Zweiunddreißig

1.3K 61 6
                                    

𝒜 𝓁 ℯ 𝒶
ᴡɪʟʟɪᴀᴍs

Als ich wieder zu mir kam, hörte ich einen regelmäßigen Ton, der mir in den Ohren klingelte.
Ich vernahm den starken Geruch von Desinfektionsmitteln und spürte, wie jemand meine Hand festhielt. Ein Stück weiter oben, pulsierten meine Handgelenke schmerzhaft im selben Rhythmus wie mein Herzschlag an den Monitoren. Zumindest dachte ich, es wären Monitore.

Sanft und liebevoll hielt die Person meine Hand. Immer wieder fuhr ein Daumen in gleichmäßigen Kreisen über meinen Handrücken, der ebenfalls unangenehm pochte.

Jeffreys dunkle Augen blitzten in meinen Gedanken auf und ich saß mit einem Mal senkrecht in einem mir unbekannten Bett. In einem unbekannten Raum.
Der Schmerz, der mir durch den Magen und meinen Körper schoss, brachte mich zum Stöhnen. Mir war schlecht und mein Kopf hämmerte unkontrolliert.

Panisch überflog ich den Raum, in welchem ich mich befand. Weiße, schlichte Wände. An der Wand mir gegenüber hing ein Bild von einer gelben Orchidee.
Hier war alles sehr spärlich und Weiß gehalten. Nichts, was hervorstach. Vielleicht das Bild und die hässlichen, gelben Vorhänge, die viel zu lang für die Fenster waren. An den Enden waren sie ganz grau und schmutzig. Links war ein Flur, in den ich nur ein paar Meter weit von dieser Position einsehen konnte.

Doch dann erblickte ich Kyson, der neben mir saß und mich perplex betrachtete. Seine Augen huschten von meiner Hand zu meinem Gesicht und dann zu meinen Augen. Es dauerte, bis er verstand, was passiert war.

In der Zeit erkannte ich seine geröteten Augen und sein unnatürlich blasses Gesicht. Eingefallene Schultern und einen müden Blick. Er sah total fertig aus.
Und offensichtlich hatte er sich große Sorgen um mich gemacht. Mein Herz wurde ganz schwer.

»Du bist wach«, flüsterte er und seine Stimme brach nach dem letzten Wort. Kyson löste seine Hand von meiner und stand auf.
Ich vermisste seine Hand in meiner, doch als er mich in eine solch innige und schöne Umarmung zog, entspannte ich mich.

Dass mein Körper bis gerade eben gezittert hatte, ignorierte ich.
Kysons Hände rieben zärtlich an meinem Rücken, der schmerzte. Aber es war okay, dass er mich so dicht an sich zog.

Es war in Ordnung, denn das war Kyson, der mich gerade berührte. Und Kyson war nicht Jeffrey. Er würde mir so etwas nicht antun.

»Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Alea«, hauchte er an meinem Ohr und ich wollte die Augen schließen, doch ich konnte es nicht. Ich traute es mich nicht, die Augen zu schließen.
Hatte zu große Angst davor, Jeffrey wiederzusehen.

Also starrte ich das Bild mir gegenüber an und krallte meine eiskalten Finger und Kysons schwarze Lederjacke.
Ein Geruch von Zitronen und einem männlichen Aftershave stieß mir in die Nase und übertönte das ekelhafte Desinfektionsmittel.

Ich wollte Kyson nicht mehr los lassen, doch viel zu schnell löste er sich von mir.
Seine wärmenden Hände legte er um meine kalten Wangen und setzte sich auf die Bettkante.

»Wie geht es dir?«, fragte er und betrachtete dabei neugierig mein Gesicht. Meine Stirn, meine Nase, meine Lippen, meine Wangen...einfach alles nahm er unter die Lupe. Und bei meinen Augen stoppte er schließlich. Die Augenringe von ihm waren wieder deutlicher zu sehen.
War es normal, dass ich mir mehr Sorgen um ihn machte, als um mich? Nach allem, was passiert war?

Oder lag es einfach daran, dass ich noch nicht vollständig realisiert hatte, was da passiert war? Was Jeffrey vorhatte?

»Ich weiß nicht, wie es mir geht. Ich habe Schmerzen an sämtlichen Stellen. Aber ich bin gerade einfach glücklich, dich zu sehen. Und ich traue mich nicht, die Augen zu schließen«, gestand ich ehrlich.

Kyson EvansWhere stories live. Discover now