Umgedrehte Psychologie

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Hinata riss die Augen auf und fuchtelte wild mit den Armen, bis er ein leises Lachen hörte.
"Idiot, ich wusste du würdest schreien, egal was ich mache. Ist echt scheiße dunkel hier, ist dir kein besserer Ort eingefallen", meinte Kageyama und lies ihn los. Er nahm erst mal einen tiefen Atemzug, dann drehte er sich um und funkelten den anderen böse an.
"Du hättest ja auch einen anderen Ort vorschlagen können", maulte er und sah in das Gesicht seines Freundes und konnte ihm nicht böse sein.
Für einen Moment standen sie nur voreinander und es war irgendwie unangenehm, deshalb blickte er schnell auf seine Schuhe. Manchmal war der größere echt einschüchternd.
"Komm da vorne ist ein kleiner Spielplatz, da können wir uns bestimmt irgendwo hinsetzen", meinte Kageyama und Hinata spürte wie angespannt der andere war.
Sie gingen also durch die Dunkelheit und tatsächlich tauchte dann ein kleiner Spielplatz auf und sie liesen sich auf zwei Schaukeln nieder.
So richtig wusste der Mittelblocker nicht wie er anfangen sollte deshalb schwieg er erstmal und baumelte nur mit den Füßen herum.
"Hast du deiner Mutter bescheid gesagt", fragte der schwarzhaarige plötzlich sah dabei aber auf seine Füße die im Sand Spuren zogen.
"Nein, hab mich rausgeschlichen, du?"
"Natürlich nicht, ich weiß nicht ob sie mich hätten gehen lasen".
"Sind sie so sauer", fragte Hinata und bekam gleich ein beklemmendes Gefühl im Magen, das er den anderen ja eigentlich überredet hatte zu kommen.
"Also mein Vater geht mit der Sache eigentlich ganz cool um, ihm ist es nur wichtig das ich die Schule fertig mache und mich nicht ablenken lasse", erklärte Kageyama sah ihn dabei aber nicht an.
"Und deine Mutter". Unsicher ob er damit nicht einen wunden Punkt getroffen hatte, sah er zu seinem Teamkameraden hinüber, um an seiner Mimik zu sehen wie es ihm ging.
Dieser verzog das Gesicht ein wenig und seine Stirn war angespannt.
"Mein Vater hat gesagt, das sie befürchtet das die Nachbarn reden werden und das sie will, das ich in der Öffentlichkeit den Schein ware oder sowas. Aber das ist eh nicht mehr lange wichtig".
Den letzten Teil flüsterte er so leise das er ihn fast nicht verstanden hätte. Was sollte das denn bedeuten? War noch irgendwas anderes passiert, mit dem er einfach nicht rausrücken wollte?
Er wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und fragte deshalb vorsichtig: "Du und deine Mutter steht ihr euch denn näher als du und dein Vater"?
"Nicht wirklich, sie hat sehr früh wieder angefangen zu arbeiten und ist ein sehr zielstrebiger Mensch."
"Aber das bist du doch auch"?
"Stimmt", murmelte Kageyama und sah zur nächsten Straßenlaterne hinüber, unter deren Licht sich ein paar Motten sammelten.
"Aber ist sie immer so.. ", er suchte nach Worten ".. kühl"?
"Kann ja nicht jeder so sein, wie das Sonnenscheinchen von Mutter das du hast", antworte Tobio zerknirscht und biss die Zähne zusammen.
Ok, eindeutig falsches Thema, aber irgendwas steckte doch dahinter, das er so gereizt reagierte.
"Ja, ich habe echt Glück. Ich könnte mir nicht vorstellen ohne meine Mutter aufzuwachsen", sagte Hinata ehrlich und merkte wie der andere sich verspannte.
Eine Weile blieb es still, so unangenehm still, das Hinata es fast nicht mehr aushielt. Kageyama hatte seinen Kopf hängen lassen und starrte schweigend auf seine Füße.
So konnte das doch nicht weitergehen. Mit einem leisen Geräusch stand er von der Schauckel auf und kniete sich vor den Setter.  Jetzt konnte er unter seine schwarzen Strähnen blicken und sah das seine Augen glasig waren. Irgendwas bedrückte ihn doch, wieso sagte er es nicht einfach.
