Der Geschmack der Glückseligkeit

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Kapitel 26 Der Geschmack der Glückseligkeit

„Großen Hunger!", gestehe ich wahrheitsgemäß und als mir die Zutaten wieder einfallen, die Antony besorgt hat, äußert sich auch mein Magen wohlwollend. Mein Gegenüber lächelt, nimmt mir die kleine Pralinenschachtel aus der Hand und deutet mir an, dass ich ihm meine Jacke geben soll. Ich streife sie mir über die Schultern, sehe dabei zu, wie sie sorgsam auf einen Bügel gezogen wird und folge meinen Depp weiter in die Wohnung hinein. Direkt in die Küche, wo bereits die ausgepackten Zutaten auf dem kleinen Esstisch bereit liegen. Er hat also noch nicht angefangen zu kochen.

„Wieso warst du gerade in diesem Center?", frage ich neugierig und will noch immer dem Zufall auf die Spur kommen. Der Portugiese hält in seiner Bewegung innen und dreht sich zu mir um. Er stützt seine Arme hinter seinem Rücken auf der Arbeitsplatte ab und schaut mich milde lächelnd an. Er durchschaut mich, mich und meinen schwachen Versuch.

„Es ist das größte auf meinem Arbeitsweg und oben im Foodcourt gibt es dieses Delikatessengeschäft, welches die leckersten, frisch eingelegte Scampis verkauft, die du jemals gegessen hast. Du wirst sehen, die sind einfach großartig."

„Du bist wirklich ein Feinschmecker, oder?", entgegne ich ihm schmunzelnd. Und ich bin gerade so in der Lage, ein Ei zu kochen und das ist sicher kein kulinarisches Highlight für ihn. Höchstens eine genießbare Katastrophe.

„Gutes Essen kann auch ein Hobby sein. Ich koche sehr gern und probiere auch öfter mal etwas Neues aus. Dieses Gericht hier, gehört zu meinen Favoriten. Es ist lecker, nicht zu schwer und schnell zu machen. Hilfst du mir?" Im ersten Moment will ich ablehnen, da ich und die Kombination scharfe und spitze Küchengeräte sich nicht gut vertragen. Allerdings will ich mir auch keine Blöße geben und willige ein. Antony reicht mir ein Gemüsemesser und drückt mir eine Schale mit bereits abgewaschenen Cocktailtomaten in die Hand.

„Bitte vierteln", erläutert er mir meine Aufgabe und gibt den Startschuss, indem er mir einen sanften Kuss auf die Lippen haucht. Ich nicke danach schon wieder wie ein Volldepp. Nachdem ich mich von der Zärtlichkeit erholt habe, wasche ich mir die Hände und stelle ich mich neben ihn an die Arbeitsplatte. Schon beim ersten Schnitt merke ich, wie scharf das Messer ist. Es gleitet ohne Widerstand durch das weiche, nachgebende Fleisch der Tomate, durchtrennt die sonst zähe Haut ohne weiteres. Ich und scharfe Gegenstände sind keine gute Kombination. Ich nehme mir sorgfältig und langsam jede Tomate einzeln vor und bin froh, dass Antony nicht auf die Idee kommt, mich mit Gesprächen ablenken zu wollen. Wahrscheinlich hat er sofort gesehen, wie präzise und vorsichtig ich bin. Kurz schiele ich zu ihm rüber und sehe natürlich, wie er in perfekter Manier eine Zwiebel in winzig kleine Stücke zerteilt. Er zuckt nicht mal und ich habe das Gefühl, durch das bloße neben-ihm-Stehen gleich los zu weinen. Ich lasse die Viertelstücke in die dafür vorgesehene Schüssel gleiten und trage Messer und Brett zur Spüle. Das Brettchen säubere ich sorgfältig, spüre Antonys Blick auf mir und mache das gleiche noch mit dem Messer. Dann wende ich mich zu ihm um.

„Du hättest nicht schwindeln müssen...", sagt er nach einer Weile, „Wieso dachtest du, dass du das müsstest?" Seine Stimme ist ruhig und bedacht. Sie verursacht mir eine feine Gänsehaut, die sich in kleinen Wellen von meinem Hals zu meinen Armen zieht. Antony nimmt einen mittelgroßen Topf, der auf einen Haken an der Wand befestigt ist und füllt ihn mit Wasser. Ich lehne mich mit dem Rücken an die Arbeitsplatte, stütze mich mit den Händen darauf ab und sehe zu, wie er den Topf auf dem Herd abstellt. Erst danach sieht er mich an. Erst fragend, dann fordernd. Ich weiche seinem Blick unbedacht aus. Eigentlich bin ich mir nicht sicher, warum ich ihm nicht einfach gesagt habe, dass ich mit meinem Mitbewohner shoppen fahre. Vielleicht wollte ich ihm einfach das Bild des braven Studenten vermitteln oder bin nur den gewohnten einfachen Weg gegangen. Doch genau das müssen wir ändern, wenn das mit uns funktionieren soll. Statt zu antworten bette ich meine Wange gegen seine Schulter, spüre die Muskelbewegungen, während er die restlichen Zutaten zerschneidet und schließe meinen Augen.

Kiss me hard before you goWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu