Zukunftsaussichten

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Marcus Agrippa's Lächeln wurde breiter, als er auf das Stadthaus zulief, dass er nun seit zwei Jahren bewohnte. Er hatte Dionysos seinem Stallburschen übergeben, der sich nun um sein treues Pferd kümmern sollte, während er sich auf das Wiedersehen mit Kiana freute. Er hatte sie drei Monate entbehren müssen. 

Zwei Wochen nach ihrem gemeinsamen Tag am Strand, musste er zu den Sueben am Rhein aufbrechen und die verfeindeten Stämme befrieden. Und das zu einer Jahreszeit, in der in diesem nördlichen Teil der Welt so etwas Weißes auf dem Boden lag. Schnee, wie ihm einer seiner Soldaten, der aus dieser Wildnis im Barbarenland stammte und als Junge für den Frieden nach Rom geschickt wurde, erklärte. Gefrorenes Wasser. 

Marcus selbst hatte noch nie in seinem Leben Schnee gesehen. Da wo er herkam, gab es so etwas nicht. Wenn es nicht so kalt wäre, könnte er dem Anblick vielleicht etwas abgewinnen. 

Doch so machte alles insgesamt einen trostlosen Eindruck auf ihn. Es war ein graues, nasses Land, in dem ständig der Nebel festhing. So stark, dass man manchmal seine eigene Hand nicht mehr vor der Nase erkennen konnte. 

Er freute sich darüber, wieder in Burdigala zu sein. Hier war es wenigstens etwas wärmer als im Norden und es lag kein Schnee auf der Erde. Stattdessen schien es die letzten Tage aber geregnet zu haben. Der Boden wies eine gewisse Nässe auf und die Luft war feuchter als sonst. 

Als Marcus das Atrium seines Hauses betrat, kam und einem der neuen Sklaven seinen Mantel in die Hand drückte, kam sofort Freya auf ihn zugeeilt, um ihn zu begrüßen. Er war überrascht und etwas enttäuscht darüber, dass sie alleine kam. 

„Wo ist Kiana", fragte er sogleich. 

„Sie ist mit Brianna im Wald und sammelt Kräuter, Herr", antwortete Freya, wich bei der Frage jedoch seinem Blick aus. „Sie kommen sicher bald wieder zurück, Herr." Marcus hatte das Gefühl, dass sie noch etwas sagen wollte, es aber dann sein ließ. Irgendetwas fühlte sich komisch an. 

„Dann lass mir in der Zwischenzeit in Bad ein und gib in der Küche Bescheid, dass ich etwas Anständiges zum Essen möchte", sagte er aber anstatt weiter nachzuforschen. Er würde die Zeit bis zu Kiana's Rückkehr dazu nutzen, sich frisch zu machen. Es war ein langer Ritt hierher gewesen und ein Bad war genau das, was seine müden Knochen jetzt brauchten. 

„Wie ihr wünscht, Herr", antwortete Freya mit einer erneuten Verbeugung und eilte davon, um seinem Befehl sofort nachzukommen. 

Als Marcus in das warme Wasser tauchte, ließ ihn das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Es war nichts Offensichtliches, also nichts, was er direkt hätte benennen können. Das Haus war wie immer. Seine Sklaven verhielten sich wie immer. Alles schien wie immer. 

Dass Kiana mit Brianna Kräuter sammeln ging, war zwar untypisch für sie, aber er hatte es ihr nie verboten. Wozu auch? Er vertraute ihr mittlerweile so sehr, wie seiner Heilerin. Sie würde sein Vertrauen nicht dazu missbrauchen und vor ihm fliehen. Warum sollte sie? Er behandelte sie gut. Sehr gut sogar. 

Im Gegensatz zu seinem Vater war er generell etwas weich Sklaven gegenüber, aber seiner Meinung nach, war es die bessere Einstellung. Er schreckte zwar nicht davor zurück, Gebrauch von der Peitsche zu machen, wenn es notwendig war, doch Machtdemonstrationen, wie sein Vater sie geliebt hatten, waren ihm zuwider. Und in seinen Augen hatte er recht. Die Sklaven, die er geerbt hatte, handelten nur aus Angst heraus. Lachen hatte er sie nur selten gehört und wenn, dann duckten sie sich und erwarteten eine Strafe von ihm. Marcus zog die entspannte Atmosphäre, die er hier in Burdigala aufgebaut hatte, vor. Diese lockerere Einstellung hatte, entgegen zu dem, was sein Vater behauptete, weder zur Aufmüpfigkeit noch zu einem Aufstand geführt. Er war, trotz seiner begrenzten Zeit, der Hausherr und seine Sklaven hatten ihm bedingungslos zu gehorchen. Das wussten alle. Auch Kiana. 

Römische Verhältnisse - Die Diener RomsWhere stories live. Discover now