Ohne eine weiter Überlegung fiel er dem anderen um den Hals. Er musste ihn einfach drücken, er brauchte das. Und tatsächlich zögerte der andere keine Sekunde und umarmte den Kleineren mit einer Intensität, die ihm fast schon Angst machte. Trotz der dicken Jacken die sie beide an hatten, spürte er seine Wärme und das er ein wenig zitterte, ob das durch die Kälte kam?
Am liebsten wäre er jetzt mit ihm zusammen im Bett gelegen und hätte ihn einfach weiter im Arm gehalten. Manchmal scheute sich der größere vor Berührungen, doch wenn man ihn dann anfasste, lies er einen selten wieder los. Ob ihn seine Mutter auch mal umarmte? Bei der Frau konnte er sich das zwar nicht sonderlich gut vorstellen, aber vielleicht war sie ja familiär ganz anders.
Die Umarmung dauerte schon viel zu lange, aber Kageyama lies ihn einfach nicht los. Er spürte wie sein Atem stoßweise ging und erst dachte er, das er vielleicht weinte, doch als er ihn ein Stück wegschob sah er schnell zur Seite.
"Heey", flüsterte er leise und schob ihm eine Strähne aus dem Gesicht, so wie er es oft bei Natsu tat. "Ist dir das was deine Mutter denkt, wirklich so wichtig"?
Der andere schüttelte den Kopf. Ok, er musste also weiter raten.
"Vielleicht wird sie ihre Meinung ja noch ändern und du wirst sehen in ein paar Monaten..."
"Ich ein paar Wochen ist sie sowieso weg, was intressiert mich dann noch was sie denkt", brach es aus ihm heraus, biss sich auf die Lippe und starrte bedrückt auf den Boden.
Was sollte das denn heißen? Wie sie war weg?
Langsam aber sicher ratterte es in seinem Kopf. Wenn sie wieder auf so eine Geschäftsreise gehen würde, hätte Kageyama das nicht in diesem gebrochenen Ton gesagt.
Also musste es um etwas weitaus größeres gehen oder um eine sehr lange Abwesenheit. Er musste jetzt einfach mal in Blaue raten und hoffte das er sich irrte.
"Verlässt euch eure Mum, für länger?"
Tobio holte tief Luft, dann hob er den Blick und erklärte ihm alles:" Meine Eltern werden sich scheiden lassen und meine Mutter zieht nach Amerika für einen Job. Keine Ahnung ob sie sich dann nochmal blicken lässt?"
Daher wehte also der Wind, kein Wunder das er so durcheinander war.
"Das tut mir Leid, auch wenn die Beziehung zu deiner Mutter nicht so eng ist, ist es bestimmt schwierig wenn sie einfach nicht mehr da ist."
Kageyama nickte geistesabwesend und stand dann plötzlich auf.
"In ein paar Wochen ist sie weg, also brauche ich mich eigentlich nicht drum kümmern was sie über uns denkt", sagte er hart.
Hinata sah ihn an und nahm ihn an der Hand. "Vielleicht ist es besser so, dein Vater scheint ja ganz locker zu sein."
Tobio drückte seine Hand und zog ihn dann wieder in seine Arme. Zufrieden das er seinen Freund ein wenig beruhigen konnte drückte er ihn fest.
Danach gingen sie in Richtung Straße, es war jetzt kurz vor Mitternacht, sie sollten langsam nach Hause. Hinata sperrte gerade sein Fahrrad auf und wollte sich verabschieden, als er sah das er andere ihm einen ziemlich traurigen Blick zuwarf.
Er wirkte so verloren und aufgewühlt das er ihm richtig leid tat.
"Hey willst du vielleicht die Nacht bei mir schlafen?"
Kageyama sah ihn an, als hätte er ihm vorgeschlagen das er ihm einen Schnuller und eine Kuscheldecke besorgen würde, deshalb fügte er schnell hinzu: "Ähm, weißt du, ich fühl mich dann besser, wenn du bei mir bist, es war ein echt anstrengender Tag."
Der andere überlegte und nickte schließlich. Man, bei dem musste man echt umgedrehte Psychologie anwenden. Von allein hätte er nie eingewilligt, ihm ging es ja gut, dabei war Tobio es, der das mehr brauchte als Hinata. Naja doch was zählte war, das er heute Nacht wieder neben seinem Freund schlafen würde.
Hinata schob also sein Fahrrad und gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach Hause.








kagehina kribbeln im BauchWhere stories live. Discover now