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Er beobachtete Anne ungesehen. Sie trank einen Tee im Garten und unterhielt sich lebhaft mit Constance. Jetzt war sie glücklich. Nicht dieses glücklich, dass sie vortäuschte, um eine gute Königin zu sein. Nein, wenn sie mit Constance alleine war, dann war sie richtig glücklich.

Aramis lächelte. Oder auch, wenn sie zwei zusammen waren. Trotz der Gefahr und der Heimlichkeiten, die ihre Liebe mit sich brachte. Wie oft hatte er sich leise zu ihr geschlichen und sie hatten sich Geschichten erzählt und gelacht oder auch nur die Stille genossen.

Constance und seine engsten Freunden bei den Musketieren waren die Einzigen, die von ihm und Anne wussten. Schon das brachte eine nicht unerheblich Gefahr mit sich, doch er vertraute den Wissenden bedingungslos. Ohne den Schutz, den sie ihm und Anne boten, wäre es ihnen verwehrt geblieben, einander zu sehen. Ein Verlust, den er nicht verkraftet hätte.

Nichts bedeute Aramis mehr als die kurzen Stunden in ihrer Gegenwart. Und auch Anne hatte in den Momenten trauter Zweisamkeit echtes Glück empfunden.

Doch damit war es jetzt aber vorbei. Er hatte einen Auftrag, der ihn aus Paris hinausbrachte, der nicht zuliess Anne weiter zu treffen. Was genau sein Auftrag war, wusste er noch nicht, aber man hatte ihn darüber informiert, dass er sich grossen Gefahren aussetzten und er ohne jegliche Verstärkung auf sich allein gestellt sein würde. Es würde Niemanden geben, der ihm zu Hilfe eilen konnte in einer brenzligen Situation.

Man verlangte von ihm noch heute aufzubrechen, in weniger als einer Stunde. Er hatte sich davon geschlichen, um wenigstens noch einmal einen Blick auf Anne zu werfen. Es könnte der letzte sein.

Mit aller Gewalt musste er sich davon abhalten, sich aus dem Schatten zu lösen und zu seiner Anne zu sprinten. Er durfte es nicht. Denn würde er sich nun zu ihr begeben, könnte er nicht die Kraft aufbringen, sich von ihr zu entfernen. Sie würde in seinem Gesicht lesen, wie in einem offenen Buch und ihn solange zu mustern, bis er mit der Wahrheit herausrückte. Dann wäre sie nicht mehr glücklich. Aramis konnte die Vorstellung nicht ertragen, das Lächeln von ihrem Gesicht schwinden zu sehen. Er konnte es einfach nicht.

Also beschloss er, ihr einen Brief zu schreiben, welchen er von d'Artagnan über Constance an die Königin überbringen lassen würde. Ein Brief, der niemals die Macht haben würde, zu erklären, was in ihm vorging. Aber Anne sollte sich nicht ängstigen, sie sollte sich nicht den Kopf über seinen Fortgang zerbrechen.

Ihre Zofe würde sie bestimmt trösten und sich um sie kümmern. Sie war ein liebes Mädchen, wie d'Artagnan zu sagen pflegte. Aramis war froh, dass Anne auf Constance zählen konnte. Dass er auf sie zählen konnte.

Noch ein letztes Mal sah er seine glückliche Geliebte an, drehte sich um und schlich leise aus dem Garten um den Brief zu schreiben. Er konnte sich nicht umdrehen, er durfte es nicht. Sein Herz würde in tausend Stücke zersplittern.

Author's Note: Ich entschuldige mich in aller Form für die unendlich kurze Dauer des ihnen vergönnten Glücks.

Das Leben einer KöniginWhere stories live. Discover now