24.

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POV Jane

„Lass uns tanzen", meint Josh zu mir und ich begleite ihn zur Musik.

Früher hat er nie mit mir getanzt, er gibt sich wirklich Mühe, mir zu gefallen. Es macht Spaß, doch irgendwann kommt mir Josh immer näher. Ich bin seine Berührungen zwar gewohnt, aber fühle mich trotzdem unwohl. Ich winde mich aus seiner Umarmung, doch er zieht mich fester an sich. „Ich glaube ich brauche eine Pause", sage ich, doch er fasst grob nach meiner Hand. Ich bekomme etwas Angst, als sich seine Hand allerdings wieder löst.

„Ich denke, du hast sie gehört." Jordan hat sich vor mich gestellt und Josh von mir weggeschoben. In Joshs Blick funkelt Aggressivität auf: „Wen haben wir denn da, die Oberschlampe der PSA." Ich verdrehe die Augen und meine: „Lass sie in Ruhe, Josh." Ich bin vielleicht sauer auf Jordan, aber niemand darf sie so nennen. „Wieso? Denkst du, sie ist etwas anderes?", fragt Josh und zeigt abwertend auf Jordan. Ich weiß nicht wirklich, was ich antworten soll und sehe in Jordans Augen, dass sie verletzt ist. „Geh einfach", sage ich und Jordan sieht kurz wirklich fassungslos aus. Ich schüttele den Kopf: „Nicht du, du." Dabei sehe ich Josh an und innerhalb von Sekunden scheint er kurz vorm Überkochen zu sein. Er sieht sich um und wiegt wohl ab, ob er sich eine Prügelei leisten kann. Ich müsste nicht eine Sekunde darüber nachdenken, auf welcher Seite ich dabei stehen würde. Der Drang Jordan vor ihm zu verteidigen, ist wesentlich größer als mein Stolz. Josh mustert mich und schüttelt den Kopf. Dann wirft er mir noch einen wütenden Blick zu und läuft zu seinen Freunden. Ich sehe Jordan in die Augen und spüre, wie sehr sie mir gefehlt hat. Sie hat mich beschützt, obwohl ich sie so blöd angemacht habe. Es muss sie viel Überwindung kosten, sich gegen Josh zu stellen, der ihr so viel genommen hat. Ich seufze, greife nach ihrer Hand und ziehe sie mit raus in den Garten. In einer ruhigen Ecke bleibe ich stehen und weiß nicht, was ich vorhabe zu tun.

Als ich in Jordans Augen sehe, ist meine Nervosität wie weggeblasen und ich fühle mich seit Tagen mal wieder besser. Mein Blick fällt auf ihren Gürtel und ich sehe daran den Anhänger, den ich ihr gekauft habe. Sofort muss ich daran denken, wie sie mich abgewiesen hat und meine Zweifel kommen wieder auf. Sie könnte mich jederzeit wieder abweisen. „Ich weiß nicht, was ich hier tue. Wir sollten wieder reingehen", meine ich und will an ihr vorbeigehen. Sie zieht mich an meinem Arm allerdings zurück und stellt sich dicht vor mich.

„Weißt du, was ihr habt, was wir nicht haben?", fragt sie und spielt damit auf den Abend im Camp an. Ihre Augen können förmlich in mich hineinsehen und wie immer, macht sie mich nervös. Ich schüttele den Kopf und sie lächelt: „Mitgefühl. Ihr seid arrogant und echt zickig, aber ihr würdet jedem helfen, der am Boden liegt. Es wäre dumm, euch deswegen zu hassen." Ich muss etwas lächeln und greife nach ihrer Hand. Wenn ich an den Abend im Camp denke, bekomme ich Gänsehaut. Sie hat mir auf den ersten Blick den Atem geraubt und selbst jetzt bin ich noch genauso von ihrem Charisma eingenommen. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der mit seiner alleinigen Anwesenheit einen Raum so für sich einnehmen kann wie Jordan.

