44.

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POV Jane

Meine Eltern zwingen mich schließlich dazu, ihnen zuzuhören.

Am Ende des Gesprächs bin ich immer noch sauer, aber ich kann sie auch etwas verstehen. Gerade meiner Mutter sehe ich an, wie sehr die Schuldgefühle sie plagen. Die Freundschaft von ihr und Michelle muss wirklich etwas Besonderes gewesen sein. Letztendlich war meine Mutter keine schlechte Mutter für mich. Sie wollte mich beschützen und das kann ich ihr nicht vorwerfen. Es macht mich auch viel mehr sauer, dass sie nicht ehrlich zu Jordan waren. Sie hat sich so sehr geöffnet und wird sich jetzt wie ein Idiot vorkommen. Am Abend sitze ich mit Lynn auf ihrer Terrasse und erzähle ihr von meinen Gedanken. Sie hört zu und brummt hin und wieder verständnisvoll. „Das ist echt heftig", meint sie, als ich fertig erzählt habe. Ich schaue nur auf meine Hände, bin es leid nachzudenken. Ich werde nicht plötzlich aufhören traurig zu sein, das ist mir klar. Ich schaue zu Lynn und frage: „Können wir uns betrinken?" Sie runzelt besorgt die Stirn und zögert mit einer Antwort. Dann überwiegt aber wohl ihr Mitleid, denn sie nickt. Heute Abend ist eine Party in einem Club der Stadt, vielleicht lenkt es mich ein bisschen ab.

POV Jordan

Ich ziehe mir ein dunkles Shirt über und sehe mich kurz im Spiegel an. Ich sehe ziemlich beschissen aus, aber eigentlich ist mir das auch egal. Ich will einfach für einen Abend alles vergessen. Mein Blick fällt auf meine Kommode, auf der der kleine Anhänger liegt. Ich bin direkt am nächsten Morgen wieder in den Wald gelaufen und habe stundenlang den schlammigen Boden abgesucht, bis ich ihn wiedergefunden habe. Meine Schwester hat Recht, Jane hat mir mein Leben zurückgegeben. Ich hoffe sehr, dass ich es auch ohne sie leben kann. Ich seufze, nehme den Anhänger und schiebe ihn in meine linke Hosentasche. Meine rechte Hand ist gebrochen und eingeschient, sodass ich wieder kein Football spielen kann. Das ist mir gerade aber auch ziemlich egal. Ich reibe mir über die weiche Haut hinter meinem Ohr. Der Diamant erinnert mich jeden Tag daran, wie wichtig Jane mir ist und immer sein wird. Genervt schüttele ich die Gedanken an meine erste richtige Freundin ab. Ich ziehe meine Vans an und laufe dann die Treppe herunter, wo Paul schon auf mich wartet. „Bereit?", fragt er mich und ich nicke: „Lass uns feiern."

Auf der Party ist mega viel los und die meisten Leute nerven mich einfach nur. Ich habe mir eine Flasche Schnaps geklaut und trinke ihn pur. Ein Mädchen flirtet mit mir, doch ich merke sofort, dass ich sie mit Jane vergleiche. Ganz eindeutig kann sie nicht mit dem Mädchen meiner Träume mithalten, wer hätte es gedacht. Ich lasse sie schließlich links liegen und laufe durch die Menschen hinaus ins Freie. Vielleicht habe ich hier mal meine Ruhe.

POV Jane

Nachdem Lynn und ich einige Kurze getrunken haben, läuft sie zu Ben und tanzt mit ihm. Ich gehe raus in den Außenbereich und werde von einer Hand am Arm berührt. Als ich mich umdrehe, verändert sich meine Laune sofort. „Was willst du?", frage ich Josh. Er sieht heute ziemlich gut aus, aber weiß das auch ganz genau. „Ach Janey", säuselt er, legt einen Arm um mich und zieht mich in Richtung Raucherecke. Ich löse mich aus seiner Umarmung und schieb ihn von mir weg. „Okay, okay, keine Berührungen", meint Josh und verdreht seine Augen. Ich runzele die Stirn, was will er von mir? „Weißt du, ich vermisse unsere Freundschaft", murmelt er und überrascht mich damit etwas. „Ich akzeptiere, dass du wen anderes liebst und ich es verkackt habe. Aber wir waren mal beste Freunde und das will ich nicht verlieren", sagt er und sieht mir dabei in die Augen. Ich mustere ihn und habe das Gefühl, dass er es wirklich ehrlich meint. Ich seufze: „Ist okay, ich hasse dich nicht." Er lächelt lieb und öffnet seine Arme fragend. Ich wüsste nicht, warum ich ihn nicht umarmen sollte, also tue ich es. Er war früher wirklich ein guter Freund, vielleicht hat er eine zweite Chance für eine Freundschaft verdient.

POV Jordan

Ich verdrehe genervt die Augen, als ich Josh mit einem Mädchen im Arm sehe. Beim genaueren Hinsehen trifft es mich allerdings wie ein Schlag in die Magengrube. Wollen mich eigentlich alle verarschen? Ich will schnell an den Beiden vorbeigehen, doch in dem Moment löst Jane sich von ihrem Exfreund und will wieder reingehen. Sie läuft volle Wucht in mich hinein und ihr Blick trifft auf meinen. Sofort weiten sich ihre Augen und ein Schimmer tritt in sie, den ich nicht zuordnen kann. Sekundenlang starren wir uns nur in die Augen, weil ich es nicht schaffe, einfach weiterzugehen. Ich spüre eindeutig die Verbindung zwischen uns, die wohl nie weggehen wird. Die Wut in mir bröckelt immer mehr, je länger ich sie ansehe, doch mein Herz schmerzt auch umso mehr. Sie sieht heute so gut aus und trägt immer noch die Kette, die ich ihr geschenkt habe. Ich kann nicht verhindern, dass mich einige Glücksgefühle durchströmen bei ihrem Anblick. Janes Blick huscht kurz über meinen Körper und sofort sehe ich die Sorge in ihren Augen. Es schnürt sich wie Stacheldraht um mein Herz, diese Zuneigung in ihrem Blick. „Was ist mit deiner Hand?", fragt sie, es ist nur ein Flüstern. Ich bin kurz davor, ihr zu antworten, als Josh neben uns ein Räuspern von sich gibt. Sofort kehrt meine Wut zurück und ich lasse die beiden stehen.

Wieso muss sie heute auch hier sein? Ich setze die Schnapsflasche an und nehme drei große Schlucke. Trinken ist jetzt vielleicht das Einzige, was mir weiterhilft. Früher habe ich meine Probleme oft so gelöst und irgendwann hatte ich keine Probleme mehr.

The girl from the other sideWhere stories live. Discover now