12.

3.3K 140 1
                                    

Die Vorbereitung für die Saison fängt schon vor der Schulzeit wieder an, sodass ich zumindest wieder Sport treibe.

Es tut gut wieder Saltos zu schlagen und die Mädels zu sehen. Wir machen einige Übungen, reden aber vor allem über unsere Ferien. Ich lasse dabei alles aus, was irgendwie auf Liebeskummer hinweisen könnte. Wenn ich darüber rede, dann nur mit meiner besten Freundin. Es ist mir schon immer schwer gefallen über meine Gefühle zu reden. Bei Josh ist es damals einfach klar gewesen, dass wir zusammen sind. Wir mussten uns vor niemanden rechtfertigen oder es an die große Glocke hängen, weil das schon alle anderen für uns übernommen haben. Sarah erzählt von ihrem Urlaub in der Karibik und ich versuche aufzupassen und nett zu lächeln.

Irgendwann stupst Lynn mich plötzlich an und zeigt in Richtung Eingang des Sportplatzes. Verwirrt drehe ich mich um und mein Herz macht tausend Sprünge, als ich Jordan im Eingang stehen sehe. „Ihr könnt duschen gehen, wenn ihr wollt", sage ich zu den anderen und stehe auf. „Sehe ich okay aus?", frage ich Lynn und sie lacht: „Ja alles gut." Trotzdem streiche ich mir meine Haare nochmal aus dem Gesicht und zupfe an meinem Shirt herum.

Ich laufe zu Jordan und werde mit jedem Schritt aufgeregter. Sie hat Gehhilfen dabei und ihr Bein ist immer noch eingeschient. Wie so oft trägt sie eine kurze Sporthose und ein Skateshirt und sieht einfach nur wunderschön aus. Sie beißt sich auf ihre Lippe, als ich vor ihr stehenbleibe.

„Hey", sagt sie, mustert mich und lächelt leicht. „Hi", antworte ich nur nervös und spiele an meinen Händen herum.

„Was ich gesagt habe, ich hatte ziemlich viel Schmerzmittel intus. Kann ich es dir erklären?" Ich nicke sofort und sage ihr, dass sie warten soll. So schnell wie heute habe ich noch nie geduscht. Meine Haare sind noch feucht, als ich zu Jordan laufe, die sich auf eine Bank gesetzt hat. „Ich zeige dir einen Platz, nicht weit von hier", sage ich ihr und wir gehen nebeneinanderher.

„Hast du starke Schmerzen?", frage ich nach ein paar Metern. Sie schüttelt den Kopf: „Mittlerweile nicht mehr." Sie fragt mich, was ich in den Ferien gemacht habe und ich versuche alles etwas auszuschmücken, um nicht wie ein Opfer zu klingen. Wir kommen zu der Bank, auf der ich oft sitze, wenn ich nach dem Training allein sein will. Wir setzen uns und schweigen einige Minuten, während wir auf den Fluss gucken.

„Es tut mir leid, was ich gesagt habe", sagt Jordan schließlich, „natürlich bist du nicht schuld an dem Unfall. Football ist mir einfach so wichtig, dass ich Schwarz gesehen habe." Ich nicke und krame den Glücksbringer aus meiner Jackentasche. „Du brauchst ihn wohl dringender als ich." Sie schmunzelt: „Dir hat er ja auch kein Glück gebracht, schließlich habt ihr verloren." Ich lächele und zucke mit den Achseln: „Ich denke schon, dass er das Team gewinnen lassen hat, für das ich war." Sie mustert mich kurz und grinst dann breit.

Nach einigen Sekunden Stille frage ich: „Wirst du operiert werden?" Sie schaut gedankenverloren aufs Wasser: „Wenn ich wieder spielen möchte, führt kein Weg daran vorbei." Ich betrachte sie nachdenklich: „Du denkst doch nicht übers Aufhören nach?" Jordan berührt vorsichtig mit ihrem kleinen Finger meine Hand, die zwischen uns auf der Bank liegt. Sofort schießt es wie Elektrizität durch meinen Körper und meine Haut kribbelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie kein Football mehr spielen wird. „Ich habe noch Zeit darüber nachzudenken. Bis dahin möchte ich gerne ein Date haben." Sofort zucken meine Augen nach oben und erkennen ihr typisches Grinsen.

„Ich kenne eine von der Royal. Sie ist zwar super zickig und arrogant, aber puuh", sie schüttelt mit ihrer Hand, als hätte sie sich verbrannt, „sie ist so heiß." Ich verdrehe grinsend die Augen: „Ach ja? Kenne ich sie?" Sie nickt: „Jeder kennt sie, selbst die Assis von der PSA." Ich lächele ehrlich und sage: „Ich habe gehört, dass die eigentlich ziemlich cool sein sollen." Sie erwidert mein Lächeln und ihre Augen sind ausnahmsweise gar nicht so dunkel. Mein Blick fällt auf ihre Lippen und sie beugt sich leicht in meine Richtung, als mein Handy klingelt. Es ist Lynn und sie weint, scheinbar hat ihr Freund sich von ihr getrennt. Ich schaue Jordan entschuldigend an: „Ich muss leider weg. Wann sehen wir uns wieder?"

Sie lächelt, nimmt mir mein Handy weg und tippt ihre Nummer ein. Einige Sekunden lächeln wir uns nur an, dann merke ich, dass ich mich beeilen sollte. „Bis dann", sage ich, drücke ihr einen Kuss auf die Wange und laufe zügig zu meinem Fahrrad.

Lynn weint in meine Schulter, tatsächlich hat sie sich von Ben getrennt. Trotzdem nimmt es sie ziemlich mit, die beiden waren ähnlich lang wie ich und Josh zusammen. „Du hast Glück", schluchzt sie, „du hast schon wen neues kennengelernt. Du warst ja nicht mal wirklich traurig, dass du Josh los bist." Ich weiß nicht wirklich, was ich sagen soll, also streichele ich einfach ihre Schulter. „Wie war überhaupt das Gespräch mit Jordan?", fragt sie. Ich erzähle ihr, was passiert ist und sie beruhigt sich währenddessen.

Sie lächelt, als ich fertig mit Erzählen bin und meint: „Ich freue mich echt für dich. Vor allem, weil es jemand von der PSA ist und ich dich damit für immer aufziehen werde." Ich schmunzele, sie hat Recht, es ist ziemlich verrückt.

Niemals hätte ich erwartet, dass ich jemanden wie Jordan jemals gut finden könnte. Wenn ich jetzt allerdings an sie denke, wie sie lächelt und sich lässig durch die Haare streicht, schmelze ich nur so dahin.

Was ist bloß mit mir passiert?

The girl from the other sideOù les histoires vivent. Découvrez maintenant