Die Macht der Gefühle

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Kiana und Marcus betraten den Eingangsbereich des Atriums. Marcus hatte die ganze Zeit ihre Hand gehalten, als sie zurückliefen, und Kiana hatte sie gerne genommen. Sie hatte die Unterhaltung zwischen ihm und Andromeda belauscht und sie war sich sicher, dass seine Reue echt war.

Wieso hätte er Andromeda belügen sollen?

Nun waren es seine Worte, die sie zum Nachdenken angeregt hatten. Er hatte Andromeda gesagt, dass sie mehr für ihn war, als nur eine Sklavin. Was meinte er damit? Konnte es sein, dass er sich genauso zu ihr hingezogen fühlte, wie sie sich zu ihm?

Sie genoss das warme Gefühl in ihrem Körper, dass sich in ihr ausgebreitet hatte, als er sie in den Arm und anschließend ihre Hand genommen hatte. Nachdem er ihr versprochen hatte, sie nicht zu bestrafen, hatte sich ihre Anspannung in Luft aufgelöst und nur noch ein Prickeln auf ihrer Haut hinterlassen.

Fast schon bedauerte sie es, als er ihre Hand losließ, nachdem sie das Atrium betraten. Unsicher blieb sie stehen und blickte sich in der großen Halle um. Ihre Aufmerksamkeit schien den kunstvoll gearbeiteten Fresken zu gelten und nicht ihm. In Wahrheit, wusste sie nicht, wie sie sich ihm gegenüber nun verhalten sollte.

„Kiana ...", begann Marcus unsicher.

„Herr", begann Kiana im selben Augenblick. Sie umschlang ihren Körper mit ihren Armen. Unsicher, was nun folgen würde, starrte sie den marmornen Boden an. Ihr Herr trat einen Schritt auf sie zu und hob vorsichtig ihr Kinn, um ihr in die Augen zu sehen.

„Ich möchte nicht, dass der Abend so endet", flüsterte er sanft. Kiana sah ihm zögerlich in seine bernsteinfarbenen Augen und konnte nun auch die Reue deutlich in seinem Blick erkennen.

„Ich auch nicht, Herr", wisperte sie und biss sich auf die Unterlippe. Sie konnte seinen heißen Atem in ihrem Gesicht spüren und erneut durchströmte sie ein warmer Schauer.

„Ich versichere dir, das vorhin wird nie wieder vorkommen", sagte er dann nach einer kurzen Pause. „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, denn dir wehzutun, ist das Letzte, was ich will." Kiana versuchte, den Blick von ihm zu lösen, da sie nicht wusste, was sie tun sollte. In ihrem ganzen Leben musste sie noch nie so viele widerstreitende Gefühle aushalten, wie an diesem Abend. Ihr Vater würde ihr sagen, dass sie versuchen sollte, vor ihm zu fliehen. Dass er ihr heute sein wahres Gesicht gezeigt hatte. Doch das war nicht, was ihr ihr Gefühl sagte. Andromeda hatte ihr erzählt, dass er wütend auf sie war, und Kiana erinnerte sich nur zu gut an seinen Zorn. Sie hatte gehört, wie er Andromeda gesagt hatte, dass sie mehr für ihn als nur seine Sklavin sei und auch Andromeda hatte ihr erzählt, dass er sich in eine andere Frau verliebt hatte. War sie naiv zu denken, dass er sie meinte?

„Ich weiß, Herr", flüsterte sie daher und wandte sich ganz von ihm ab. Aber sie wusste, dass jetzt der Zeitpunkt war, die Fragen zu stellen, die ihr so auf der Seele brannten. Sie brauchte seine ehrlichen Antworten.

„Herr? Darf ich Euch etwas fragen", bat sie ihn daher zögerlich und richtete erneut ihren Blick auf ihn.

„Natürlich, Kiana", antwortete er sanft und betrachtete sie aufmerksam.

„Werdet Ihr mir ehrlich antworten?" Sie musste wissen, ob sie ihm vertrauen konnte, und das ging nur, wenn er ihr nichts mehr vormachte.

„Du hast mein Wort."

„Wieso ... habt Ihr aufgehört?" Es war die brennendste aller Fragen für sie.

Marcus seufzte. „Ich habe gesehen, wie viel Angst ich dir gemacht habe. Und ich möchte nicht, dass du dich vor mir fürchtest. Wenn du mit mir schläfst, sollst du es auch wollen. Ich möchte dich nicht dazu zwingen. Aber genau das hätte ich getan." Erneut konnte sie hören, wie schuldbewusst seine Stimme klang.

Römische Verhältnisse - Die Diener RomsWhere stories live. Discover now