Die zwei Seiten einer Medaille - Teil 1

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Das beklemmende Gefühl in ihrer Magengegend wollte nicht verschwinden, als sie sich zum Schlafen in ihr Schlafgemach zurückzog. Selbst als sie den Kopf auf ihr weiches Kissen bettete, fand sie keine Ruhe. Die Leere der Wände und die Stille ihres Zimmers schienen nur ihre eigene Einsamkeit widerzuspiegeln. Warum fühlte sich auf einmal alles so trostlos und verlassen an? Wieso war ihr Ehemann so wütend auf sie? Sie hatte sich den Tag so schön vorgestellt. Es sollten ihre ersten Saturnalien als Hausherrin werden. Doch dann kam alles ganz anders. Dieser freudige Tag war zu einem furchtbaren Alptraum geworden.

Als Polla sie aufsuchte und fragte, ob sie nicht auch ihren Bruder Lucius und seine Frau für die Saturnalien einladen wollte, hatte sie sich nichts dabei gedacht. Schließlich handelte es sich um ein Familienfest und als Marcus' älterer Bruder hatte Lucius jedes Recht daran teilzunehmen. Zumindest hatte Caecilia keinen Augenblick daran gedacht, dass ihre Schwägerin sie in eine Falle locken würde. Natürlich hatte es sie gewundert, dass Marcus seinen Bruder ihr gegenüber nie erwähnt oder ihn selbst eingeladen hatte. Doch zum einen war Marcus seit ihrer Hochzeit kaum Zuhause gewesen und zum anderen war es ungewöhnlich, dass der große Bruder so unbedeutend war, dass er das Fest bei seinem kleinen Bruder verbringen musste. Normalerweise scharrte sich die ganze Familie immer um den ältesten Sohn und nie um den Jüngeren.

Nicht einmal die leistete Andeutung hatte Polla gemacht, dass die Anwesenheit seines Bruders Marcus derart reizen würde. So war Caecilia einfach davon ausgegangen, dass Lucius Vipsanius berufsbedingt oft auf Reisen war und sie ihn deshalb noch nicht kennengelernt hatte. Die Geschäfte der Pomponier ähnelten denen der Vipsanier und nachdem es Lucius als ältesten Sohn zustand, die Leitung der Familiengeschäfte zu übernehmen, hatte Caecilia angenommen, dass Marcus' Bruder viel in Italien unterwegs sein musste. Ihr Vater hatte selbst lange in Athen gelebt und war erst nach Rom zurückgekehrt, als sein guter Freund Cicero aufgrund der politischen Lage seine Hilfe in der Stadt benötigte. Daher hatte es sie nicht weiter verwundert, dass er nicht auf ihrer Hochzeit anwesend war.

Immer noch mit sich ringend, ob sie ihren Gatten wirklich aufsuchen sollte, stand sie auf und lief tief in Gedanken versunken den leeren Flur zum anderen Ende des Hauses entlang. Nur ein paar Sklaven irrten auf den Gängen herum, aber Caecilia ignorierte sie. Tief atmete sie noch einmal durch und rang mit sich selbst, ob sie ihn tatsächlich in seinem Gemach aufsuchen sollte. Schließlich war ihr Ehemann bis jetzt immer zu ihr gekommen und nicht anders herum. Vielleicht wollte er sie heute wirklich nicht mehr sehen. Andererseits wollte sie sich mit ihm versöhnen und nicht bis morgen damit warten. Bevor sie ihre Meinung ändern konnte, klopfte Caecilia gegen die Tür ihres Ehemannes und erhielt keine Antwort. Vielleicht schlief er bereits? Einen Augenblick gedachte sie in die Einsamkeit ihres Gemachs zurückzukehren, doch dann nahm sie all ihren Mut zusammen und öffnete vorsichtig die Tür. Leer und kalt starrte ihr die Einsamkeit des fremden Zimmers entgegen. Nirgends fand sie auch nur einen Hinweis darauf, dass Marcus nach Tagesanbruch wieder hier gewesen war oder ob er hier überhaupt lebte. Es war vollkommen verwaist. Irritiert blickte sie noch einmal in das Zimmer und fragte dann einen der Sklaven, der gerade vorbeilief, ob er wisse, wo ihr Ehemann sei. Der Sklave antwortete nur, dass er gesehen habe, wie der Hausherr in den Garten ging.

Caecilia dachte sich nichts dabei, als sie sich fröstelnd ihre Stola enger um den Körper wickelte und sich auf die Suche nach ihm machte. Vielleicht konnte Marcus ebenfalls nicht schlafen und wollte die Nachtluft dazu nutzen, um seinen Kopf freizubekommen. Die Konfrontation mit seinen Bruder hatte sicherlich auch ihn stark aufgewühlt. Noch nie hatte Caecilia ihn so wütend erlebt. Hätte sie gewusst, was sie mit ihrer Einladung anrichtete, hätte sie Lucius nie eingeladen. Wenn Polla sie das nächste Mal um etwas bat, würde sie einfach lächelnd ablehnen. Lieber verspielte sie sich die Gunst ihrer Schwägerin als die Gunst ihres Mannes.

Römische Verhältnisse - Die Diener RomsOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz