Des Zufalls delikater Spielplatz

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Kapitel 25 Des Zufalls delikater Spielplatz

Nur langsam drehe ich mein Gesicht so, dass ich Rick ansehen kann. Seinen Augen beobachten mich aufmerksam, dann weicht sein Blick zum Fenster aus und wieder zu mir zurück. Die zweite Aufforderung ist stiller Natur.

„Eigentlich nichts", sage ich und seufze. Ich widerlege mein Nichts also zweifach selbst. Grandios. Genauso sieht mich mein Mitbewohner auch an. Zweifelnd und kritisch. Bestimmt ist das auch sein angehender Anwaltsblick. Er wirkt, denn ich rutsche mit einem Mal unruhig auf meinem Sitz hin und her.

„Mir dünkt, als nähme die Komplexität deines komplizierten Männergeschmacks stetig zu", stelzt er hochtrabend mit aufgeblähter Stimme und sieht mich danach an, wie ein treudoofes Hundebaby, dem man eine dieser klassischen englischen Richterperücken aufgesetzt hat. Diese Kombination lässt mich zur selben Zeit zweifeln, frohlocken und beschämt zur Seite blicken. Im Endeffekt auch nur laut lachen und das trotz der Gesamtsituation. Rick scheint zufrieden mit meiner Reaktion und steht wieder auf, um den Wasserkocher anzumachen. Er holt wie selbstverständlich zwei Tassen aus dem Schrank und sieht mich an.

„Tee oder Kaffee?" Nach der Frage bin ich mir sicher, dass ich nicht ohne weitere Erklärungen oder triftigen Grund aus der Küche entkomme. Also ergebe ich mich meinem Schicksal. Wieso auch nicht.

„Tee." Rick benennt mir die Fülle an Auswahlmöglichkeiten und ich entscheide mich für einen einfachen Pfefferminztee. Die skurrilen Sorten klingen zwar auch spannend, aber ich will mich nicht auch noch an Maries Teevorrat gütlich tun. Wobei mir der Entspannung in Kombination mit Innerer Ruhe sicher helfen würde. Klarer Kopf klingt auch gut. Ein Hoch auf die Kanne voll Tee.

Während das Wasser kocht, bleibt Rick an der Küchenzeile gelehnt stehen und scheint in Gedanken vertieft. Ich beobachte ihn dabei, wie sein Finger über irgendwelchen Dreck streicht, den wir nicht richtig weggewischt haben. Er gießt seinen Kaffee und meinen Tee auf und bringt beides zum Tisch.

„Langsam ergibt sich ein Muster mit unseren Küchengesprächen.", witzele ich und lasse meine Hand einmal durch den feinen Dunst meiner Teetasse fahren. Hin und einmal zurück. Ich mag die feuchte Wärme, die auf meine Handfläche trifft. Rick grinst und rührt in seinem Kaffee, ehe er einen Schluck nimmt und sich über seinen nicht vorhandenen Bart streicht.

„Du wirkst gerade so, als wirst du von Todessern verfolgt." Große, schwarz gekleidete Schrecken? Kommt hin. Ich kann nicht verhindern, dass ich schief grinse. Bisher habe ich Rick noch nichts von der Mateoproblematik erzählt. Geschweige denn von dem Dozentendilemma. Ich habe so viele Probleme, dass meine Probleme schon Probleme kriegen. Es ist so bitter.

„Ich bin heute nur ein bisschen schreckhaft, das ist alles. Ich glaube, das ist der Vitaminmangel", sage ich und versuche, bewusst amüsiert zu klingen. „Bestimmt das Vitamin-D." Rick schaut mich fragend an und lässt dann seinen Kopf hin und her wippen.

„Aber dann solltest du mehr Sonnenbaden zelebrieren und das wird ohne Balkon schwierig.", gibt er mir zu bedenken und ich nicke abwiegend.

„Lohnt sich eh nur FKK!", sage ich keck und ein wenig verschmitzt.

„Wusste ich doch, dass du so einer bist...", gibt er lachend retour und klopft mir mit der Hand auf dem Unterarm. Ich genieße die oberflächlichen Blödeleien. Auch wenn sie mir nicht bei meinen Problemen helfen. Dennoch beruhigen sie mich. Rick beruhigt mich. Mit ihm zu reden, ist wirklich einfach für mich und ich habe nicht das Gefühl, dass er mich in irgendeiner Form verurteilt. Es ist lange her, dass ich das Gefühl hatte, jemanden außer Anni meinen Freund nennen zu können.

„Kommen wir zum Ernst des Lebens zurück...", beginnt er plötzlich, nimmt einen Schluck Kaffee und ich halte unwillkürlich die Luft an. „Wie läuft dein Teil der Geburtstagsplanung?", fragt er vorsichtig und rührt auffällig in der Tasse rum. Er sagt es so bedachtsam, dass er jedes Wort langsam und sorgfältig formuliert. Kurz gesagt, er druckst rum.

Kiss me hard before you goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt