Neununddreißig

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𝒦𝓎𝓈ℴ𝓃
ᴇᴠᴀɴs

Der Begriff »Zeit« verlor an Bedeutung, wenn ich mit Alea zusammen war.
Wichtig war für mich nur noch sie und die Momente, die wir gemeinsam erlebten.

Der Sommer neigte sich langsam dem Ende und morgens, wie auch abends kletterten die Temperaturen nun weiter nach unten, so, dass eine Jacke ein Muss wurde.

Ich verbrachte abends, nach der Arbeit viel Zeit in ihrer Wohnung oder sie in meiner.
Oder wir waren draußen unterwegs, machten Spaziergänge mit den Hunden, die Alea ausführte.

Den Job als Barkeeperin an den Wochenenden, legte Alea auf Eis. Nach dem Vorfall mit dem Geisteskranken Ex, konnte ihr aber keiner einen Vorwurf machen. Ich unterstützte sie mental so, wie sie es auch für mich tat. Manchmal hatte sie noch Alpträume wegen ihm, das wusste ich, auch wenn Alea es versuchte, zu überspielen. Doch sie war diejenige, die mir gelernt hatte, zuversichtlich zu bleiben. Und ich war mittlerweile so weit zu sagen, dass wir das gemeinsam überstanden.

Der schwarze Kaffee im Andersons blieb weiterhin mein Morgenritual, bevor ich zu Marcel in die Werkstatt fuhr.

Freitags wurde zu meinem festen »Cavanaugh-Tag«, wie Alea ihn nannte und auch wenn ich mich nach diesen Sitzungen beschissen und ausgelaugt fühlte, bewirkte es etwas.

Ich fing an, mir selbst zu vergeben. Und das half mir wiederum, meine Vergangenheit langsam immer weiter loszulassen. Dass ich Hayley weiterhin liebte, änderte sich aber nicht. Sie würde immer ein Teil von mir bleiben und das war okay. Das wollte ich so.

Auch heute Nacht, als ich Aleas warmen Körper an mich gekuschelt spürte, dachte ich nach. Aber nicht so wie ich es früher tat.

Ich machte mich nicht mehr fertig.

Ich dachte an die guten Erlebnisse mit Hayley und fokussierte mich nicht mehr so stark auf den Unfall. Und während ich nachdachte und meine Lippen gegen Aleas Stirn drückte, übermannte mich diese Müdigkeit.

Schlechte oder seltsame Träume waren keine Seltenheit, aber sie handelten nicht mehr allein über Hayley oder ihren Tod.
Manchmal träumte ich davon, wie ich mich mit Alea stritt und sie abhaute und nie wieder kam. Das war schlimm. Manchmal träumte ich von Hayley, wie wir picknickten und dann wieder von Alea, der ich einen Ring ansteckte.

Es war verwirrend, aber immer, wenn ich wach wurde, waren es Aleas blaue Augen, die ich sah und über die ich mich freute, sie zu sehen. Die mir die Ruhe schenkten, welche ich in diesen Augenblicken benötigte.

Doch dieser Traum war anders.

• • •

»Du siehst gut aus, Evans. Jetzt komm schon, kneif die Arschbacken zusammen und geh da vor«, versuchte mir Ryan Mut zu machen, doch all das Gerede half nicht.
Ich stand hier in einem verdammt teuren Anzug und würde in wenigen Stunden verheiratet sein.

Verheiratet mit Hayley Smith. In wenigen Stunden war sie dann eine Evans. Meine Evans.

Das war es nicht so leicht, die Nerven zu behalten und cool zu wirken. Die Nerven lagen schon lange blank.

Trotzdem holte ich Luft und schüttelte die Hände aus, bevor ich meinen Trauzeugen kritisch ansah und dann zu Clio schaute, der hinter Ryan stand und mich anlächelte und sagte: »Du schaffst das, Evans«

Ich nickte und schloss einen Moment die Augen. Sie würde meine Frau werden.
Ryan und Clio berührten mich beide nochmals an der Schulter und erhöhten den Druck ihrer Hand, als ich sie ansah, bevor sie die Kirchentür ein Stück weit öffneten und hindurch schlüpften, um vorne am Altar auf mich zu warten.

Kyson EvansWhere stories live. Discover now