Chapter 09 🍀

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Stillschweigend blätterte Felix in dem riesigen Fachbuch zur analytischen Philosophie und versuchte somit den bisher erzählten Theoriestoff aufzuarbeiten und somit auch zusammenzufassen. Jedoch viel ihm dabei auf, dass er sein Studium unterschätzt hatte und er bereits mehr als nur überfordert war, an der Menge, die er zu lernen hatte, wenn er am Anfang des neuen Jahres seine ersten Prüfungen schrieb. Allein der Gedanke daran machte ihm Angst, ließ ihn verunsichern, sodass er sich hinterfragte, ob er es überhaupt auch nur im Ansatz schaffen würde. Schließlich war es nicht unwahrscheinlich, dass Studenten im Laufe ihres Studium dieses abbrachen und seine Probleme machten es ihm auch nicht wirklich einfacherer. 

Er ließ den Stift aus seinen Fingern gleiten, blätterte die nächsten zwei, drei Seiten durch das Buch, ehe ihm ein leises Seufzen seinen Lippen entglitt und er somit versuchte, seine negativen Gedanken endlich loszuwerden. Seit zwei Stunden saß er nun schon hier, versuchte sich durch das Lernen abzulenken, was ihn letztlich doch irgendwie nichts half, weil ihn zwischen drinnen immer die selben Gedanken beschäftigten und ihn auch vom eigentlichen Thema belenkten. Er wollte doch wenigstens einen Tag seine Ruhe haben, ohne dass ihn seine Gedanken wortwörtlich auffraßen. 

"Ich sehe selten so ambitionierte Philosophiestudenten." 

Felix sah, wie sich jemanden gegenüber von ihm setzte, seine Bücher auf den Tisch gelegt hatte, an dem er saß. Zögernd richtete der Australier seinen Blick auf, sah in das breitgrinsende Gesicht von Chan. Direkt legte sich seinen eigene Stirn in Falten, weil er nur das Wort Philosophiestudenten verstanden hatte. Der Anfang war untergegangen, weil Chan mit ihm geredet hatte, als er auf ihn zugekommen war und somit war dies auch außer Reichweite, von dem was Felix verstehen konnte. Chan kicherte leise, merkte allein am fragenden Blick, dass ihn der Jüngere wieder einmal nicht verstanden hatte und wiederholte seine Frage. 

"Ich versuche mich abzulenken... Aber irgendwie hilft es nicht."
"Um was geht es denn? Vielleicht hilft es dir ja darüber zu reden." 

Felix schien kurzzeitig eingefroren zu sein, während es in seinem Kopf ratterte, was er ihm als Antwort geben konnte. Besser gesagt, welche Lüge er ihm als Nächstes auftischen konnte, damit er sein Geheimnis unter den Tisch kehren konnte. Nervös biss er sich auf die Lippe. So sehr, dass er den metallischen Geschmack Sekunden später schon schmecken konnte und sich verkniff, sein Gesicht zu verziehen. 

"Du musst nicht reden, wenn du nicht willst... Aber ich hab die Erfahrung gemacht, dass sich die Probleme einfacher lösen lassen.", versuchte er Felix' Unruhe abzunehmen, "Man muss ja nicht alles detailliert erzählen, sondern man kann es ganz grob erzählen. Weißt du, was ich meine? Aber wenn du nicht möchtest, ist es auch vollkommen okay!" 

Was hatte Felix schon groß zu verlieren? Bestimmt würde Chan nicht einmal darauf kommen, dass er über ihn redete, wenn er wichtige Detaile ausließ. Und wenn er Namen nehmen würde, dann eben die, seiner einzigen Freunde. 

"Ich hab gerade Angst die Wahrheit zu erzählen, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass sich die Freundschaft zu einem Freund dann verändern wird und die Person dann nichts mehr zutun haben möchte. Es ist nur ein kleines Detail, weißt du? Aber es macht so viel aus und ich möchte nicht schon wieder Menschen deswegen verlieren.", redete Felix darauf los und bereute es im nächsten Moment, dass er nicht einfach seinen Mund gehalten hatte. Chan wäre dumm, wenn er es nicht auf sich selbst bezog. Auch wenn er seinen Namen nicht gesagt hatte oder keine direkten Andeutungen gemacht hatte. 

"Aber ist es wirklich etwas, wofür du dich schämen musst? Es macht dich zu der Person, die du bist und jeder, der dich dafür verurteilt, war nie ein wirklicher Freund." Eigentlich sollten Chans Worte ihm Zuversicht geben, denn es stimmte. Die Erkenntnis hatte auch Felix damals gesammelt und wurde ein Stückchen selbstbewusster. Doch von all dem war in den letzten Tagen absolut nichts mehr zu sehen. Letztlich hatte er aber nichts zu verlieren. 

"Was würdest du machen, wenn ich dir sagen würde, dass mein rechtes Ohr taub ist und mein Linkes ein Hörvermögen von unter fünfzig Prozent hat?" 

𝗬𝗼𝘂 𝗡𝗲𝘃𝗲𝗿 𝗞𝗻𝗼𝘄 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt