Kapitel 25

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„Brianna, stimmt etwas nicht?" Oliver sah sie unsicher an, nachdem sie ihre Pizza bestellt hatten, und Brianna seufzte leise auf.

„Nein. Also ... es ist ..." Sie beugte sich über den Tisch etwas zu Oliver vor, der es ihr gleichtat. So konnte sie ihre Stimme senken, auch wenn sie bezweifelte, dass ihre Tischnachbarn ihrem Gespräch zuhörten. „Freitag ... Josie ... Sie wurde entführt." Oliver sah sie verwirrt an, dann atmete er tief durch.

„Ich hatte befürchtet, dass es deiner Mutter schlechter geht. Aber das ist auf seine Weise noch schlimmer. Zumindest ist es nichts, womit man rechnet."

„Nein, das wirklich nicht." Er hatte Recht. Hätte sich der Zustand ihrer Mutter verschlechtert, hätte es sie auch getroffen, aber das war etwas, worüber sie bereits seit Wochen nachdachte. Josies Entführung dagegen hatte sie genauso unvorbereitet getroffen wie der Angriff auf ihre Mutter.

„Hast du eine Ahnung, wer es gewesen sein könnte? Hat sie einen eifersüchtigen Exfreund oder kämpfen eure Eltern um das Sorgerecht?"

„Jake ist ihr erster Freund. Und wir haben verschiedene Väter. Calvin, Josies Vater, ist voll in Ordnung. Er und Mom verstehen sich noch gut." Brianna schüttelte den Kopf. „Ich hab wirklich keine Ahnung. Sie hatte mit niemandem besonders viel Streit. Das Übliche, ein wenig mit Mitschülern, aber nichts Besonderes. Und wir haben auch kein Geld, sind nicht berühmt, nichts. Ich weiß es einfach nicht." Sie rieb sich über das Gesicht.

„Hast du schon mit jemandem darüber gesprochen? Also, außer Familie und Freunde und Kollegen. Ein Psychologe?"

„Du bist der erste." Sie lächelte schwach und Oliver sah sie überrascht an, bevor er ebenfalls lächelte.

„Ich fürchte, ich bin da befangen. Aber ich kann dir einen Kollegen empfehlen. Oder eine Kollegin, wenn du lieber mit einer Frau sprechen willst." Er stockte und eine feine Röte überzog seine Wangen. „Also, wenn du das überhaupt willst. Vielleicht willst du dich auch privat um so etwas kümmern. Oder gar nicht. Das ist völlig okay. Jeder geht anders mit solchen Dingen um. Aber aus meiner Sicht kann ich ein Gespräch mit einem Psychologen nur empfehlen." Sein Redeschwall ließ ihr Lächeln weiter werden und sie griff über den Tisch nach seiner Hand, um sie kurz zu drücken.

„Danke." Rasch zog sie ihre Hand wieder zurück, da sie sich plötzlich nicht sicher war, wie willkommen diese Berührung gerade war. Ihre Zweifel bezüglich Oliver nagten an ihr, aber im Moment wollte sie gar nicht an diese denken. Es gab genug Anderes, was ihre Gedanken beherrschte. „Ich denke, ich werde es probieren. Es ist grad einfach viel zu viel." Sie stockte, dann erzählte sie ihm auch von dem Vorfall im Krankenhaus.

„Vielleicht hat der Pfleger gelogen, weil er selber Schuld ist und sich nun herausreden will", gab Oliver zweifelnd von sich. „Und was ist einfacher, als einen ominösen Schatten zu erfinden? Falls da Kameras sind, sieht man eventuell nicht einmal was, je nach Winkel der Kamera."

„Ich weiß es nicht. Das Krankenhaus ermittelt und meine Großeltern haben die Polizei eingeschaltet." Sie zuckte mit den Schultern. Oliver hatte keine Miene verzogen, als sie von dem Schatten erzählt hatte, obwohl er wusste, wie Valerie vor einigen Tagen befreit worden war. Konnte er sich einfach gut beherrschen oder hatte er sie tatsächlich aus eigenem Antrieb angesprochen? Sie verfluchte diese Zweifel, die immer wieder einen Weg in ihre Gedanken fanden.

„Ich hoffe, dass sich das bald aufklärt. Und natürlich, dass ihr Josie bald unversehrt zurückhabt." Oliver sah sie mitfühlend an und für einen Moment verflogen ihre Zweifel. So gut konnte sich doch niemand verstellen. Zumindest diese Aussage musste er so meinen, er spielte ihr gerade sicher nichts vor.

Ihre Pizza kam und Brianna wechselte rasch das Thema. Sie wollte sich zum Einen einfach ablenken, zum Anderen wollte sie nicht, dass Oliver glaubte, sie treffe ihn nur, um bei ihm ihre Sorgen loszuwerden. Sie mochte ihn, auch wenn das vielleicht unklug war.

Nur ein SchattenWhere stories live. Discover now