Chapter 32 🍀

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Ein verzweifelter Blick zu Chan, verriet ihm, dass dieser es wirklich ernst meinte und sie wohl dieses leidige Thema wieder anreißen müssen, obwohl es viel besser wäre, es zu verdrängen. Schwer schluckend knetete Felix seine Hände und hoffte einfach, dass es nicht ganz so unangenehm werden würde. Immerhin war er gut damit gefahren, dass er es totschwieg und ignorierte, somit konnte er normal mit Chan umgehen, weil dieser Kuss die vergangenen Tage nicht wirklich zwischen ihnen stand und nun war er wieder so präsent, dass er am liebsten verschwinden wollte. Genauso, wie an dem Tag, an dem er passierte. 

Chan biss sich auf die Lippe und überreichte ihm einen sorgfältig gefalteten Zettel, in dem alles geschrieben stand, um sich hoffentlich erklären zu können. Es war keinesfalls Felix schuld, sondern mehr oder weniger seine Eigene. Auch wenn es nichts brachte, sich wegen sich selbst zurechtfertigen. Chan war eben so, wie er war und er hätte von Anfang an mit offenen Karten spielen sollen, genauso wie Felix, der immerhin keine Erkältung hatte. Mit einem viel irritierteren Blick faltete der Jüngere den Zettel auseinander und begann nach einem kurzen, abcheckenden Blick die Worte nach und nach zu lesen. 


"Vielleicht hätte ich mich viel früher erklären sollen. Denn es gibt etwas, was ich wohl nie wirklich zur Sprache gebracht habe, weil ich dachte, dass es nie nötig sein würde... Es wird für dich vielleicht auch ein bisschen verwirrend sein. Aber das ist es wohl für jeden, der sich damit bisher nicht beschäftigt hat...

Es war keineswegs deine Schuld, dass du mich geküsst hat. Es war viel eher meine Schuld, dass ich rein gar nichts gemacht habe und dich somit verletzt habe. Ich hätte zu mindestens etwas sagen können, um dir deine Angst nehmen zu können. Aber ich blieb ruhig, weil ich Angst hatte, dass du mich nicht verstehen würdest. Dass du mich aus heiterem Himmel seltsam und abstoßend findest, weil ich nicht wie viele andere bin... Aber das schreibe ich ausgerechnet dir, der täglich damit zu kämpfen hat, dass er nicht der Normalität entspricht und mit Abneigung umgehen muss. 

Es tut mir leid, sehr. 

Schon immer hatte ich das Problem, dass etwas nicht so ganz mit mir stimmt. Dass ich viele einfach nur als Freunde gesehen habe, aber nie als mehr. Freunde haben mich versucht zu verkuppeln, haben mir eingeredet, was ich zu fühlen habe und dabei fühlte ich mich in meinen Entscheidungen, aber auch als Mensch, eingeengt. Irgendwann hatte ich Panik, dass sich Menschen von mir abwenden würden, weil ich mich seltsam verhielt. Und selbst Dates mit Menschen, die ich kaum kannte, waren nie etwas für mich. Auch wenn ich immer versucht habe, anderen eine Chance zu geben. Aber ich konnte nicht. Ich fühlte mich ekelhaft, beschmutzt und eben weniger Wert, weil ich mich nie wirklich wohl gefühlt habe und mich das alles eher angespannt  hat, weil ich eine sehr lange Zeit nicht wusste, was ich und wieso ich so bin. 

Und das alles nur, weil ich demisexuell und demiromantisch bin. 
Hast du schon mal davon gehört?
Ich glaube nicht... 

Kaum einer hat das, wenn ich ihnen davon erzählt habe und deswegen ist es für mich jedes Mal aufs Neue schwierig darüber zu reden, weil ich es immer aufs Neue erklären muss. Dabei ist es nicht verwerflich anders zu sein, richtig? - Jedenfalls finde ich niemanden attraktiv und ich kann mich auch nur dann in jemanden verlieben, den ich sehr gut kenne und eine tiefe, innige Bindung mit der Person habe. Und auch wenn ich versucht habe, mich jemanden anzunähern, hat bisher jede Person dann umso schneller das Interesse an mir verloren. Ich war nie in einer Beziehung, ich habe mich nie wirklich in jemanden verliebt, weil ich immer dann, wenn ich angefangen habe Gefühle zu entwickeln, abgestoßen wurde. 

Der Kuss hatte mich einfach abgeschreckt, weil du die erste Person warst, die davon noch nichts wusste und mir plötzlich so nahe war, als dass ich hätte ein Gedanken daran verlieren zu können, mir einzugestehen, bereits Gefühle für dich zu haben. Ich hätte es dir sagen sollen, denn dann hätte ich dich nicht verletzt, aber der Wunsch nach Akzeptanz hat mich davon abgehalten. Obwohl du der Letzte wärst, der mich dafür verurteilt hätte.
Das weiß ich."

𝗬𝗼𝘂 𝗡𝗲𝘃𝗲𝗿 𝗞𝗻𝗼𝘄 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt