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„Alle Musketiere antreten!", schrie der Capitaine. Seine sonst so ruhige Stimme schnitt schrill durch die trockene Luft. Augenblicklich bewegte sich jeder Musketier auf seinen Posten. Dies war keine Übung, das war allen gleich klar. Nie hatten sie ihren Vorgesetzten so nervös erlebt. Was auch immer vorgefallen war, es musste schlimm sein. Aramis, der alt genug war, um nicht mehr in die Schlacht ziehen zu müssen, hielt sich Hintergrund. Auf speziellen Wunsch der Königin war es ihm und seinen Freunden noch gestattet in der Kaserne ein und auszugehen so oft er wollte, die Kleidung der Musketiere zu tragen und auch an Einsätzen teilzunehmen, wenn er es wollte.

„Es wurde ein Anschlag auf den Louvre verübt und nun liegt es in unseren Händen den Täter zu fassen!" Aramis stockte der Atem. Auf den Louvre? Auf Anne? Ihr durfte nichts geschehen sein. Das könnte er nicht ertragen. „Der Anschlag galt dem König, jedoch ist ihm glücklicherweise nichts passiert. Er ist in Sicherheit und uns obliegt nun die Aufgabe den Angreifer dingfest zu machen", erklärte der Capitaine weiter. Fiebrig verfolgte Aramis jedes Wort aus dem Mund des fähigen Vorgesetzten. Einen Anschlag auf den König. Das hiess wohl nur auf den König. So ging es Anne gut und ihrem Sohn auch. Erleichtert atmete Aramis aus. Zu früh, wie er erfahren sollte.

„Der König nahm soeben seinen täglichen Tee zu sich, als ihn ein maskierter Kämpfer überraschte. Allein Königin Anne verdanken wir, dass er noch lebt. Sie hat sich auf dem Kämpfer geworfen, sodass ihr Sohn fliehen und die Wachen alarmieren konnte." Aramis wusste nicht, ob er schreien oder die Augen verdrehen sollte. Das durfte doch nicht wahr sein. Es konnte auch nur seiner Anne in den Sinn kommen, ihren zierlichen Körper auf einen ausgebildeten Kämpfer zu werfen, um ihn aufzuhalten. Er verfluchte sich, dass er nicht dagewesen war. Er hätte das alles vermeiden können.

„Ist die Königin verletzt?", erkundigte sich ein Neuling unter den Leibgardisten. Aramis hätte den kleinen Idioten schlagen und gleichzeitig küssen können. Schlagen, weil seine Fragerei wertvolle Zeit verstreichen liess, die Anne vielleicht nicht mehr hatte. Und küssen, weil es die Frage war, die ihm auf der Zunge brannte.

„Ja, momentan wird sie von einem Leibarzt behandelt. Und keine ihrer Verletzungen ist gravierend." Gut. Das war gut. Oder? Aramis war sich nicht ganz sicher, aber jetzt galt es erstmals diesen Halunken und seine Komplizen zu finden, seine Waffe zu ziehen und sie durch sein...

„D'Artagnan, Aramis, antreten!" Schnell waren die beiden ausgedienten Musketiere zur Stelle. „Eine Zofe fühlte sich nicht wohl mit nur den jetzigen Wachen und sie hat mich geben, Euch zwei zu ihrem eigenen Schutz und dem der Königin vor den königlichen Gemächern zu postieren. Sie sagte, sie kenne Euch noch aus den alten Zeiten und vertraue Euch."

„Capitaine?", erwartete d'Artagnan nun nach seinem Befehl. „Ich lasse mir ungern von einer Zofe reinreden, aber von mir aus, Ihr könnt gehen. Wir finden diese Bande auch ohne Euch. Beeilt Euch, dies ist eine erste Situation." Die beiden Musketiere machten sich schleunigst auf den Weg zum Schloss. Ein wenig ausser Atem kamen sie dort an und fanden erfreulicher Weise weder einen weinende Constance noch eine sterbende Anne vor. Im Gegenteil. Constance sass auf der Bettkante von Annes Bett und die beiden Frauen kicherten über etwas.

„Was ist denn hier los?", fragte d'Artagnan verdutzt. „Wir dachten, es sei ein Notfall. Der Capitaine sagte, es wäre ein Notfall", stotterte er vor sich hin. „Ich habe nur ein klein wenig übertrieben", gab Constance verschmitzt zu. Während d'Artagnan mit Constance sprach und sie mehrmals fragte, ob wirklich alles in bester Ordnung wäre, ging Aramis zu Annes Bett.

Sie wirkte gefasst und froh, aber Aramis sah ihr an, dass nicht alles ganz so schön war, wie sie es behauptete. Anne war blass und sie atmete flach. „Anne, wie geht es dir?", erkundigte er sich besorgt. „Constance hat dir doch schon gesagt, dass es mir gut geht", meinte sie achselzuckend. „Wie geht es dir wirklich?", fragte Aramis durchdringend. „Ich habe Angst", flüsterte sie. „Und ich kann immer noch kaum atmen. Der Arzt sagt, dass das normal sei. Dass ich unter Schock stehe. Aber er sagt auch, dass ich länger von Atembeschwerden geplagt werde als andere. Er möchte mich morgen früh noch einmal untersuchen."

„Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut." Tröstend nahm Aramis seine Angebetete in die Arme. „Ich hätte heute fast meinen Sohn verloren.", krächzte diese rau. Liebevoll strich Aramis ihr über das Haar. „Hast du aber nicht." Sie nickte. „Alles wird gut", wiederholte sie seine Worte.

Das Leben einer KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt