Bedürfnis von Nähe und Zuneigung

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Am nächsten Morgen erwachte Hinata mit einem dumpfenden Schmerz im Kopf und setzte sich gleich auf um nach seiner Wasserflasche zu greifen. Sein Hals fühlte sich so trocken an, als hätte er eine Hand voll Sand gegessen und gierig trank er die ganze Flasche aus.
Kageyama schlief noch deswegen schlich er sich leise aus dem Zimmer um sich die Zähne zu putzen denn der Geschmack in seinem Mund war leider immer noch da. Mit Zahnbürste und Zahnpasta bewaffnet ging er raus auf den Flur und schlurfte gähnend Richtung Waschraum. Im Gemeinschaftsraum traff er auf Daichi und Koshi die gerade vom Duschen gekommen waren und mit müden Blick sah Hinata die zwei an. Seit er wusste das die beiden eine Beziehung führten sah er sie mit anderen Augen. Sie liefen dicht nebeneinander und gerade Daichi wirkte ziemlich ungezügelt mit offener Zurschaustellung von Gefühlen für seinen Mitspieler. Er brührte ihn so oft er es konnte und gerade jetzt lag sein Arm im Rücken des Zuspielers was vertraut wirkte.
Der silberharrige Junge genoss sichtlich diese Berührungen und sah glücklicher aus als sonst, falls das möglich war.
Ihre Augen begegneten sich und Sugar stupste Daichi an woraufhin auch dieser Hinata ansah.
"Hey Hinata wie gehts dir", fragte Daichi vorsichtig und sie blieben stehen.
"Ganz gut, muss nur dringend Zähne putzen", meinte er und versuchte den Belag in seinem Mund irgendwie mit Spuke runterzuschlucken, was ihm natürlich nicht gelang.
"Ah kann ich verstehen. Ist dein erstes Mal Alkohol gewesen oder?"
"Abgesehen von ein paar Schlucken an Silvester oder zu besonderen Anlässen, ja", meinte Hinata ehrlich.
"Ist in Ordnung, man muss denke ich nicht stolz drauf sein gegen das Gesetz zu verstoßen", sagte Sugawara mütterlich und die anderen beiden mussten grinsen.
"Na ja ich glaube Kageyama hat dich gestern gut aufgepeppelt, du sahst danach schon viel besser aus", erinnerte sich Daichi.
"ja, ich glaube die Dusche hat echt gut getan", bestätigte er, wurde jedoch allein bei dem Gedanken daran rot. Hoffentlich bemerkten die beiden es nicht. Obwohl, wahrscheinlich wussten sie bereits das es mehr als kaltes Wasser im Duschraum gegeben hatte.
Bei den wissenden Blicken die sie einander im folgenden Moment zuwarften bestand kein Zweifel.
"Also ich geh dann mal", beeilte der Rotschopf sich zu sagen und machte sich nach einem kurzen "bis später" schnell auf den Weg.
Im Waschraum war er still, er hatte gar nicht auf die Uhr gesehen und leider befand sich auch hier kein Ziffernblatt das ihm hätte sagen können wieviel Zeit ihm für seine Morgenrotine blieb.
Draußen war auf jeden Fall schon die Sonne aufgegagen, also musste es bereits nach sieben sein.
Mit halb geschlossenen Augen putzte er Gedanken verloren seine Zähne was ihm ein zufriedenes Gefühl bereitete, da es jetzt ausschließlich nach Pfefferminze auf seiner Zunge schmeckte.
Zwei warme Arme umschlangen ihn von hinten und er wurde gegen eine starke Brust gedrückt.
Er musste nicht die Augen öffnen um zu wissen wer es war. Der Geruch der beim Betreten des Raumes zu ihm herüber geschwappt war, hatte es ihm bereits verraten. Erstaunlich, es hatte nur wenige Tage gebraucht um diese Verbindung zwischen ihnen, so intensiv werden zu lassen.
