Kapitel 21

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„Die Tür zum Glück, zum Heil, zur Rettung, zur Selbstverwirklichung geht nach außen auf." - Søren Kierkegaard

„Was zum Teufel geht hier vor sich?", warf ich ihm direkt die all entscheidende Frage hin. Noch immer stand er mir seelenruhig gegenüber und starrte mich ganz normal an. Als wäre gerade eben nichts dergleichen passiert. Wie war das nur möglich?

„Ich brauche dich, Feya!", flüsterte er urplötzlich und kam langsam und vorsichtig auf mein Bett zu, um nach meiner gefesselten Hand zu greifen. Er sah mich auf einmal mit einem so schmerzvollen Gesicht an, dass man beinah Mitleid mit ihm haben konnte. Es spiegelten sich so viele Gefühle wie noch nie in seinen Augen wieder. Hilfesuchende klammerte er sich an meine gefesselte Hand. „Ich brauche dich so sehr."

Fassungslos blickte ich ihm in die Augen, die mir tatsächlich sanft und reuevoll entgegenblicken. Ich hatte zwar noch nicht wirklich verstanden, was hier wirklich vor sich ging, dennoch konnte ich eins und eins zusammenzählen, dass er nicht mich brauchte, sondern lediglich mein rotes Lebenselexier.

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht", entgegnete ich kalt. Für einen Moment vermochte ich Verletzbarkeit in seinen Augen zu erkennen, doch schon in der nächsten Sekunde lag auf ihnen wieder diese gewohnte Kälte.

„Wenn du nicht freiwillig zu mir zurückkommen willst, dann muss es eben so weiter gehen", sprach er nun herrisch. Da war er also wieder. Der alte Alvin, wie ich ihn kannte. „Ich dachte, ich zeige dir mein wirkliches Ich und du kommst freiwillig zu mir zurück, aber dass du wirklich so dumm bist, das hätte ich nicht erwartet."

Ungläubig riss ich meine Augen auf. „Du denkst, dass ich mich einfach so unterwerfe, wenn du das machst und mir auch noch offen zeigst, dass ich wahrscheinlich immer solche Schmerzen erleiden werde, nur weil du ...", mir fehlten die Worte, um zu beschreiben, in welchen Zustand er sich mit Hilfe meines Blutes katapultierte.

Er zuckte mit den Schultern und legte wieder sein ekelhaftes falsches Grinsen auf die Lippen, was mich wieder daran erinnerte, dass er vollkommen krank war. Nach dieser „Unterhaltung" konnte ich wirklich nur noch zu Gott beten, dass er mich doch noch glimpflich aus dieser Sache entkommen lassen würde.

Während ich also meine Augen schloss, bereit die tägliche Tortur über mich ergehen zu lassen, erklang auf einmal ein lauten Poltern aus einem der anderen Zimmer, die ich bis jetzt jedoch noch nicht zu Gesicht bekommen habe. Alvin hatte doch nicht etwa noch irgendwelche komischen Freunde, denen er mein Blut auch noch gab? Gab es vielleicht sogar noch mehr von seiner Sorte?

Doch nicht nur mich schien dieses merkwürdige Geräusch zu überraschen. Auch mein Gegenüber schien damit nicht gerechnet zu haben und hielt wieder einmal in seiner Bewegung inne. „Nicht wegrennen", scherzte er, doch ich konnte aus seiner Stimme erkennen, dass er nicht wusste, was da vor sich ging und deswegen auch leicht nervös war. Wahrscheinlich brachte das seinen all zu perfekten Plan so aus der Fassung, dass er für einen Moment vergaß, keine gefährlichen Gegenstände auf dem Bett abzulegen, auf dem ich gefesselt war. Fluchtartig verließ er den Raum. Dabei ließ er jedoch die Tür einen spaltbreit offen, sodass ich die Geräusche noch besser vernehmen konnte.

Eine Weile geschah nichts. Es juckte mich in den Fingern, herauszufinden, was da draußen vor sich ging. Geschickt griff ich nach dem Gegenstand, den er einfach so achtlos auf dem Bett hatte liegen gelassen. Ich wusste nicht, was es genau war, aber das war mir vollkommen egal, Hauptsache ich konnte mich damit endlich von meinen Fesseln befreien.

Es dauerte einige Augenblicke, ehe es mir gelang, das Teil so anzuwenden, dass es tatsächlich die Fesseln knackte. Endlich. Endlich konnte ich meine Arme und Beine wieder frei bewegen. Noch nie hatte sich etwas in meinen Leben so befreiend angefühlt ... so ... so gut.

Nachdem ich meine Gliedmaßen alle einmal ordentlich durchgestreckt hatte, schlich ich mich bewaffnet mit einem Schraubenzieher aus dem Raum. Gründlich schaute ich mich in allen Richtungen um, damit ich ja nicht Alvin oder dem anderen begegnete.

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, keine Angst zu haben. Denn im Moment konnte ich nichts anderes mehr spüren, als das Adrenalin, welches durch meine Adern pumpte und die Angst, die in jeder Faser meines Körpers war.

Der Flur, in dem ich mich nun befand, war nur durch ein paar Wandlampen erhellt. Es gab ein kleines Fenster, welches jedoch durch massive Bretter zugenagelt wurde. Immer noch nicht konnte ich sagen, ob es Tag oder Nacht war.

Vorsichtig und darauf bedacht, keinen Laut von mir zu geben, schlich ich mich Stück für Stück den Flur entlang. Auf gut Glück lief ich einfach in eine Richtung, in der ich glaubte, endlich aus dieser Hölle zu entkommen.

Doch dann war da auf einmal ein ohrenbetäubendes Geräusch, was die Wände des alten Hauses erschüttern ließ. Geschockt sprang ich in schnell in eine Ecke und wartete ab, ob etwas passierte. Glas zersplitterte und ein lautes schmerzvolles Keuchen schallte durch die Gegend.

Verdammt, was war da bitte los?

Mit einem Schlag flog plötzlich eine Tür unmittelbar vor mir auf und ich starrte unentwegt in das Gesicht von Alvin, welches zu erst ein wenig entgleiste, doch dann formten sich die blutverschmierten Lippen wieder zu seinem Bekannten dreckigen Grinsen.

„Ach sieh mal einer an, wer uns da mit seiner Anwesenheit beehrt." Erst als er einen Schritt zur Seite machte, konnte ich erkennen, wer ihn gerade einen Besuch abstattete. Ich hielt den Atem an, als mein Blick auf den Mann in grün traf, welcher anscheinend durch ein Fenster gesprungen war und nun auf einem Tisch vor uns stand. Unglaublich. War das alles hier vielleicht einfach nur ein Traum?

Green Arrow.

Niemand geringeres als der maskierte Rächer von Star City stand vor mir. In seiner Hand den mächtigen Bogen, in dem er gerade einen Pfeil eingespannt hatte und damit auf Alvin zielte. Während ich der ganzen Situation ehrfürchtig entgegenblickte, schien Alvin seiner Lage nicht wirklich bewusst zu sein. Immer noch grinsend stand er in der Tür und starrte immer wieder abwechselnd von mir zu Green Arrow.

„Schön, dann sind wir ja endlich mal alle in bester Gesellschaft."

Arrow's BubbleWhere stories live. Discover now