Fünf

1.5K 80 22
                                    

𝒦𝓎𝓈ℴ𝓃
ᴇᴠᴀɴs

Ich lag auf meinem Bett und starrte an meine helle Decke, spürte, wie nach und nach einzelne Muskelpartien sich entspannten. Es tat gut, einfach nur dazuliegen und vor sich hinzustarren, aber die aufkommende Stille trug leider auch dazu bei, dass meine Gedanken sich wieder nur um ein Thema drehten.

Es war wie eine Spirale. Die Gedanken waren anfangs noch erträglich, aber sie wurden mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich, schlimmer.

Ich dachte an die Worte meiner ehemaligen Psychologin und atmete erst einmal tief durch, dann setzte ich mich auf und wollte etwas tun, das mir gefiel und mich ablenkte, als sich alles in mir verkrampfte.

Fuck, nein. Beruhig dich, Kyson. Denk nicht daran. Denk...denk einfach an etwas, irgendwas. Scheißegal, was. Denk an das erst Beste, dachte ich und öffnete die Augen mühsam.

Das ausgerechnet Alea Williams ausdrucksvolle, blaue Augen mir in den Sinn kamen, war nicht gerade die Art von Ablenkung, die ich erhofft hatte.

Dennoch war es besser die Gedanken auf sie zu lenken, als meine Vergangenheit wieder und wieder zu durchleben und Stück für Stück in ihr zu versinken.

Ich dachte daran, wie neugierig sie die letzten Tage war und fragte mich, ob ich sie mit meinem Verhalten gekränkt hatte. Wahrscheinlich schon.

Ich war mir ziemlich sicher sogar, ich wollte es mir nur nicht eingestehen.

Freitag, als sie mich fragte, ob ich mir die Hand verbrannt hatte, war ich mies gelaunt. Dann am Abend, als sie plötzlich in meinem Schlafzimmer stand, in meiner Wohnung – meinem Neuanfang – war ich total überrumpelt und wusste selbst nicht so ganz, warum ich so reagierte, wie ich tat.

Ich glaubte einfach, dass es mit Alea noch gehörig kompliziert werden könnte, mit ihrer neugierigen Art und ihrem netten Lächeln.

Ich fand sie mit ihren kastanienbraunen Haaren, den blauen Augen, der geraden Stupsnase und dem kleinen, kurvigen Körper wirklich hübsch, aber genau das war der springende Punkt, der mich so einschüchterte, mich blockierte. Der alles unerträglich werden ließ.

Sie war in meinen Augen attraktiv.

Bisher fand ich nur ein Mädchen in meinem Leben vom ersten Augenblick, als ich sie sah, wirklich attraktiv. Ich ging mit diesem Mädchen sechs verdammt schöne Jahre lang.

Fuck, nein! Weg von diesen Gedanken, Kyson! Du musst dich fokussieren, versuchte ich mich verzweifelt zurück in die Gegenwart zu bringen.

Drei Jahre war es her und ich verdammter Idiot konnte nicht einfach weitermachen, als wäre nichts gewesen. Meine Vergangenheit zerrte an mir, ließ mich nicht los.

Wäre ich der Kyson vor dieser Vergangenheit, dann hätte ich Alea Williams nicht hinter den Tresen des Cafés stehen lassen und sie ignoriert. Ich wäre nicht gegangen, sondern geblieben.

Wäre ich nicht der Kyson, der ich nun war, dann hätte ich die Zeit mit ihr eingesperrt vielleicht genossen. Dann wäre es nicht die Hölle für mich gewesen, in ihr Gesicht zu sehen.

Und wäre ich verdammt nochmal nicht der, der ich war, dann würde ich mich anders verhalten.

Ich würde sie ansprechen. Genauso neugierig sein, wie sie es war. Ich würde wissen wollen, wer Alea Williams war, was für eine Geschichte sie zu erzählen hatte, was für Ereignisse sie prägten, wovor sie sich fürchtete und verdammt nochmal – vielleicht würde ich meine Nachbarin in mein Leben lassen.

Aber ich war nicht mehr der Kyson, der das getan hätte.

Ich war der, der Bindungsängste hatte.

Der, der seine Gefühle nicht in Worte fassen konnte.

Kyson EvansUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum