49.

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POV Jane

Ich lese zum wiederholten Mal die Nachricht, die Paul mir heute Morgen geschickt hat.

Er hat mich eingeladen, zum nächsten Spiel der PSA zu kommen. Ich bin hin und hergerissen, weil ich nicht weiß, ob Jordan mich sehen will. Sie ist nach unserem letzten Aufeinandertreffen weggelaufen und es hat mir verdammt weh getan. Ich bin mir sicher, dass ich ihr immer noch wichtig bin, aber nicht, ob das reicht. Ich telefoniere mit Lynn und sie sagt sofort, dass sie mitkommen wird. Sie lässt dafür sogar unser Team ausnahmsweise alleine, was mir wirklich viel bedeutet. Das gibt mir etwas Sicherheit, trotzdem bin ich an dem Samstag unheimlich nervös. Morgens ziehe ich mich mehrmals um, weil ich möglichst gut aussehen will. Irgendwann seufze ich vorm Spiegel, ich weiß genau, dass es Jordan egal ist, was ich anhabe. In der Zeit, in der wir zusammen waren, hat sie mir so oft gesagt, wie wunderschön ich bin. Niemand hat mir je zuvor das Gefühl gegeben, etwas so Besonderes zu sein, wie sie es getan hat. Als ich Jordan damals im Camp kennengelernt habe, war sie jemand, der Mädchen nur auf ihr Äußeres reduziert hat. Sie hat mir auch mal gesagt, dass sie mich zunächst deswegen reizvoll fand. Schnell habe ich aber gemerkt, dass es Jordan egal wäre, was ich mit meinem Körper mache. Sie liebt mich für den Menschen, der ich bin und ihr wäre egal, wie ich aussehe. Ich ziehe mir meine Jeansjacke über und streiche über die Kette mit dem kleinen Anker daran. Nicht einen Tag habe ich sie abgenommen, auch wenn ihr Anblick mich traurig gemacht hat. Sie erinnert mich an wunderschöne Tage in Europa, die ich niemals vergessen möchte. Selbst wenn Jordan mich nie wieder in ihre Arme nimmt, diese Tage gehören mir und niemand kann sie mir nehmen.

Als ich durch den Flur laufe, kommt mir meine Mutter entgegen und mustert mich. „Du siehst hübsch aus", sagt sie und ich lächele. Ich sehe ihr an, dass sie etwas sagen möchte, aber zögert. Also bleibe ich stehen und sehe ihr in die Augen. Meine Mutter war noch nie wirklich gut darin über Gefühle zu reden, aber ich weiß, dass sie sich Mühe gibt. „Zwischen dir und Jordan ist immer noch Funkstille?", fragt sie schließlich und ich nicke. Sie seufzt und blickt auf die Kette an meinem Hals: „Es tut mir wirklich leid. Sie ist ein gutes Mädchen und hat das alles nicht verdient." Meine Mutter sieht wirklich traurig aus und ich weiß, dass ihr das alles auch zusetzt. Also umarme ich sie, damit sie weiß, dass ich ihr nicht mehr böse bin. „Ich fahr jetzt zu einem ihrer Spiele, damit ich ihren ersten Touchdown sehen kann." Meine Mutter lächelt, doch dann wird ihr Gesichtsausdruck etwas verwirrt. Mir fällt auf, was ich da gesagt habe und ich presse meine Lippen aufeinander. Meine Mutter fängt allerdings nur an zu lachen und schüttelt den Kopf: „Das hätte ich wissen müssen. Natürlich ist sie im Footballteam. Wir Adams stehen einfach auf Footballer." Sie zwinkert mir zu und ich verziehe das Gesicht: „Mama!" Sie lacht nur und streicht meine Haare glatt: „Sei nicht so verklemmt und jetzt mach dich los, damit du nicht zu spät kommst." Wie auf Kommando ertönt vorm Haus eine Hupe und ich verabschiede mich von meiner Mutter. Lynn lasse ich lieber nicht warten, sonst muss ich beim nächsten Training noch für alle die Getränke schleppen.

Lynn parkt wie immer über zwei Parkplätze vorm Sportplatz der PSA und wir steigen aus. Es ist komisch als Zuschauer hier zu sein und nicht als Gegner. Vor dem Eingang bleibe ich unsicher stehen, doch Lynn zieht mich gleich mit sich. „Los, du schaffst das", meint sie und nimmt mich mit zur Tribüne. Wir sitzen relativ weit vorne und zum Glück direkt an der Treppe, falls ich schnell weg will. Die Spieler und Spielerinnen machen sich bereits warm und ich erkenne von Weitem die eleganten Bewegungen meiner Exfreundin. Sie sieht wie immer umwerfend aus und meine Knie werden sofort weich. In den letzten Tagen habe ich Stunden damit verbracht, mir Bilder von ihr und uns zusammen anzusehen. Ich würde alles tun, um sie zurück zu bekommen. „Ich hole mal etwas zu trinken", meint Lynn und steht auf. Ich beobachte weiter das Spielfeld, als Chloe mich entdeckt. „Hey, willst du dir mal guten Sport ansehen?", ruft sie grinsend und ich verdrehe lachend die Augen. Ich mag Chloe mittlerweile echt gern. „Leute wir haben hohen Besuch von der Royal, lasst uns zeigen, was wir können", meint sie zu den anderen, die alle top motiviert aussehen. Beim Wort Royal schießt Jordans Blick zu den Cheerleadern und nur eine Sekunde später zu mir. Ich erwidere ihren Blick für einige Sekunden, kann darin aber nichts lesen. Schließlich löst sie den Augenkontakt wieder und läuft mit ihrem Helm zu den anderen Sportlern. Mit jeder Minute werde ich nervöser und Lynn mustert mich besorgt, als sie zurückkommt. „Du schwitzt", meint sie und verzieht etwas das Gesicht. „Danke, für deine Anteilnahme", meine ich, doch sie grinst nur. „Los, iss was, das hilft." Sie hält mir das Popcorn hin, doch ich kriege jetzt sicher nichts herunter.

Schließlich laufen alle ein und nach einer Eröffnungsshow beginnt das Spiel. Die PSA spielt nicht schlecht, doch man merkt, dass Jordan nicht wirklich auf der Höhe ist. Sie schafft es mehrmals nicht, den Ball zu fangen. Ich hoffe meine Anwesenheit ist ihr nicht unangenehm. Der Gegner führt zur Hälfte der Spielzeit und ich bin innerlich verdammt aufgeregt. Ich wünsche Jordan so sehr, dass sie gewinnt. Vorm nächsten Angriff schaut Jordan in meine Richtung und ich versuche, ihr ein aufmunterndes Lächeln zu schenken. Ich kann unter ihrem Helm nicht erkennen, wie es ihr geht, was mir Sorgen bereitet. Jedes Mal, wenn jemand sie rammt, bekomme ich einen halben Herzinfarkt. Ich habe riesige Angst, dass sie wieder verletzt wird. Nochmal ertrage ich diesen Anblick nicht und außerdem glaube ich, dass ich ihren Gegenspieler auf der Stelle umbringen würde. Beim nächsten Angriff kann ich kaum hinsehen, weil ein langer Ball kommt und einer aus der Defense auf Jordan zu sprintet. Im letzten Moment macht sie allerdings einen Haken, fängt den Ball und schmeißt ihn mit Wucht auf den Boden. Ich springe auf und jubele so laut ich kann, Lynn macht es mir nach.

Ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich mich für sie freue.

The girl from the other sideWhere stories live. Discover now