Kapitel 39

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„Das Leben ist eine wilde Reise! Gefährlich! Unvorhersehbar! Voller Überraschungen - selbst wenn du es damit verbringst, irgendwo auf einem Stuhl an ein und derselben Stelle sitzen zu bleiben." - Walter Moers

In einer rasenden Geschwindigkeit fuhr Oliver mich zu Palmer Technologies. Da ich mir vor dem riesigen Gebäude schon verloren vorkam, bat ich ihn, mich noch schnell in Felicitys Büro zu bringen.

Während wir durch die vollen Flure liefen, blieben mir die fragenden Blicke der anderen Mitarbeiter nicht unbemerkt. Alle schauten uns an, als wären wir wie eine Art Fremdkörper. Letztendlich versuchte ich mich jedoch nicht von den Blicken der anderen einschüchtern zu lassen und straffte stattdessen meine Schultern, um wenigstens ein bisschen den Eindruck zu verschaffen, als hätte ich Selbstsicherheit.

Im Endeffekt landeten wir vor einem Raum, der anscheinend nur aus Glas bestand und so einen ultraschönen Blick auf Star City bot. Am Ende befand sich ein großer Schreibtisch aus massiven Holz. Eine edle Sitzecke begrüßte mich schon, nachdem ich um die Ecke gebogen war. Wenn man hier arbeiten konnte, hatte man wirklich alles in seinem Leben erreicht.

Hinter mehreren riesigen Bildschirmen entdecken wir letztendlich Felicity, die wie immer völlig in ihrer Arbeit versunken war und so unsere Ankunft nicht bemerkte.

Erst als Oliver sich räusperte, zuckte sie vor Schreck zusammen, ließ dabei den Stift fallen, auf den sie noch eben gedankenverloren gekaut hatte und starrte uns überrascht an.

„Oliver? Feya?", ihre Augen wanderten immer wieder von mir zu meiner Begleitung, „Was macht ihr denn hier?" Sie klang äußerst besorgt. „Ist irgendwas passiert?", blubberte sie auch schon weiter, ohne uns beide auch nur zu einem Wort kommen zu lassen.

„Felicity", Oliver schritt beruhigend auf sie zu, was sie nun dazu veranlasste, sich ebenfalls von ihrem Stuhl zu erheben. „Es ist alles in Ordnung", beschichtete er sie, „Ich wollte fragen, ob es für dich in Ordnung wäre, wenn Feya einen Tag mal bei dir bleiben könnte?"

Oliver stand zwar mit dem Rücken zu mir, aber ich konnte mir sein unwiderstehliches Lächeln nur all zu gut vorstellen. Eben so sicher war ich mir, dass ich nicht gegen seinen Blick wiedersehen hätte können. Seinem Gegenüber schien es eben so zu ergehen. Felicity sah noch ein letztes Mal zu mir, ehe sie zustimmend nickte. „Ja, das ist absolut kein Problem", erwiderte sie letztendlich.

Nachdem wir Oliver kurz und knapp verabschiedeten, da er nun wirklich dringend zu seinem Termin musste, waren wir völlig allein im Raum und eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Etwas unbeholfen stand ich im Raum, wusste nicht wohin mit mir.

„Ach ja, Oliver ... Er wird es wohl nie hinbekommen, mal zu einem Termin pünktlich zu sein", sagte Felicity, während sie sich wieder auf ihren Stuhl setzte, „Ich bin gespannt, ob er auch zu seiner eigenen Hochzeit zu spät kommen würde. Also nicht ... dass ich die Braut wäre", sie lachte verlegen, wobei ihr Kopf einen rötlichen Ton annahm, „Aber er würde mich bestimmt einladen oder?" Verwirrt nickte ich, ging aber nicht weiter auf ihr Gesagtes ein. Hatte sie etwa mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Oliver? Sofort legten sich tausend Steine auf meinen Magen und ließen ihn sich krampfhaft zusammen ziehen. Das war doch wohl nicht etwa Eifersucht?

„Kann ich irgendwas für dich tun?", wollte ich nach einer Weile wissen, in der ich absolut nichts gemacht hatte und so langsam wurde mir langweilig. Ich kam mir total dämlich vor. Wie ein kleines Kind, was mit zur Arbeit der Eltern musste, weil es niemanden hatte, was auf es aufpassen konnte.

Felicity sah wieder von ihrem Bildschirm auf, in den sie schon wieder tief versunken war. „Nein, ich habe eigentlich nichts, was du machen könntest", antwortete sie mir und sah mich dabei etwas mitleidig an, „Willst du vielleicht mal bei deiner Schwester vorbeischauen?"

Nun wurde ich hellhörig. „Ja ... Das würde ich wirklich sehr gern", gab ich kleinlaut zu. Sofort wich die Langeweile der Schuld. Unser Streit kam mir auf einmal wieder so prägnant vor, als wären wir erst vor zwei Minuten auseinander gegangen.

„Na dann bring ich dich mal hin", sagte sie entschlossen, griff dabei nach einer Schlüsselkarte. Ich folgte Felicity bis zu den Fahrstühlen, mit einem fuhren wir wieder ein paar Stockwerke nach unten.

Die Büros hier unten wirkten nicht ganz so edel und luxuriös, wie das von Felicity. Sie waren eher ganz normal. Viele weiße Wände prägten das Bild der Schreibtischlandschaft, an denen gefühlte hundert Menschen arbeiteten. Klingelnde Telefone, Quasseln und Computergeräusche dominierten den Raum. Im Gegensatz zu meiner Ankunft, schien mich hier nun keiner mehr wahrzunehmen. Es lag wahrscheinlich an Oliver.

Unauffällig folgte ich Felicity, bis wir in einer etwas abgelegeneren Ecke ankamen. Hier waren die Geräusche schon nicht mehr all zu laut und man konnte sich hier bestimmt auch viel besser auf die Arbeit konzentrieren.

Ich erkannte meine Schwester, die vertieft in die Arbeit dasaß und mich nicht bemerkte. Felicity war etwas weiter hinter mir geblieben und gab mir ein Signal, dass sie sich wieder auf den Weg zu ihrem Büro machte.

„Hey ...", sagte ich leise zur Begrüßung. Hava legte sofort ihren Stift beiseite und sah mich überrascht aber auch irgendwie noch immer wütend an. „Feya? Was machst du denn hier und wie bist du überhaupt hier rein gekommen?", wollte sie sofort von mir wissen, ohne mich auch zu begrüßen. „Oliver", erwiderte ich daraufhin einfach nur schlicht. Mehr brauchte ich auch gar nicht sagen.

„Aber was willst du hier?", panisch sah sie sich im Raum um, ob uns jemand beobachtete. Verwirrt folgte ich ihrem Blick, erkannte jedoch niemanden. „Ich wollte mich nochmal bei dir entschuldigen", teilte ich ihr mein Anliegen mit und sah ihr dabei fest in die Augen.

„Nicht hier", flüsterte sie leise und zog mich an meinem Arm unsanft in eine kleine Küche, die abseits des Trubels lag. Nur vereinzelt kamen ein paar Leute vorbei, warfen einen verwirrten Blick in das Innere, gingen aber einfach weiter.

„Ich wollte nicht, dass so etwas zwischen uns steht, Hava", reuevoll sah ich sie an. Doch mit meinem Blick stieß ich nur auf eisernen Wiederstand. „Dann hättest du von Anfang an mit mir reden sollen, Feya und nicht einfach hinter meinem Rücken zu irgendwelchen Fremden rennen sollen", giftete sie mich an. Ich schluckte. „Aber was hätten wir denn schon gegen Alvin ausrichten sollen?"

Nachdem ich ihr die Frage gestellt hatte, blickte sie sich verzweifelt im Raum um. Sah alles an, außer mich und fuhr sich dabei gestresst durch ihre Haare, die heute sowieso schon in alle Richtungen abstanden. Generell machte sie nicht den gepflegten und professionellen Eindruck, wie sonst auch immer. Was war denn nur heute los mit ihr?

Als ich vergebens auf eine Antwort von ihr wartete, sah ich sie fragend von der Seite an. „Ist alles in Ordnung bei dir?", wollte ich nun wissen. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange. „Irgendwie ... Ich weiß es auch nicht ... aber ich fühle mich heute schon den ganzen Tag so ... so unwohl?", gequält verzog sie ihr Gesicht, was Sorge in mir aufflammen ließ.

„Fühlst du dich krank?", hakte ich nach, „Willst du vielleicht lieber nach Hause?" Doch ehe sie noch etwas mehr auf meine Fragen eingehen konnte, krachte es in dem Großraumbüro gewaltig und tausende Splitter sprangen durch die Gegend. Die Leute begannen zu schreien. Geschockt sah ich zu meiner Schwester, die am ganzen Leib zu zittern begann.

Was war hier nur los?

Arrow's BubbleWhere stories live. Discover now