Kapitel 8

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„Wo der Verstand aufhört, beginnt die Wut. Deshalb ist Wut ein Zeichen von Schwäche." - Dalai Lama

„Ah wie passend", zögerlich sah ich zu der Person hinauf, mit der ich zusammenstieß. „Ich wollte gerade zu euch und schauen, wie es euch geht", sagte Oliver und blickte ernst, aber auch leicht besorgt auf mich herab.

Hava konnten nun endlich auch mal ihren Blick von diesem doofen Fernseher reißen und schaute zu uns herüber. „Ähm ... Ich wollte gerade gehen", sagte ich einfach nur kalt und war wieder dabei, nach meinen Koffer zu greifen, um endlich dieses Haus, diese Stadt verlassen zu können, als ich eine kräftige Hand spürte, die sich um mein Handgelenk gelegt hatte und mich so hinderte, gehen zu können.

Mein Blick wanderte langsam von unseren Händen hinauf zu seinem Gesicht. „Lass mich los!", zischte ich ihn an. „Nein, das werde ich erst, wenn du mir erklärst, was da vorhin abging", sprach er die Sache direkt an. Panisch schaute ich schnell um mich, um feststellen zu können, ob gerade noch andere Nachbarn im Treppenhaus waren. Dieses Geschehen sollte nicht noch bei den Blacks für Tratsch sorgen.

„Ich weiß nicht, was du meinst", erwiderte ich und tat auf unschuldig. Nur zu gut konnte ich mir vorstellen, wie Hava gerade mit ihren Augen rollte. „Ach wirklich?", skeptisch schaute er mich an. Eine Augenbraue hatte er dabei nach oben gezogen. Noch immer hielt er mein Handgelenk in seiner großen warmen Hand. „Ich werde dir mal ein bisschen auf die Sprünge helfen: Restaurant. Schüsse. Dein komischer Ge...", prompt riss ich mich von ihm los, nur um ihn blitzschnell die Hand auf den Mund zu pressen. Er sollte es auf keinen Fall hier in diesem Treppenhaus aussprechen. „Nicht hier", deutete ich in Anspielung auf unseren Standort an. Er nickte verstehend. Doch entgegen meiner Erwartung, ging er nicht durch unsere immer noch offenstehende Apartmenttür, sondern griff nach seinem Schüssel, um die seine zu öffnen.

Meinen Koffer ließ er einfach vor der Tür stehen. „Was soll das?", fragte ich ihn verwirrt. Wieso nahm er mich nun in sein Apartment? „Ich würde lieber gerne wissen, was das vorhin in dem Restaurant war", er fokussierte meine Augen mit einem entschlossenen Blick. Ich war mir sicher, dass ich absolut keine Chance zum Entkommen hatte. „Verdammt", fluchte ich und riss mich von seinem Blick los, nur um in die offene moderne Wohnlandschaft zu blicken.

„Rede!", forschte er mich an. Dieser wütende fordernde Ton überraschte mich ungemein. Er strahlte doch sonst so viel Ruhe und Gelassenheit aus. „Ich kann nicht", flüsterte ich leise. Es war still in seinem Apartment. Noch immer hatte ich ihm meinen Rücken zugewandt, denn ich konnte ihm einfach nicht ins Gesicht schauen. Er würde mich lesen, wie ein offenes Buch. All meine Geheimnisse würden ans Licht kommen und das wollte ich unter keinen Umständen riskieren. 

Langsam bewegte ich mich auf sein bodentiefes Fenster zu. Es schien mir, als hätte er eine noch viel schönere Aussicht auf die Stadt, als wir. „Feya", sagte er leise und sanft. Vorsichtig näherte er sich mir. Ich konnte seine Wärme und vor allem seine enorme maskuline Ausstrahlung hinter mir spüren. „Bitte sag mir, was das vorhin war", flehte er mich beinah an. „Es ... es tut mir wirklich sehr leid", antwortete ich und senkte den Blick, als ich mich nun wieder zu ihm umdrehte, „Aber ich kann es dir nicht sagen." Dazu vertraute ich ihm einfach noch zu wenig.

Oliver presste die Lippen hart aufeinander und sah mich ausdruckslos an. „Okay", sagte er schließlich. Ein kleiner Funken Hoffnung schlug in mir auf, dass er mich vielleicht verstehen würde. „Ich ... Ich werde jetzt gehen", begann ich zögerlich zu sprechen. Auch ein leises Flüstern fühlte sich im Moment für mich einfach zu laut an. „Ich kann nicht länger hier bleiben." Verwundert schaute er mich an. „Was? Du willst die Stadt verlassen?", fragte er an mich gewandt. Ich nickte stumm. Fassungslos lachte er auf und fuhr sich durch die kurzen Haare.

„Wow, das hätte ich nun wirklich nicht von dir gedacht", lachte er. Sein Lachen schallte durch sein ganzes Apartment. Eingeschüchtert kniff ich meine Augenbrauen zusammen. „Wie bitte?", fragte ich nach. Wollte er gerade damit indirekt sagen, dass die ganze Sache lächerlich war, die ich hier abzog?

„Das ist echt schwach", lachte er einfach weiter und nun hatte ich keinerlei Zweifel mehr, dass er mich gerade ernsthaft auslachte. „Was fällt dir ein, mich so runter zu machen?", wütend schritt ich auf ihn zu. Aufgebracht schlug ich ihn mit meiner Hand auf die Brust. „Ich habe uns aus der Scheiße geholt und dir fällt nichts besseres ein, als mich jetzt hier so runter zu machen?" Meine Schläge schienen ihm überhaupt nichts auszumachen.

Locker griff er wieder nach meinem Handgelenk und stoppte es so. „Richtig. Du hast uns gerettet und deswegen kann ich es um so weniger verstehen, dass du jetzt mir nichts, dir nichts aus der Stadt verschwinden willst", erklärte er sich in einem ruhigen Ton.

In mir flackerte aber immer noch diese Wut auf sein dämliches Verhalten. Erneut riss ich mich von ihm los. Schnurstracks lief ich auf seine Tür zu. „Sorry, aber das muss ich mir hier nicht länger geben", sagte ich ein letztes Mal an ihn gewandt, bevor ich durch die Tür ging, meinen Koffer griff und aus diesem Haus verschwand. Er war nicht in der Position, mir vorzuschreiben, wie ich jetzt zu handeln hatte.

Auf der Suche nach einem Bahnhof irrte ich erstmal eine ganze Weile durch Star City. Um so erleichterter war ich, ihn endlich gefunden zu haben. Allerdings musste ich ernüchternd feststellen, dass sich die Türen nicht öffnen ließen. „Verdammt", fluchte ich laut vor mich hin, als mir plötzlich ein Schild ins Auge fiel. Alle Verkehrswege aus und in Star City waren gesperrt oder nur unter bestimmten Auflagen benutzbar und das alles wegen dem Vorfall in dem Restaurant.

Ernüchternd ging ich also wieder zurück zu unserem Apartment. Wie es das Schicksal so wollte, begegnete ich natürlich ihm im Treppenhaus. „Na schon wieder da?", neckte er mich und grinste dabei. Ich ging nicht weiter auf ihn ein und wollte einfach still an ihm vorbei. „Tja, würdest du mit mir reden und mich endlich mal aufklären, dann könnte ich auch dafür sorgen, dass die Polizei wieder alle Wege öffnet", sagte er und ließ mich kurz innehalten. Wütend ballte ich meine Hand zur Faust und atmete tief ein und aus. „Naja ... wie dem auch sei, ich gehe jetzt zur Polizeistation, um meine Aussage zu machen." Nachdem er dies gesagt hatte, ging er weiter. Ich hörte die Tür ins Schloss fallen, als ich mich wieder selbst in Bewegung setzte und meinen Koffer nach oben zog. Der Typ hat sie doch nicht mehr alle.

Arrow's BubbleWhere stories live. Discover now