„Und ihr habt Charme, das habe ich nicht verpasst", sage ich und sie grinst auf mich herab. „Jane", flüstert sie und streichelt meine Wange, „lass mich dich endlich wieder küssen." Sofort ziehe ich sie zu mir und lege meine Lippen auf ihre. Es kribbelt auf meiner Haut und mein Herz rast wie wild. Endlich ist sie wieder bei mir, endlich kann ich sie wieder fühlen. Es ist mir so egal, ob uns irgendwer sehen kann, für den Moment gibt es nur mich und Jordan. Ich schlinge meine Arme um ihren Hals und sie öffnet mit ihrer Zunge meinen Mund. Mit einer Bewegung hebt sie mich hoch, setzt sich auf die Bank neben uns und nimmt mich auf ihren Schoß. Ich will ihr noch näher sein, kann nicht genug von ihren Lippen bekommen. Ein Räuspern bringt uns dazu, auseinander zu fahren.

Als ich mich umdrehe, sehe ich Lynn, die meint: „Ich glaube da ist eine Rauchergruppe im Anmarsch, vielleicht sucht ihr euch einen anderen Platz." Ich stehe auf und entferne mich von Jordan, deren Wangen ganz rot sind. Ich weiß nicht wirklich, was ich machen soll und sehe nur hilfesuchend Lynn an. „Bis dann", meint Jordan plötzlich und geht an Lynn vorbei ins Haus zurück. Meine beste Freundin sieht mich vorwurfsvoll an, doch ich hebe nur die Arme: „Was denn?" Sie verdreht die Augen: „Gott, ich weiß, warum die uns für arrogant halten." Ich seufze: „Aber was soll ich denn machen?" Lynn lächelt mich lieb an und meint: „Das sind hier nicht deine Eltern. Es geht nur darum, dass du deinen Ruf nicht verlieren willst. Wie denkst du, fühlt sich das für Jordan an?" Ich fahre mir durch die Haare, warum sagt mir Lynn immer die Sachen, die ich nicht hören will. Leider hat sie auch immer Recht mit dem, was sie sagt. Jordan merkt immer wieder aufs Neue, dass sie nicht zu meiner Welt gehört. Das Erstaunliche ist, dass sie trotzdem für mich da ist und mir fast nie wirklich böse ist. So wie ich mich verhalte, habe ich dieses Mädchen nicht verdient. Ich umarme Lynn und hauche ihr ein „Danke" zu. Dann laufe ich rein ins Haus und suche die Menschen nach Jordan ab. Als ich sehe, dass Josh bei ihr steht, dränge ich mich schnell durch die Menge.

„Jane, lass uns einen trinken", meint Sarah und greift nach meinem Arm. „Sorry, später, okay?", wimmele ich sie ab. „Du denkst doch nicht wirklich, dass Jane sich auf dich einlassen würde", höre ich Josh gehässig sagen. Ich stelle mich vor Jordan und drücke Josh an seiner Brust weg von ihr. „Wenn du es genau wissen willst, ich habe mich schon längst auf sie eingelassen und ich würde es immer wieder tun." In seinen Augen flackert Entsetzen auf und er findet keine Worte. Ich weiß selber nicht, was ich tue, doch ich bin viel zu wütend, um aufzuhören. „Und ich bin stolz drauf", schiebe ich noch hinterher, was ihn wütend werden lässt. Bevor ich mehr sagen kann, zieht Jordan mich von ihm weg. Sie nimmt mich mit bis zur Haustür und raus auf die Straße. „Was machst du?", frage ich sie verwirrt, ich bin immer noch geladen. Sie lächelt leicht: „Ich wollte nicht, dass du noch mehr Sachen sagst, die du später bereust." Ich schüttele sofort den Kopf und will ihr sagen, dass ich gar nichts bereue, doch sie zieht mich zu sich.

„Du würdest dich also wieder auf mich einlassen?", fragt sie und in ihrer Stimme liegt ein anderer Klang. Ich bekomme Gänsehaut und grinse verlegen. „Ich habe deine Schwester geküsst", entwischt es mir plötzlich und ich habe keine Ahnung, wie ich jetzt darauf komme. Jordan verharrt in ihrer Bewegung und runzelt die Stirn: „Was?" Ich kratze mir am Hinterkopf und murmle: „Naja, ich dachte, sie wäre du, weil ich ziemlich betrunken war." Jordan lacht, nimmt meine Hand und meint: „Das ist nicht dein Ernst." Ich zucke die Achseln und wir laufen ein bisschen durch die Straßen. Wir reden über die Zeit, in der Jordan in der Reha war. Es tut so gut, endlich meine Gedanken mit ihr zu teilen. Jordan erklärt mir, dass sie nichts von dem Geld meiner Eltern gewusst hat und das Ganze nur über ihre Schwester gelaufen ist. „Ich habe mir die ganze Zeit Gedanken gemacht und hatte keine Ahnung, was ich falsch gemacht habe. Ich dachte schon, dir wäre aufgefallen, dass du doch nicht auf Assis stehst." Ich seufze und streichle über ihren Handrücken. „Es tut mir leid, dass ich nicht mit dir geredet habe, aber ich wollte es persönlich machen. Ich war einfach so enttäuscht und ehrlich gesagt hatte ich Angst, dass ich nur eine Nummer für dich bin."

Sie sieht mich kurz an und schaut dann auf die Straße: „War klar, dass dich irgendwer vor mir warnt. Egal, was sie dir erzählt haben, es ist alles wahr." Ich halte sie fest und runzele die Stirn: „Du willst dich gar nicht verteidigen?" Sie zuckt mit den Achseln und streichelt über meine Hüfte: „Ich habe viele Mädchen scheiße behandelt und bin bestimmt nicht stolz darauf. Allerdings interessieren mich die anderen Mädchen auch nicht. Ich will die Königin." Ich verdrehe die Augen über den Spitznamen, muss aber auch lächeln.

Der Anhänger an ihrem Gürtel fällt mir wieder auf und ich streiche über die Gravur: „Du hast ihn behalten." Sie streichelt meine Wange und zwingt mich, ihr in die Augen zu sehen. „Er ist das Schönste, was ich jemals bekommen habe und ich werde ihn nie wieder hergeben." Ich lächele gerührt und will etwas erwidern, als eine Stimme meinen Namen ruft.

Sofort weiche ich ein Stück von Jordan weg und versteife mich. „Wir wollen gar nicht beim Feiern stören", sagt mein Vater, was machen die denn bitte hier? „Wir machen nur einen kleinen Spaziergang", flötet meine Mutter und ihr Blick fällt auf Jordan. Sie mustert sie und meint: „Du musst Jordan sein, es freut mich dich wiederzusehen." Jordan schüttelt die Hände meiner Eltern und lächelt etwas verkrampft. All der Charme, der sie sonst so auszeichnet, ist wie weggefegt. „Ich kenne dich noch, da warst du gerade vier Jahre alt", erzählt meine Mutter lächelnd. „Ähm okay Mama, wir wollen dann wieder reingehen", versuche ich das Gespräch gleich abzubrechen. Sie nickt und mein Vater zieht sie von uns weg.„Kommt gerne mal zu uns zum Essen", ruft meine Mutter noch, dann sind sie zum Glück weg.

Jordan wirft mir einen fragenden Blick zu und ich hebe nur abwehrend die Arme: „Was soll ich denn machen?" Sie lacht etwas und fährt sich durch die Haare: „Wir gehen auf keinen Fall zu einem Essen." Ich schmunzele und fange an sie zu ärgern: „Doch und dafür schminke ich dich und mache dir eine Hochsteckfrisur." Ich fummele in ihren Haaren herum und sie wehrt sich lachend. Sie hebt mich hoch, um mich von ihren Haaren wegzubekommen. Sofort schlinge ich meine Beine um ihre Hüfte und unsere Blicke treffen sich. Sie grinst ihr typisches Grinsen, das mich unglaublich anzieht und flüstert: „Riskierst du es, erwischt zu werden?" Als Antwort drücke ich meine Lippen auf ihre und sofort erwidert sie die Bewegung meiner Lippen. Unser Kuss wird innerhalb von Sekunden so wild, dass ich nur noch daran denken kann, sie auszuziehen. Jordan lässt mich allerdings plötzlich herunter und meint: „Mein Bein hält dein Gewicht noch nicht aus." Ich schlage ihr gespielt wütend gegen den Arm, dann fällt mein Blick auf das Straßenschild. Wir sind nur eine Straße von meinem Haus entfernt.

Ich nehme Jordans Hand und ziehe sie mit mir. „Wo willst du hin?", fragt sie überrascht, folgt mir aber sofort.

„Wir brauchen ein Bett", meine ich nur, worauf sie sofort grinst.

The girl from the other sideWhere stories live. Discover now