Eine Weile sagten beide nichts, man hörte nur Hinatas gleichmäßiges Schruben.
Kageyama war kein Junge der großen Worte das wusste er nur zu gut, aber in all dem, das er hier war, das er ihn umarmte, das er seine Nähe suchte und sich für ihn interessiete lag schon soviel das es keine weiteren Bekundung  benötigte. Wahrscheinlich hatte der schwarzhaarige, sonst meist grimmige Zuspieler, lange gebraucht um diese Seite von sich einem anderen zu zeigen. Eine liebevolle, bedürftige und anhängliche Person tief vergraben hinter der Maske die er nach außen hin meist aufsetzte.
Er hörte wie der größere sein Gesicht in seinen Haaren vergrub und leise einatmete. Womöglich hatte er sich noch nie solange die Zähne geputzt, er wollte die vertraute Situation einfach nicht unterbrechen, doch irgendwann beugte er sich vor und spukte aus, gurgelte und spukte erneut aus. Hinter sich spürte er immer noch den bettwarmen Körper des Jüngeren, wobei nur seine Hüften ihn berührten. Sein Hintern drückte gegen den anderen und er erinnerte sich an den kurzen Moment in der Dusche im Badehaus. Es fühlte sich nicht unangenehm an, was es vielleicht sollte. Noch nie hatte er darüber nachgedacht wie es war wenn zwei Jungs miteinander intim waren. Allein bei dem Gedanken daran wurde er rot, gut das er gerade sein Gesicht wusch und man es nicht sehen konnte. Noch vor ein paar Wochen hätte er diesen Gedanken als schmutzig oder pervers abgetan, doch nun da er wusste wie schön es sich anfühlen konnte von einem anderen Jungen, genauer gesagt von Tobio berührt zu werden dachte er ernsthaft darüber nach den ganzen Weg mit ihm zu gehen. Ob er das auch tat?
Oder er es von ihm vielleicht erwartete?
Er trocknete sich das Gesicht ab und öffnete die Augen. Im Spiegel vor sich sah er zum ersten Mal ihr Spiegelbild. Sein Herz ging auf. Irgendwie fühlte es sich vertraut an, ein bisschen wirkten sie wie die beiden die er gerade noch auf dem Flur getroffen hatte.
Ob die beiden auch schon den nächsten Schritt getan hatten? Niemals würde er sich trauen sie zu fragen aber vielleicht konnte er mal mit Suga darüber reden.
Langsam drehte er sich um und lies sich von dem Größeren ans Waschbecken drücken.
"Morgen", flüsterte sein Gegenüber und es war das erste Wort das er seit dem Betreten an ihn richtete. "Morgen", erwiderte er und musste grinsen.
Ihm fiel es doch eindeutig schwerer das alles zu akzeptieren, das konnte er in seinen Augen sehen. Nach Berührung lechtzend legte Kageyama ihm die Hände auf den Rücken.
Ein bisschen wie Natsu.
Sie wollte auch immer mit ihm kuscheln und tat dies völlig ohne weiteren komplizierten Gedanken. Ein Bedürfnis von Nähe und Zuneigung das gestillt werden musste. Hinata war damit aufgewachsen dieses Bedürfnis zu haben, zu geben und zu genießen, bei dem Zuspieler jedoch konnte er sich das nicht vorstellen. Seine Eltern hatte er noch nie gesehen, Geschwister hatte er keine und soweit ihm bekannt war, hatte er außer dem Volleyballteam nicht sonderlich viel Kontakt zu anderen Mitschülern, die er hätte als seine Freunde bezeichnen können.
Also war dieses Gefühl für ihn komplett neu und ungewohnt.
Hinata fasste mitfühlend an seine Wange und sah ihm in die Augen.
Dann schlug er kichernd vor: "Wer schneller im Zimmer ist?"
Wenige Sekunden später sprinteten sich durch den Flur, vorbei an schreienden Teammitgliedern und grummeligen Morgenmuffeln.

kagehina kribbeln im BauchOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz