrer zuhört.
Das Gespräch mit Abby hat mir so gutgetan. Wie immer hat sie gewusst, was zu tun ist. Sie ist der Meinung, dass das zwischen mir und Darren etwas Besonderes ist, und dass ich alles in meiner Macht Stehende tun soll, um das zu wahren. Natürlich habe ich ihr nicht alle Einzelheiten erzählt, schließlich hat Darren mir diese Sachen anvertraut. Doch als ich erzählt habe, dass er sterben wollte, bevor er mich kennengelernt hat, hat sie geweint (sie ist sehr emotional). Sie hat mich gefragt ob ich ihn liebe und ob ich die Nacht bereue. Ich habe natürlich darauf geantwortet, dass ich ihn sehr liebe und nichts bereue. „Was ist dann das Problem?", hat sie daraufhin gefragt. Ich schwieg, obwohl ich die Antwort wusste; Ich habe wegen Darren geweint. Und ich weine eigentlich nicht, denn es erweckt Erinnerungen an meine Mutter... Ich habe das ständige Gefühl sie wieder verloren zu haben.
Der Verlust meiner Mutter war furchtbar, das Schlimmste, das ich jemals erlebt habe. Und die Erinnerung daran, erweckt all die damaligen Emotionen und den schrecklichen Schmerz.
Als Mr Miller endlich aufhört zu reden, seufze ich erleichtert, lehne meinen Kopf an Bailee's Schulter, schließe die Augen und döse weg.

Ich bekomme weder die Raststätten mit, an denen wir halten, noch wann wir ankommen. Deswegen bin ich mehr als verwirrt, als ich verschlafen und hungrig aufwache und in sehr langsamen Bewegungen aus dem Bus steige. Kurz strecke ich mich und sehe mich danach nach meinen Freundinnen um.
Plötzlich entdecke ich einen Typen, der auf einem Stein sitzt und durch die Gegend blickt. Dann sieht er mich an und... starrt. Seine dunklen Augen mustern mich von Kopf bis Fuß und dann sieht er mir mit einem wachsenden Grinsen in die Augen. Ich fühle mich auf Anhieb unwohl und bin etwas überfordert, als er mir auch noch zu zwinkert.
„Bea, dein Koffer!", ruft Bailee und ich eile erleichtert zu ihr, spüre allerdings noch immer den Blick vom Kerl auf mir. Ich nehme mein Koffer und schultere meine Tasche, als jemand mein Oberarm berührt. Ich zucke zusammen.
„Baby?", Darren sieht mich besorgt an und ich erwidere erleichtert seinen Blick. Lächelnd genieße ich seinen Anblick; er ist wirklich hinreißend.
„Der ganze Ausflug...", beginnt er und ich verstumme ihn, indem ich meine Lippen auf seine presse. Er seufzt erleichtert in den Kuss und vertieft ihn, in dem er mit der Zunge in meinen Mund eindringt.
„Ich habe dich vermisst", sagt er leise, nachdem wir uns lösen. Er sieht mich ernst an und ich nicke.
„Ich dich auch." Ich drücke seine Hand.
„Es tut mir leid, falls ich dich zu irgendetwas bedrängt habe, Tris, ich wollte dir nie weh tun."
„Ich wollte es, Darren", ich sehe ihm fest in die Augen. „Und ich bereue gar nichts." Doch er scheint mir nicht wirklich zu glauben, weswegen ich ihm beide Hände auf die Wange lege.
„Ich liebe dich, Darren." Dann küsse ich ihn wieder kurz und er zieht mich in eine Umarmung. Er atmet erleichtert aus. Und ich genieße seine Wärme, die mich auf der Stelle umhüllt und seufze.
„Jo Darren!", ruft jemand und sorgt dafür, dass er sich von mir löst und sich umsieht.
Als ich sehe, wem die Stimme gehört, erstarre ich. Der Kerl von eben, der mich beobachtet hat. Er grinst, als er vor uns zu Stehen kommt.
„Chris?", erwidert Darren überrascht, lässt meine Hand los und umarmt den Typen. „Was machst du denn hier?" Sie klopfen einander auf die Schultern und ich stehe schweigend neben ihnen. Von weitem winken mir Bailee und so zu, die schon nach Hause gehen.
„Ich versuch seit Tagen dich zu erreichen, deine Ma sagte, du kommst heute. Da dachte ich, ich hole unseren Kleinen ab", er grinst und Darren lacht, ehe er seinen Freund auf die Schulter boxt.
Mein Herz geht auf, als ich sehe, wie unbekümmert und locker sie sich unterhalten, auch wenn der Typ unfreundlich wirkt. Darren scheint mich allerdings vergessen zu haben, denn er sieht verwirrt zu mir, als sein Kumpel fragt, wer ich bin.
„Beatrice", antwortet er schließlich und legt einen Arm um mich. „Meine Freundin." Mein Herz geht auf.
Chris' Gesichtsausdruck ändert sich für einen Moment, ehe er ein Grinsen aufsetzt und mir zu nickt.
„Freut mich, Beatrice." Dann schüttelt er lachend sein Kopf. „Fuck, Mann, hätte ich gewusst, dass die Kleine zu dir gehört, hätte ich sie vorhin nicht so abgecheckt. Sorry Beatrice", er grinst schief und ich werde rot.
„Passt schon", murmle ich.
„Ja, sie gehört zu mir", bestätigt Darren und sieht warnend seinen Freund an. Mir wird noch wärmer.

Zwanzig Minuten später stehe ich vor meiner Haustür und winke Darren und Chris zum Abschied, die mich Heim gefahren haben. Als ich das Haus betrete, riecht es himmlisch nach Käse, weswegen ich meine Sachen im Flur liegen lasse, um nach zu sehen, was gekocht wird. Zu meiner Überraschung stehen Lydia und Brianna zusammen am Herd.
„Oh!", ruft Lydia, als sie mich sieht und zieht mich in eine Umarmung. „Schön, dass du wieder da bist. Wie war dein Ausflug?"
„In Ordnung", lächle ich und ich denke kurz an Darren, blende ihn aber wieder aus (soweit es möglich ist). Auch Brianna umarmt mich kurz. Wir führen Smalltalk.
„Du kommst doch Samstag zu meinem Geburtstag, oder?" Grinsend sieht sich mich an. „Mit Darren."
Ich unterdrücke es, die Augen zu rollen.
„Oh ja, das wird sicher toll", bestätigt Lydia und nur wegen ihrem Lächeln nicke ich.
Na toll, dass kann ja was werden.

the burden - Die Bürde unserer LiebeWhere stories live. Discover now