- 16 -

7 1 0
                                    

„Hi", begrüße ich meinen Vater und seine Freundin, als ich das Wohnzimmer betrete. Natürlich steht sie auf und zieht mich sofort in eine mütterliche Umarmung. Meine Kehle schnürt sich zu – verdammt, ich bin zu emotional zurzeit. Dabei hatte ich meine Periode schon vor einer Woche.
Lydia teilt mir mit, dass Owen und Derek im Spielzimmer sind, weswegen ich zu ihnen gehe, um mich abzulenken, denn Darren's Wörter spuken noch immer in meinem Kopf herum. Was beschäftigt ihn so sehr?
Als ich das Spielzimmer betrete, kann ich das laute Lachen der Jungs schon hören und muss lächeln. Vielleicht wird das ganze Zusammen-Ziehen-Ding ja doch nicht so schlimm. Dann wandern meine Gedanken zu Brianna und mir wird flau im Magen.
„Hi Jungs", begrüße ich die Zwei, doch beide starren wie gebannt zum Fernseher und konzentrieren sich auf ihre Spielkonsole. Ich rolle die Augen und nehme Platz. Dann bin ich halt ein stiller Gast.
Die Zeit vergeht und ich stelle erstaunlicherweise fest, dass es mehr Spaß macht, Jungs beim Playstation zocken zuzusehen, als erwartet. Nach nicht Mal einigen Minuten fiebere ich schon richtig mit.
„Nächste Woche hat Brianna Geburtstag, ihr könnt ja auch kommen", schlägt Owen  irgendwann vor und ich mustere sein Profil von der Seite. Er würde gut zu einer meinen Freundinnen passen. Aber zu welchen?
„Ich bin von Dienstag bis Freitag auf Klassenfahrt", erwidere ich nur, da ich denke, dass es als Ausrede reicht und wende den Blick wieder nach vorne.
„Die Party findet am Samstag statt", sagt Owen. „Du kannst ja Darren mitbringen – Brie besteht darauf." Er grinst mich kurz an.
„Wer ist das denn?", will nun Derek wissen.
„Jemand aus meiner Klasse", antworte ich schnell und weiche seinem Blick aus. „Ich werde ihn fragen...", murmle ich, während ich hoffe, dass er nicht hingehen möchte.
Die Jungs widmen sich wieder ihrem Spiel und meine Gedanken wandern nun zu Darren. Ich seufze. Genau in diesem Moment bekomme ich eine Nachricht.
»Ich denke an dich«
Oh Darren, ich auch an dich. Ich kann gar nicht aufhören zu lächeln.

Als ich am nächsten Tag die Schulbibliothek betrete und Darren entdecke, bildet sich ein Grinsen auf meinen Lippen.
„Hi", begrüße ich ihn und will ihn umarmen, doch er hat andere Pläne, nimmt meine Hände, zieht mich zu sich und legt seine Lippen auf meine. Überrascht erwidere ich den sanften, fast keuschen Kuss und seufze zufrieden. Er trennt sich von mir und sieht mich an. Sofort fallen mir die Augenringe auf, dich sich auf seinem schönen Gesicht abzeichnen. Er sieht so müde und erschöpft aus. Ich lege besorgt eine Hand an seine Wange und streiche über die Bartstoppeln. „Geht's dir gut?" Er nickt und küsst meine Handinnenfläche.
Wir nehmen nebeneinander Platz, meiner Hand in seiner, auf die er gedankenverloren Kreise malt. Als ich ihn wieder frage, ob alles in Ordnung ist, küsst er meine Wange und antwortet nicht. Mein Herz zieht sich zusammen. Er ist mir so nah, doch scheint gleichzeitig so fern zu sein.
„Darren", sage ich vorsichtig. „Was ist mit dir seit Tagen los?"
Er sieht auf unsere Hände, die miteinander verschränkt auf seinem Schoß liegen.
„Hey", sage ich sanft. „Du kannst mir alles sagen", verspreche ich ihm und suche seinen Blick, damit er merkt, wie ernst ich es meine.
Als er mich ansieht, bricht mein Herz. Verzweiflung glänzt in seinen schönen Augen, doch er schweigt. Wortlos ziehe ich ihn zu mir und umarme ihn. Sein Kopf ruht auf meiner Brust, ich lege mein Kinn darauf und streiche über sein Haar. Langsam erwidert er die Umarmung und schließt seine Arme um meine Taille und schließt die Augen. Ich verteile Küsse auf seinem Kopf, seiner Schulter und hoffe, dass er sich ein wenig besser fühlt. Ich wünschte er würde reden.
„Was belastet dich so sehr?", flüstere ich, hoffend auf eine Antwort und er zieht mich enger an sich.
„Ich verdiene dich nicht", ist das einzige, das er murmelt und seufzt gegen mein Oberteil.
„Sag das nicht." Tränen sammeln sich in meinen Augen doch ich kann sie unterdrücken. Ich atme tief durch und küsse wieder sein Haar.
So sitzen wir einige Minuten ohne ein Wort zu sagen.
„Ich hatte einen Kumpel", beginnt er irgendwann zu reden und ich zucke fast zusammen vor Schock. Doch ich erwidere nichts, damit er weitererzählt und halte den Atem an.
„Blake. Du hast ihn gesehen, auf dem einen Bild, die in der Schachtel waren. Er war mein bester Freund, seit der Grundschule", fährt er fort. Ich streiche weiter durch sein Haar. „Er war wie mein Bruder... Nicht nur für mich, auch für meine Schwestern. Er war quasi ein Familienmitglied. Meine Familie war seine und seine war auch meine. Sein Vater behandelte mich wie seinen eigenen Sohn", er schmunzelt, an der Erinnerung daran. „Sein Dad war echt klasse, das Gegenteil von meinem Vater. Kein Wunder das Blake so ein großartiger Mensch war." Er schnaubt und ich versuche die Informationen zu verarbeiten. Sein Dad war ein schlechter Mensch?
„Ich vermisse ihn."
„Ist er noch in London?"
„Er hat sich vor zwei Jahren umgebracht." Die Kälte in seiner Stimme und die Bedeutung der Worte trifft mich so unerwartet, dass ich zusammenzucke. „Genau vor zwei Jahren. Ich habe um diese Zeit des Jahres Schlafprobleme."
Mein Herz setzt aus und Tränen sammeln sich in meinen Augen, als mir klar wird, was er mir soeben anvertraut hat. Sein bester Freund! Sein Bruder nahm sich sein eigenes Leben! Wie furchtbar das sein muss. Ich denke an Abigail und sofort bricht mein Herz.
„Das tut mir so leid, Darren", flüstere ich leise, da ich nicht weiß, was ich sonst sagen kann und verstärke meinen Griff.
„Mir auch", erwidert er und wir verbringen die restliche Doppelstunde schweigend, Arm in Arm.

the burden - Die Bürde unserer LiebeWhere stories live. Discover now