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~I met a superhero, I lost her~

Jordan und ich gehen am letzten Ferientag abends raus und laufen durch den Wald.

Es ist schön bei ihr zu sein, selbst wenn wir gar kein Wort wechseln. Ich genieße jede Sekunde ihrer Nähe und ich merke, dass es ihr genauso geht. „Hast du Lust, wieder zu spielen?", frage ich sie, als wir uns auf einen Stein setzen. Sie nickt nachdenklich: „Schon, aber ich habe auch etwas Angst. Zum Glück spielen wir erst im Sommer wieder gegen euch." Ich nehme ihre Hand, sie will nicht wieder gegen Josh spielen. Ich wünschte, er hätte einen Verweis für sein Verhalten bekommen. Ich habe auch Angst davor, dass sie wieder spielt. Das Bild von ihrer Gestalt, die vor Schmerzen schreiend auf dem Boden kauert, drängt sich immer noch manchmal in meinen Kopf. Ein Regentropfen, der auf meine Nase fällt, reißt mich aus meinen Gedanken. Wir stehen auf, doch nach ein paar Metern schüttet es schon so, dass wir rennen müssen. Eigentlich wollten wir bei Jordan schlafen, aber der Weg zu meinem Haus ist kürzer. Wir ziehen unsere Schuhe schon vor der Tür aus und gehen dann ins wärmende Haus. Ich hole uns noch jedem ein Glas Wasser, dann laufen wir in Richtung Treppe.

Als wir am Büro meiner Eltern vorbeigehen, dringen laute Stimmen daraus hervor. „Sie ist jetzt Teil unserer Familie, du bist ihr wichtig. Wie kannst du es aushalten, dieses Geheimnis mit dir zu tragen?", höre ich meinen Vater brüllen. Ich runzele verwirrt die Stirn und weiß nicht, was ich tun soll. „Denkst du, ich will das jetzt alles zerstören? Dieses Mädchen hat alles verloren, lass sie in dem Glauben, dass wir gute Menschen sind", erwidert meine Mutter laut. Ich kann ihre Aussagen nicht einordnen und wage es nicht, mich von der Stelle zu rühren.

„Du hast Michelle angerufen, nur weil Jane Angst hatte, weil wir wie immer nicht da waren. Sie wären in dieser Nacht nie rausgegangen, wenn wir nicht wären", höre ich meinen Vater sagen, doch ich kann die Info nicht aufnehmen. Die nächsten Sekunden ziehen wie ein Film an mir vorbei. Glas zerbricht auf dem Boden, weil Jordans Hand es nicht mehr halten kann. Ihr Blick ist starr auf die Bürotür gerichtet und ihr Atem beschleunigt sich. Dann zucken ihre Augen für nur eine Sekunde zu mir, doch es reicht, um mein Herz zu zerbrechen. In ihrem Blick liegen so viel Wut, Verzweiflung und Enttäuschung. „Ich..", will ich sagen, doch es kommt nicht mehr aus meinem Mund heraus. Meine Freundin macht einige Schritte rückwärts, bis sie gegen die Wand stößt und Tränen sammeln sich in ihren Augen. Die Bürotür öffnet sich und die Augen meiner Eltern weiten sich, als sie uns beide sehen. Jordan wischt sich die Tränen aus ihrem schmerzverzerrten Gesicht, schnappt sich ihre Jacke und rennt zur Tür. Ich starre ihr hinterher und kann mich nicht bewegen, sie ist weg. Ich bin schuld am Tod ihrer Eltern. Sie sind wegen mir gestorben. Auf dem Weg, um mir zu helfen. „Jane?", höre ich meine Mutter neben mir vorsichtig fragen und ich drehe mich langsam zu ihr. „Ist das wahr?", frage ich mit zitternder Stimme, doch ich sehe in den Augen meiner Eltern längst die Antwort. Mein Herz schlägt wie wild und ich höre mein Blut fließen. Ich bin schuld. Ohne mich wären Jordans Eltern noch am Leben. Wie soll sie mir jemals wieder in die Augen sehen können? Ich spüre mein Herz in tausend Stücke zerbrechen und wie die Wut auf meine Eltern in mir wächst. Bevor ich etwas sage, das ich später bereue, renne ich die Treppe hoch in mein Zimmer. Jordans Mutter ist gestorben, weil sie eine viel bessere Freundin war, als meine Mutter je sein könnte...

POV Jordan

Ich laufe seit Stunden durch den Regen, merke jedoch gar nicht wie sehr ich zittere. Bilder schießen in meinen Kopf, vom letzten Mal als ich meine Eltern gesehen habe. Wie sie aus der Tür liefen, um schnell ins Auto zu steigen. Mittlerweile habe ich keine Tränen mehr, die ich vergießen kann. Wie kann das Leben so unfair sein? Wie kann das Mädchen, das mich so glücklich gemacht hat, für die schlimmste Sache in meinem Leben verantwortlich sein? Ich habe das Gefühl den Tod meiner Eltern nochmal zu erleben und es zerreißt mich innerlich. Ich schlage volle Wucht gegen eine Hauswand, doch spüre nur den Schmerz in mir drin. Blut läuft an meinen Fingern entlang und mir fällt auf, dass ich den Anhänger in meiner Hand halte. Ich schließe meine Finger fest um den kleinen Football und hole aus. Dann werfe ich ihn so weit ich kann in den Wald und schreie meinen ganzen Schmerz aus mir heraus. Meine Beine halten mich nicht mehr und ich sinke auf meine Knie. Ein Teil von mir will Jane nie wiedersehen, doch beim alleinigen Gedanken daran schmerzt mein Herz. Meine Eltern wären noch am Leben, wenn sie nicht wäre. Sie würden noch leben und für mich da sein. Ich wäre kein scheiß Waisenkind, aus dem nie etwas werden wird.

Und das alles nur wegen ihr.

Ich darf sie nicht lieben...

The girl from the other sideWhere stories live. Discover now