Das Leben einer Königin

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Heisses Wasser tropfte von den Tüchern hinab. Die kurzbeinige Hebamme rannte durch den Garten zum Haupthaus. Entgegen allen Regeln trugen ihre Füsse sie mitten über den Zierrassen. Doch wenn der Hausherr erst einmal ihre Botschaft erhalten hatte, würde er sie bestimmt nicht schelten. Rasen hin oder her, es war dringend.

„Monsieur Debarrie!", rief sie, als sie das Eingangstor passierte. „Aber, aber, Mathilde, du tropfst den ganzen Boden voll!" Ausser Atem blieb Mathilde stehen. „Monsieur — Eure Frau hat geboren — ein kleines Mädchen — kerngesund."

Die Augen des Mannes, dessen Kopf schon einige graue Haare zierten, wurden gross und ehrfürchtig. Dann begann er zu lachen. Ein erleichtertes, frohes Lachen. Er umarmte die perplexe Hebamme und hob sie sogar für ein paar Sekunden in die Luft.

„Mathilde, weißt du, was das bedeutet? Weisst du es? Meine Frau hat soeben die zukünftige Königin von Frankreich zur Welt gebracht — die zukünftige Königin! Ich muss schnell einen Brief an den König aufsetzen und ein Eilbote soll diesen so schnell wie nur möglich überbringen. Mathilde, du bist so ein liebes Mädchen. Willst du nicht die Amme meiner kleinen Prinzessin sein? Es würde mich mit Stolz erfüllen, dass jemand wie du meine Tochter aufzieht."

Mathilde nickte aufgeregt. Eine Festanstellung bedeutete für sie und ihre Familie finanzielle Sicherheit. So mussten sie nicht jeden Monat fürchten, sich die Wohnung nicht mehr leisten zu können. Als Amme der zukünftigen Königin konnte das Gehalt nicht allzu tief sein. Ausserdem waren die Mitglieder der Familie Debarrie nette und fröhliche Zeitgenossen, bei denen es sich gut lebte.

„Nun lauf zurück zu meiner Frau und kümmere dich gut um meine zwei Liebsten!" Mathilde gehorchte und sprang davon, während Monsieur Debarrie das Tintenfässchen aufschraubte, den Federkiel anspitzte und den Brief an das Königshaus zu schreiben begann. Der König musste wissen, dass seine zukünftige Schwiegertochter das Licht der Welt erblickt hatte.