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POV Jane

Ich weiß genau, dass ich Jordan nicht hinterherlaufen darf, doch es kostet mich wirklich viel Überwindung.

Ihre Hand sah aus, als wäre sie gebrochen und in ihren Augen stand so viel Schmerz. Sorge macht sich in mir breit und ich halte es kaum aus, ihr nicht helfen zu können. Ich muss sie in Ruhe lassen, um sie nicht noch mehr zu verletzen. Ich lasse Josh stehen und gehe rein zu Lynn und meinen Freunden. Wir tanzen einige Zeit und ich versuche, meine Gedanken einfach abzuschalten. Es hat keinen Sinn, mir weiter den Kopf zu zerbrechen.

Als ich etwas abseits von meinen Freunden tanze, kommt ein Junge zu mir. Er ist größer als ich und wirkt sportlich, sein Haar ist blond und voller Gel. In seinen Augen ist zu erkennen, dass er nicht nüchtern ist. Er fängt an, mich anzutanzen und ich weiche etwas zurück. Das scheint ihn allerdings nicht zu stören, da er mir nur noch näherkommt. Ich bin zwar relativ betrunken, merke jedoch deutlich wie Angst in mir aufsteigt. Ich schubse ihn weg, doch da nimmt er mein Gesicht in seine Hände und presst seine Lippen auf meine. Der brutale Geschmack von Whiskey trifft auf meine Lippen und mein Magen zieht sich vor Ekel zusammen. Keine Sekunde später wird er von mir weggezogen und eine Faust landet in seinem Gesicht. Er keucht auf, doch auch Jordan ächzt auf. Sie hat ihn mit ihrer kaputten Hand geschlagen und scheinbar hart genug, um ihm die Nase zu brechen. Sie hat mich beschützt, natürlich hat sie das. Mein Herz schlägt mir bis zu meinem Hals. Der Typ macht sich aus dem Staub und mir ist für einen Moment egal, was Jordan denkt. Ich ziehe sie mit mir nach draußen in den Außenbereich und drücke sie auf eine Bank. Als ich mich vor sie knie, dreht sie sich weg, doch ich greife nach ihrem Arm. Vorsichtig öffne ich die Schiene an ihrer Hand und sehe wie blau und geschwollen alles ist. „Du musst sofort ins Krankenhaus", meine ich und schließe die Schiene wieder vorsichtig. Als ich aufsehe, blickt Jordan mich mit glasigen Augen an. In ihrem Blick stehen so viele verschiedene Emotionen, die mich alle treffen. Wut und Enttäuschung, Traurigkeit, aber auch Zuneigung und Sehnsucht. Sie hat mich noch nicht vollständig abgeschrieben, Hoffnung keimt in mir auf. „Danke", flüstere ich und sie nickt kurz. Sie beschützt mich, obwohl ein Teil von ihr mich hasst. Ich könnte sie nicht mehr lieben und weiß trotzdem, dass das vermutlich nicht reicht.

Ich hole mein Handy heraus, doch Jordan schüttelt den Kopf: „Nein. Ich gehe nicht ins Krankenhaus." Ich seufze und blicke besorgt auf ihre zerschundene Hand. „Was muss ich machen, damit du doch gehst?", frage ich und sehe ihr in die Augen. Ich würde alles für sie tun. Sie erwidert meinen Blick und aus ihren Augen weicht die Zuneigung. Die Wut verdrängt alle anderen Gefühle und sie flüstert: „Rede nie wieder mit mir."

Ich schlucke und versuche zu verstecken, wie mein Herz in tausend Teile zerfällt. Ich kann nicht beschreiben, wie weh ihre Worte mir tun. Meine ganze Welt bricht in diesem Moment zusammen und kurz kann ich ihr nur in die Augen starren. Bevor meine Tränen anfangen zu laufen, stehe ich auf, nicke kurz und laufe mit großen Schritten wieder hinein in den Club. Ich brauche jetzt dringend mehr Alkohol, sonst breche ich sofort zusammen. Jordan hat all meine Hoffnung im Keim erstickt und mein Herz ist gebrochen. Ich weiß nicht, wie ich das überleben soll.

POV Jordan

Ich sitze betrunken im Auto meiner Schwester und betrachte die neue Schiene an meiner Hand. Im Krankenhaus haben sie mir einen Finger wieder eingerenkt und ich war wirklich froh, betrunken zu sein. Als der Typ Jane geküsst hat, sind alle Zündungen bei mir durchgebrannt. Ich könnte niemals ertragen, wenn sie jemand anderes gut fände. Sie ist mein Mädchen und ich will, dass sie das immer bleibt. Trotzdem habe ich sie mit Absicht verletzt, weil ich ein Arschloch bin. Tief in mir weiß ich, dass sie nichts für den Tod meiner Eltern kann. Ich weiß sogar, dass sie nichts davon wusste, bis wir es beide erfahren haben. Wie ich Jane kenne, gibt sie sich trotzdem die Schuld und ich bestätige sie nur noch darin. Ich wäre gerne ein besserer Mensch und würde ihr verzeihen, aber das bin ich nicht. Ich werde immer ein schlechter Mensch bleiben und ich bin nicht bereit, mich nochmal verletzen zu lassen. „Wenn du wissen willst, was ich denke: Du bist ein Vollidiot", ergreift meine Schwester das Wort.

Ich reibe mir den Kopf und grummele: „Ich will nicht wissen, was du denkst." Sie redet trotzdem weiter, was klar war. „Du wirst nie wieder ein Mädchen treffen, dass so anständig ist und dich trotz deiner dämlichen Art mag. Sie hätte ihre Familie für dich aufgegeben, falls du das schon vergessen hast. Ich konnte die Adams nie leiden, aber eigentlich beschützen sie auch nur ihre Tochter und sie wollten auch dich beschützen. Du kannst gerne mich hassen, weil ich dein Vertrauen missbraucht habe, aber hass nicht das Mädchen, das dir dein Lächeln zurückgegeben hat." Ich verdrehe genervt die Augen, doch ihre Worte prallen nicht an mir ab, wie ich es gern hätte. „Du braucht mir nicht zu sagen, was ich denken soll", blaffe ich sie an, ich bin immer noch sauer auf sie. Megan parkt in unserer Einfahrt und schaltet den Motor aus. „Sei einmal in deinem Leben kein Egoist, Danny." Ich balle meine gesunde Hand zu einer Faust, so hat sie mich lange nicht mehr genannt. Ich denke zurück an all die Jahre, in denen Megan und ich nur uns beide hatten.

Sie war die beste Schwester, die ich mir hätte wünschen können.

Ich sehe kurz in ihre Augen und nicke dann ergeben.

The girl from the other sideWhere stories live. Discover now