Der Blick nach vorn, nach einem langen Blick zurück

702 93 168
                                    

Kapitel 14 Der Blick nach vorn, nach einem langen Blick zurück

Meine Worte verhallen im dunklen Flur. Ich merke, wie Antony zurückweicht. Er senkt seinen Blick und er entlässt meine Finger. Ich spüre die kühle Luft umso deutlicher an den warmen Stellen unserer vorigen Berührung und ich wünsche mir noch im selben Augenblick das angenehme Gefühl zurück. Ich will ihn wieder spüren. Doch vielleicht war es das letzte Mal.

„Was genau heißt das?", fragt er.
"Ich wollte..." Ich breche ab, weiche seinem Blick aus und schüttele minimal mit dem Kopf. Es reicht ihm als Antwort. Seine Hand fährt über seinen Mund und der Ausdruck seiner Fassungslosigkeit wird deutlich. Damit hat er nicht gerechnet. Es bereitet mir keine Genugtuung auch, wenn ich deutlich erkenne, wie sehr ihn mein Geständnis trifft und ich genau das gewollt habe. Es ist Schuld und Scham, die sich durch meinen Körper arbeiten und einfach nur Dunkelheit zurücklassen. Trotzdem stelle ich nicht klar, dass ich den Schritt zum Äußersten nicht gegangen bin, denn ich glaube, dass es für Antony nichts ändert. Seine Worte Hallen durch meinen Kopf. Ich bedeute ihm etwas. Aber er hat mich belogen. Mein Herz scheint zu zerreißen. Der Zwiespalt der vergangenen Tage entfacht sich erneut. Doch diesmal scheint er noch intensiver zu sein.

„Warum er?" Die Frage ist nur ein Flüstern. Es dauert einen Moment bis er mich ansieht. Seine kühlen, klaren Augen erfassen mich als ich einfach nicht antworte. Ich weiß einfach nicht, was ich antworten soll. Warum er? Luka war da. Er wollte mich. Und mit ihm konnte ich ihn am meisten verletzen. Genauso, wie mich selbst. Nachdem Gespräch in Antonys Büro war ich aufgewühlt und wütend. Nein, das alles sind lose Ausreden. Mein Gehirn wirft sie mir vor, weil ich mein Grundmotiv selbst so dumm und niveaulos finde, dass ich es mir nicht eingestehen will.

Antony ballt seine Hände zu Fäusten. Ich kann es deutlich sehen, dann kommt er auf mich zu. Er drückt mich gegen die Wand, aber es ist nicht aggressiv, eher verzweifelt.

„Warum gerade er?", wiederholt er. Seine Finger krallen sich in meinen Pullover. Ich spüre, wie sich sein gesamter Körper gegen meinen lehnt und sein Kopf auf meiner Schulter zum Liegen kommt. Seine Finger krallen sich fester in den Stoff meines Oberteils. Ein Ruck geht durch meinen Körper als er mich ein weiteres Mal sanft gegen die Wand stößt. Nur minimal ziehe ich die Luft ein. Antony blickt auf. Er mustert mich und ich kann nicht verhindern, dass ich beschämt zur Seite blicke.

„Hat er dir wehgetan?", fragt er leise und ehrlich besorgt. Nun liegt seine flache Hand auf meiner Brust. Ich spüre, wie er mir drei Mal sachte gegen die Brust klopft und wie er sich dann wieder von mir löst. Ich brauche es nicht zu bestätigen, denn aus irgendeinem Grund weiß er es. Vermutlich, weil neben dem verletzten beruflichen Stolz ein ebenso privater steckt. Meine Finger werden bei diesem Gedanken taub.

„Luka gehört nicht zu der sanften Sorte." Ein seltsames Lächeln auf seinen Lippen. Ich spüre, wie seine Finger über meinen Kiefer streichen. Hauchzart als wäre es nur ein minimaler Windzug. Sie fahren den gesamten Kiefernast entlang und gleiten zu meinem Kinn. Sein Daumen tippt kurz gegen meine Unterlippe und streicht dann einmal komplett über beide.

„Hast du Nein gesagt?", fragt mich Antony leise und sein Blick haftet sich weiter an meine nun bebenden Lippen.

„Ja", gebe ich ehrlich von mir. Ich sehe, wie er nickt und dann kurz seine Lider schließt.

„Gut." Nur ein Flüstern. Seine warme Hand umfasst meine Wange. Eine sanfte, zärtliche Geste. Dann spüre ich seine Lippen auf meinen. Erst sanft und hauchzart. Dann werden sie fest und unnachgiebig. Diesmal ist es anders als bei den letzten Malen. Es fühlt sich an, wie ein Abschied. Seine Hand gleitet in meine Haare, fasst nach meinem Hinterkopf und drückt mich fester an ihn. Als er den Kuss löst, sind seine Augen noch einen Moment geschlossen. Ich sehe dabei zu, wie er seine Unterlippe mit der Oberen entlang streicht, als würde er versuchen den letzten Rest des Aromas unseres Kusses zu bewahren. Ich strecke meine Hand nach ihm aus, doch er weicht zurück und hält seinen Blick gesenkt.

Kiss me hard before you goWhere stories live. Discover now