Kapitel 2

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Laute Musik schlug Brianna entgegen noch bevor sie die Wohnungstür geöffnet hatte. Vermutlich stand Josie wieder in ihrem Zimmer und übte ihre Rockstarposen, statt dass sie, wie Brianna sie gebeten hatte, das Abendessen vorbereitet hatte.

Seufzend betrat sie die Wohnung und verschloss die Tür hinter sich wieder. Sie stellte den Einkauf in die kleine Küche und stellte dabei fest, dass die Packung mit Nudeln tatsächlich noch unangerührt auf der Arbeitsfläche stand. Erschöpft rieb sie sich über das Gesicht, bevor sie Josies Zimmer betrat, ein Prinzessinnentraum in Pink und Weiß, der nur von den Postern der Rockmusiker unterbrochen wurde.

Und von Josie in ihrer schwarzen Kleidung, der ganz offensichtlich neuen Lederjacke und den lila Strähnen in ihrem wilden Haar.

„Josie!" Vermutlich hörte Josie sie über die Musik nicht, aber sie hatte sie wohl gesehen, denn sie trat rasch an die Musikanlage heran und schaltete sie aus.

„Bri!" Freudestrahlend fiel ihre Schwester ihr um den Hals, bevor sie sich von ihr löste und sich vor ihr drehte. „Grandma war da, wir waren shoppen. Schau mal, die hat sie mir gekauft. Ist die nicht cool? Und bevor du meckerst, sie hat Auflauf mitgebracht, deswegen hab ich die Nudeln auch nicht gekocht, das wäre doch zu viel."

„Oh ... okay." Brianna musste lächeln und winkte ab. „Ja, ja, ich hab gedacht, du hast es vergessen. Die Jacke steht dir. Aber nun komm, lass uns essen. Hast du schon deine Hausaufgaben gemacht?"

„Nein?" gab Josie gedehnt von sich und biss sich auf die lila geschminkten Lippen. Vermutlich würde das Lila schon in einem Monat von einer anderen Farbe abgelöst werden. Dem Lila waren in den letzten Monaten zumindest noch türkis, blau, grün und orange vorangegangen. Josie probierte sich gerade wohl einfach aus und Brianna ließ sie machen, solange sie auch ihren Pflichten nachkam. „Ich mach sie gleich nach dem Essen, versprochen. Gehen wir Freitag zu Mom?"

„Klar machen wir das." Freitag war ihr Besuchstag bei ihrer Mutter im Krankenhaus, seit sie im Koma lag. Brianna war froh, dass ihre Großeltern sich um die Rechnungen für das Krankenhaus kümmerten. Einmal hatte sie einen Blick auf diese geworfen und bei der Höhe der Beträge war ihr schlecht geworden. Sie hatte genug damit zu tun Geld für die Miete aufzutreiben. Mit ihrem Praktikum bei S.H.I.E.L.D. würde sich dies alles hoffentlich zum Besseren wenden. Zumindest verdiente sie hier mehr als bei ihrem letzten Job als Verkäuferin in einem Supermarkt.

Während Brianna den Auflauf ihrer Großmutter in den Ofen schob, erzählte Josie ihr gut gelaunt von ihrem Schultag, von ihrem Schwarm Jake, der nur Augen für die Schulzicke Sandra hatte, von den Planungen für die Halloweenfeier der Schule und ihrem Vorhaben sich als Zombiehexe zu verkleiden.

Jake zog sich wie ein roter Faden durch ihre Erzählungen, aber Brianna machte sich wegen ihm kaum Gedanken. Vor Jake hatte es Tom, Kyle, Brian, Mikey und John gegeben und Josie hatte es bei keinem von ihnen auch nur gewagt sie einmal anzulächeln, geschweige denn sie anzusprechen. Auch wenn sie sonst vor Selbstbewusstsein nur so strotzte, bei Jungs wurde ihre kleine Schwester schüchtern und unsicher.

„Und hast du nun den Job?" unterbrach Josie ihr Schwärmen für Jake plötzlich und sah sie mit großen Augen an, eine Dose Erbsen, die sie in den Schrank hatte räumen wollen, vergessen in der Hand.

„Es ist ein Praktikum und ob ich fest eingestellt werde, zeigt sich danach."

„Du kriegst ihn bestimmt. Meinst du, ich kann nach der Schule im Krankenhaus arbeiten? Also nicht jeden Tag, aber so einmal in der Woche? Samstags vielleicht? Ich glaube, ich will Krankenschwester werden. Ärztin ist zu anstrengend, da muss ich ja studieren und ich hab ja gesehen, wie du dir die Nächte um die Ohren geschlagen hast. Aber Krankenschwester, das wäre echt cool. Oder vielleicht doch Ärztin. Mrs. Tyler meint, meine Noten wären gut genug, dass ich studieren soll. Aber ich weiß ja nicht." Josie begann tänzelnd den Tisch zu decken und Brianna schmunzelte. Sie selber hatte schon früh gewusst, dass sie beruflich irgendwann etwas mit Sprachen machen wollte. Auf Diplomatie war sie in ihrem letzten Schuljahr gekommen, weil ihr Englischlehrer sie darauf gebracht hatte, dass dies auch ein möglicher Berufszweig für sie war. Aber der Gedanke an die Avengers hatte sie nie losgelassen.

Nur ein SchattenМесто, где живут истории. Откройте их для себя