Ist das nicht offensichtlich?

5.1K 289 69
                                    

Hinata blieb die Spucke weg und mit weit aufgerissenen Augen sah er der Mutter seines Freundes in die Augen. Offensichtlich war seine Kette unter seinem T-Shirt hervorgerutscht, als er ruckartig vom Boden aufgestanden war und da die Frau ihm gegenüber, noch damit beschäftigt gewesen war, den Tisch auf seiner Seite abzutrocknen, war ihr das aus dieser Nähe natürlich sofort aufgefallen. Am liebsten hätte er sie ignoriert und schnell das Thema gewechselt, doch der Blick seiner Schwiegermutter in Spee lies da keinen Spielraum. Er schluckte und panisch sah er zu dem Schwarzhaarigen hinüber, der genauso erschrocken wirkte. Was sollte er blos sagen? Was sollte er tun? Er hatte Tobio versprochen, das sie es nicht heute Abend öffentlich machen würden, außerdem war das eine Sache zwischen ihm und seinen Eltern.
Noch bevor er etwas über seine Lippen brachte, erhob seine Mutter erneut die Stimme und machte es leider nicht angenehmer. "Ist da etwa eine 9 eingraviert? Ist das nicht deine Nummer Tobio", fragte sie und drehte sich zu ihrem Sohn um. Hinata konnte ihr Gesicht nicht sehen, doch das ihres Sohnes lief gerade rosa an. "Ähm ja ich glaube wir haben sie verwechselt", stotterte er schloss gleich darauf jedoch die Augen und erkannte seinen Fehler. "Du hast auch eine"?
OH Scheiße das wurde ja immer verzwickter. Peinlich berührt setzte sich Shoyo und hoffte irgendwie aus dieser unangenehmen Situation heraus zu kommen und schielte unauffällig zu seiner Mutter, der es scheinbar auch die Sprache verschlagen hatte und ihn nur mitfühlend ansah.
"Das ist ja cool, das sind wie die Freundschaftsarmbändchen die ich und meine Freundin haben", durchbrach seine kleine Schwester die angespannte Stimmung.
"Was", mischte sich Herr Kageyama ein und wirkte verwirrt. "Na man macht ein kleines Armband und schenkt es dann seiner besten Freundin und wenn man eine gute Freundin hat, schenkt sie dir auch eins", erklärte es Natsu nochmal und zeigte stolz das Armband an ihrem Handgelenk.
Alle sahen sie an und sie freute sich darüber, das sie fröhlich weiter aß.
"Nun ja, das mag schon sein, doch normalerweise machen das nur Mädchen und keine Jungs", stellte Herr Kageyama fest, der seine Stimme wiedergefunden hatte und sah dabei seinen Sohn mit einem sonderbaren Blick an.
"Wissen sie Herr Kageyama ich habe ihm die als Geschenk gekauft und sie wahrscheinlich verwechselt", versuchte Hinata die Sache irgendwie aufzuklären und wollte das Tobio das bestätigte, doch dieser sah nur undurchdringlich auf seinen Teller und hatte bis jetzt noch gar nichts dazu gesagt.
"Und wieso kaufst du ihm dieses Schmuckstück, sein Geburtstag ist erst in ein paar Wochen? Und ich wüsste nicht warum sich männliche Freunde überhaupt soetwas kaufen sollten?"
Frau Kageyama wurde immer lauter bei ihren Worten, sie konnte es einfach nicht verstehen und als sie gerade aufs neue ansetzt, hörte man aufeinmal geflüsterte Worte.
"Er hat sie mir gekauft, weil er mir eine Freude machen wollte". Tobio sah zwar immer noch auf seinen Teller und wirkte eingeschüchtert, doch das merkte man seinen Worten nicht an. Seine Stimme war vollkommen ruhig, was Hinata sehr verwunderte.
"Und er hat mich entscheiden lassen welche Kette ich haben möchte". Alle hingen an seinen Lippen. Würde er es wirklich tun? Seinen Eltern sagen das er ihn liebte? Hinatas Magen spielte verrückt und irgendwie stahlen sich ein paar Tränen in seine Augenwinkel. Das er sich das traute, zeugte davon wie wichtig er ihm war.
"Und wieso hast du dann die, mit der Nummer von diesem Jungen gewählt", wollte sein Vater wissen und war dabei ebenso ruhig. Fast schon unheimlich, das hatte Tobio eindeutig von ihm.
"Weil ich wollte, das jeder sieht das er meine Nummer um den Hals hängen hat".
Das klang zwar ganz schön besitzergreifend, aber es rührte Shoyos Herz zutiefst.
"Was soll das denn bedeuten". Frau Kageyama sah ihren Sohn streng an. "Antworte gefälligst ich habe dich etwas gefragt", zischte sie leise.
"Ist das nicht offensichtlich", mischte sich plötzlich seine eigene Mutter ein?
"Das ist es ganz und garnicht, ich verstehe nicht was du von diesem Jungen willst, bis vor einer Woche habe ich kein einziges Mal seinen Namen gehört"?
"Weil ihr auch nie da seit und mir nie zuhört", sagte Tobio und man vernahm deutlich den Zorn in seiner Stimme. Jetzt sah er auch auf und blickte seiner Mutter direkt ins Gesicht. Die wirkte völlig bestürzt, obwohl Hinata bezweifelte das sie es wirklich war, wahrscheinlich tat sie das nur, weil es Zuschauer gab und man das von ihr erwartete.
"Shoyo ist mehr als ein Freund, deswegen tragen wir die Nummern des anderen, weil wir zusammen gehören".
Die Worte hallten noch lange nach und keiner wagte es ein Wort zu sagen, sogar Natsu merkte die Anspannung und war mucksmäuschenstill.
Bis Herr Kageyama das Wort ergriff: "Dann sind das wohl keine Freundschaftsbändchen, sondern Geschenke unter Partnern". Hinata fiel fast die Kinnlade runter. Hatte er das wirklich gerade gesagt? Zwar hatte er nicht das unabdingbare ausgesprochen, nämlich das sein Sohn gay war, doch er hatte anerkannt das sie beide in einer Beziehung waren und in seinen Worten schwang im Gegensatz zu seiner Frau keine Wut oder Unverständnis mit.
"Aber, aber ihr seit doch beide Jungs, das kann doch nicht..."
"Frau Kageyama ich weiß das das erstmal ein Schock ist, doch sie sind doch immer noch unsere Kinder, nur das sie eben kein süßes Mädchen sondern einen netten Jungen mit nach Hause bringen. "
"Aber sowas geht doch nicht, was sollen deine Klassenkameraden denken? Deine Mannschaft? Das ist vollkommen abnormal. Was wirft das bitte für ein Licht auf uns? Was werden die Nachbarn denken"? Verzweifelnd  schlug sie die Hände vors Gesicht und war sichtlich am durchdrehen.
"Das kann doch nicht ihr Ernst sein"? Frau Hinata war wirklich empört, wie konnte man sowas nur über das eigene Kind sagen.
"Ich finde auch das du zu streng bist Liebling. Es ist doch egal ob Mädchen oder Junge, solange es ihn nicht von der Schule ablenkt und er trotzdem seine Kariere als Profivolleyballspieler verfolgt, kann es uns doch egal sein", versuchte Herr Kageyama zu schlichten und warf seinem Sohn einen seltsamen Blick zu. Tobio schenkte ihm einen kühlen aber ehrlichen Blick und vielleicht lag sogar ein bisschen Dankbarkeit darin, auf seinen Art eben.
"Ihr versteht das nicht oder? Die Nachbarn werden reden, die Leute im Büro werden reden, alle werden sie uns angaffen und uns mitleidige Blicke zuwerfen, das kann dir doch nicht egal sein", fuhr sie ihren Mann an.
"Sollen sie doch reden, irgendwann wird es vorbei gehen, sowie mit dem behinderten Dackel den sich unsere Nachbarn letztes Jahr zugelegt haben." Alle mussten ein wenig schmunzeln, alle außer eine.
"Das ist doch was ganz anderes. Wie lange geht das schon? Habt ihr das hinter meinem Rücken getan? Habt ihr etwa miteinander...?"
"Das geht jetzt zu weit", unterbrach sie Frau Hinata und hielt ihrer kleinen Tochter die Ohren zu, die sie aber gleich abschüttelte.
"Es ist ja wohl ihre Angelegenheit und gehört nicht hier her. Außerdem ist ein Kind anwesend. Shoyo ich möchte das du und Tobio mit Natsu einen Spaziergang macht, ich denke wir müssen uns hier mal unterhalten und zwar unter Erwachsenen", ordnete seine Mutter an und nur zu gern schnappte sich Hinata seine kleine Schwester und seinen Freund und verließ mit ihnen das Haus.
Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, hörte er einen lange notwendigen tiefen Atemzug hinter sich. Sein Freund war leichenblass und schien ziemlich erschöpft.
"Wo gehen wir hin", fragte Natsu ungeduldig und sprang von einem Fuß auf den nächsten.
"Um die Ecke ist ein Spielplatz", sagte Kageyama und sie machten sich auf den Weg.
Natsu ergriff seine Hand und auf der anderen Seite nahm er Tobios Hand. Der sah ihn zwar unsicher an, behielt sie aber. Auch Natsu entging das nicht und neugierig sah sie auf ihre verschrenken Hände. Als sie an dem Spielplatz angekommen waren, rannte sie aber nicht wie gewohnt los, sondern blieb starr stehen. Dann zog sie an seinem Ärmel und Hinata beugte sich zu ihr hinunter.
"Sag mal ist Tobio dein Freund"? Hinata nickte weil er nicht genau wusste wie seine Schwester das interpretierte.
"Hast du ihn so lieb wie ich meine Freundin Nilu?"
"Ich glaube ich habe ihn noch mehr lieb", tastete er sich heran.
"Hast du ihn so lieb wie Mama früher Daddy geliebt hat? So mit Küsschen?" Hinata musste schmunzeln und nickte. Als nächstes verdüsterte sich jedoch das kleine Gesicht und ihre Augen wurden ganz glasig.
"Hast du ihn mehr lieb wie mich", fragte sie und ihre Unterlippe zitterte verdächtig.
"Ich werde dich immer lieb haben, Schwesterchen, keiner kann deinen Platz in meinem Herzen einnehmen, ich werde immer dein Shoy-chan bleiben, da macht dir mal keine Sorgen", beruhigte er sie und sah wie sie sich die Augen rieb, dann umarmte sie ihn ganz feste und flüsterte: "Dann ist es ok. Ich hab dich sehr lieb."
Im nächsten Augenblick lachte sie und rannte in Richtung der Schaukel und wollte das ihr großer Bruder sie anschupste. Warum konnte es nicht immer so einfach sein. 



kagehina kribbeln im BauchWhere stories live. Discover now